Bundesliga

Christian Gross ist Schalkes und Jochen Schneiders letzte Chance

Kommentar

Gross ist Schalkes und Schneiders letzte Chance

Auch für ihn ist Christian Gross ein Hoffnungsträger: Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider.

Auch für ihn ist Christian Gross ein Hoffnungsträger: Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider. imago images

Seinen Rücktritt schließt Jochen Schneider aus, unmissverständlich. "In so einer Situation rennt man nicht davon, das macht man einfach nicht", sagte der Sportvorstand bereits vor einiger Zeit. Natürlich ist sein Einfluss auf eine Trennung vom FC Schalke 04 begrenzt: "Wenn der Aufsichtsrat sagt, dass ich gehen soll, gehe ich." Bei einem Rauswurf würde Schneider dem Verein nicht auf der Tasche liegen. Der 50-Jährige hat schon angekündigt, trotz seines bis 2022 befristeten Vertrages kein Geld von Schalke 04 mehr erhalten zu wollen, wenn er nicht mehr für den Verein arbeiten sollte. Ehrenwert!

Wenn Christian Gross es nicht schafft, den sportlichen Niedergang des Traditionsklubs innerhalb der nächsten Wochen ins Gegenteil zu verkehren, wird Schneider gar nichts anderes übrigbleiben, als über kurz oder lang seine Siebensachen zu packen - ob aus freien Stücken oder gezwungenermaßen. Gross ist Schalkes und Schneiders letzte Chance, die S04-Zukunft des Sportvorstands hängt am seidenen Faden.

Schuld an der prekären Gesamtlage des ehemaligen Europapokal-Dauergastes ist nämlich nicht mehr nur allein die "Wir hauen die Kohle raus"-Mentalität speziell aus den Jahren 2016 bis 2018, als der Klub allein für Spieler wie Embolo, Bentaleb, Rudy, Konoplyanka, Mendyl, Stambouli, Harit, Mascarell, Matondo und Serdar mehr als 130 Millionen Euro Ablöse zahlte - die üppigen Gehälter sind da noch gar nicht eingerechnet.

Eine große Schuld am rapiden Verfall des FC Schalke trägt längst auch Schneider. Es gibt einfach zu viele personelle Fehleinschätzungen, die in seiner Verantwortung liegen. Die Königsblauen haben keinen geeigneten Rechtsverteidiger und ebenso wenig einen funktionierenden Angriff, von Kontinuität auf der Trainerposition sind sie so weit entfernt wie von der deutschen Meisterschaft.

Ein Perspektivtrainer wäre der falsche Mann gewesen

Ob Schneider mit Gross, den er aus gemeinsamen Zeiten (erst gute, dann schlechte) beim VfB Stuttgart kennt, nun einen Trainer gefunden hat, der die Wende schafft? Zumindest ist es richtig, dass Schalke 04 auf einen Mann setzt, der nach 16 Jahren als Profi (unter anderem beim VfL Bochum) und 32 Jahren als Trainer (unter anderem bei Tottenham Hotspur sowie in Saudi-Arabien) schon viel in dieser Branche erlebt hat - ein Perspektivtrainer wäre der falsche Mann gewesen.

Zweifel sind allerdings angebracht, wenn man bedenkt, dass der 66-Jährige zuletzt vor rund acht Jahren in Europa als Trainer gearbeitet hat. Gross bleibt keine Zeit, sich einzugewöhnen. Seine Arbeit muss sofort fruchten, sonst ist neben ihm auch Schneider bald Geschichte auf Schalke - und der Champions-League-Achtelfinalist von 2019 kein Erstligist mehr.

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