Drei Jahre nach dem Halbfinal-Aus an der Stamford Bridge, wo Frankfurt dem FC Chelsea erst im Elfmeterschießen 3:4 unterlag, sind bei der Eintracht alle maximal motiviert, erstmals seit 1980 wieder ein europäisches Finale zu erreichen. Damals setzten sich die Hessen in den beiden UEFA-Cup-Endspielen gegen Borussia Mönchengladbach denkbar knapp durch (2:3; 1:0). Vorstandssprecher Axel Hellmann nennt den möglichen Finaleinzug einen "absoluten Meilenstein für die Klubgeschichte", und Kapitän Sebastian Rode betont: "Für jeden, der gegen Chelsea dabei war, ist dieses Spiel noch immer präsent. Dieses Mal wollen wir es zu Hause mit unseren Fans im Rücken besser machen."
EL-Halbfinale
Glasner kündigt an, dass sich seine Mannschaft nicht verstecken wird. "Unsere Herangehensweise ist klar: Wir spielen von der ersten Sekunde an auf Sieg. Es ist die ganz klare Marschroute, nach vorne zu spielen, den Gegner immer wieder zu beschäftigen und auch in der Defensive vor Aufgaben zu stellen", sagt der Trainer voller Selbstvertrauen.
Hauge und das Risiko
Ob er seine beste Elf aufs Feld schicken kann, entscheidet sich erst am Donnerstag. Dann unterzieht sich Lindström, der sich im Hinspiel am Oberschenkel verletzte, einem Härtetest. Glasner spricht von einem "relativ großen Fragezeichen" hinter einem Einsatz des Offensivspielers. Sollte der pfeilschnelle Däne ausfallen, steckt der Coach in einem Dilemma. Jens Petter Hauge könnte Lindström zwar positionsgetreu ersetzen, spielte nach seiner Einwechslung in London und bis zu seiner Auswechslung in Leverkusen aber so schlecht, dass seine Nominierung ein nicht unerhebliches Risiko wäre.
Denkbar ist daher auch, Ansgar Knauff nach innen zu ziehen und Almamy Toure auf die rechte Außenbahn zu beordern. Dort gab Toure in der Vergangenheit jedoch oftmals keine gute Figur ab. Vielleicht kommt Glasner deshalb auch auf die Idee, im Mittelfeld Kristijan Jakic, Djibril Sow und Sebastian Rode aufzubieten - eine etwas defensivere Variante. Der Nachteil: Von der Bank könnte er fürs defensive Mittelfeld dann lediglich Ajdin Hrustic bringen, was gegen diesen robusten Gegner alles andere als ideal wäre.
Wie man es auch dreht und wendet: Eine Kröte muss Glasner schlucken, sollte sich Lindström nicht rechtzeitig fit melden. Zumindest kann er wieder auf Martin Hinteregger zurückgreifen. Der Verteidiger hat seine Erkältung auskuriert und absolvierte am Mittwoch das Abschlusstraining.
"Wir benötigen ganz objektiv eine noch bessere Leistung"
Glasner glaubt, dass im Vergleich zum Hinspiel eine weitere Steigerung nötig sein wird, um das große Ziel zu erreichen. "Wir benötigen - ganz objektiv - eine noch bessere Leistung in vielen Bereichen, obwohl wir schon sehr gut waren", fordert der Österreicher - und warnt vor schnellen Umschaltmomenten des Gegners. "Eine ihrer größten Stärken sehe ich im Konterspiel", sagt Glasner. Seine Mannschaft muss deshalb nicht nur darauf achten, aus einer sehr guten Organisation und Absicherung heraus zu agieren, sondern auch einfache Ballverluste zu minimieren.
Auf der Hut sein müssen die Hessen außerdem bei gegnerischen Standards. In London foulten sie zu viel in der eigenen Hälfte, wobei ausgerechnet der Freistoßpfiff vor dem 1:1 ein Witz war. Beim Ausgleichstreffer musste der 1,80 Meter große Rode ins Luftduell mit dem zehn Zentimeter größeren Kurt Zouma - ein ungleicher Zweikampf. Zouma setzte sich durch und bediente per Kopf Torschütze Antonio.
Chancen könnten sich für die Eintracht vor allem dann ergeben, wenn sie die Zwischenräume so gut aufspüren und nutzen wie im Hinspiel. "Da haben wir diese Räume unglaublich gut gefunden und sehr variabel gespielt," lobt Glasner. Ähnlich gut sei das seiner Mannschaft zuvor lediglich im Heimspiel gegen Olympiakos Piräus (3:1) gelungen. Eine Schlüsselrolle könnte deshalb auch wieder Daichi Kamada einnehmen. "Daichi ist ein ganz wichtiger Verbindungsspieler im Übergang vom Spielaufbau in den Angriff. Er findet immer wieder die Räume, in denen er sich anspielbar machen und der gegnerischen Deckung entziehen kann, um dann seine Mitspieler sehr gut einzusetzen", lobt Glasner.
Kamada und Co. profitierten allerdings auch von der sträflichen Passivität der Londoner in einigen Situationen, gut zu sehen bei beiden Frankfurter Toren. Bekommt West Ham dieses Problem nicht in den Griff, dürfte die SGE auch im Rückspiel zu einigen Hochkarätern kommen. Vorteilhaft dürfte sich zudem auswirken, dass der Tabellensiebte der Premier League nach der 1:2-Niederlage im Hinspiel auf Sieg spielen muss, wodurch sich auch im Rücken der Abwehr Räume ergeben dürften. Unterm Strich spricht einiges dafür, dass der Traum vom Finale in Sevilla am Donnerstagabend tatsächlich in Erfüllung gehen wird.