Vor knapp zwei Wochen hat Marcell Jansen bei zwei Abwahlanträgen gegen seine Person großes Vertrauen der Mitglieder bekommen und wurde mit dem deutlichen Votum von 73,34 Prozent als Präsident des HSV e.V. bestätigt. Am Donnerstag nun findet die Hauptversammlung der HSV Fußball AG statt - und der Ex-Profi muss mit deutlich weniger Zustimmung rechnen. Es geht auch um seinen Aufsichtsrats-Vorsitz.
Kontrollgremium, Präsidium und die beiden Vorstände Jonas Boldt und Dr. Eric Huwer kommen mit allen Anteilseignern zusammen. Dabei kommt es zum einen zum brisanten ersten Wiedersehen mit Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld, der unverändert 5,07 Prozent Anteile an der HSV AG hat, es kommt vor allem aber auch zu zwei Neubesetzungen im Aufsichtsrat. Streitpunkt sind dabei weniger die zu erwartenden Berufungen der beiden neuen Kontrolleure Henrik Köncke und Stephan von Bülow als vielmehr die Rolle von Gremiumsmitglied Detlef Dinsel.
Dinsel und die FCA-Vergangenheit
Der Finanz-Unternehmer gilt als Jansen-nah und steht bei den Kleinaktionären, Klaus-Michael Kühne und der Fan-Vereinigung "Supporters" vor allem wegen seiner Vergangenheit beim FC Augsburg in der Kritik, weil er dort als Aufsichtsrat 2019 seine Anteile gewinnbringend an den US-Investor David Blitzer verkauft hatte. Klar ist: Jansen kann qua Amt mit seinem Präsidium um HSV-Legende Bernd Wehmeyer und Michael Papenfuß die Entscheidungen über Dinsel und Co. im Alleingang treffen. Gleichzeitig ist es die erste Bewährungsprobe für den von den Mitgliedern im Amt bestätigten Präsidenten, ob er auf die Skepsis seiner Wähler und die der Klein-Aktionäre eingeht.
Klar ist schon im Vorfeld, dass er nicht nur von den Aktionären, die ihm bereits im alten Jahr das Vertrauen entzogen hatten, kritisch beäugt wird. Auch Sportvorstand Boldt hat kürzlich im NDR ziemlich unverblümt zum Ausdruck gebracht, wie belastet das Verhältnis ist: "Wir hatten vor einem Dreivierteljahr eine sehr, sehr schwere Phase, da habe ich wenig Rückendeckung gespürt."
Kritik hauptsächlich am Aufsichtsratsboss Jansen
Wieviel Rückendeckung spürt am Donnerstag Jansen in den Gremien? So oder so geht es nach der Neubesetzung des Aufsichtsrates auch um seine Position als Vorsitzender. Nach der Mitgliederversammlung hatte er die Frage nach seinem Posten offen gelassen. "Wir werden uns nach der Hauptversammlung mit dem neuen Aufsichtsrat anschauen, was die Schwerpunkte sind. Und danach werden wir uns ausrichten. Das ist alles total offen." In den Redebeiträgen der Mitglieder und auch bei der Begründung für die Abwahlanträge ist deutlich geworden, dass sich die Hauptkritik vielmehr gegen den Aufsichtsratsboss Jansen und weniger gegen den Präsidenten Jansen gerichtet hatte. Er sagte dazu ganz allgemein: "Es kann Momente geben, in denen die Doppelfunktion Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender Sinn macht. Es kann aber auch Momente geben, in denen es andere Schwerpunkte gibt." Und unter anderem darum wird es bei der Hauptversammlung gehen.