Das eigene Torekonto steht noch bei Null - und doch unterstrich Niclas Füllkrug bei seinem Startelfdebüt für Borussia Dortmund beim 1:0-Sieg über Wolfsburg, wie wertvoll er für seinen neuen Klub sein kann: Es lief die 69. Minute, als sich der Nationalstürmer in Richtung Mittellinie fallenließ, um ein Zuspiel von Felix Nmecha aufzunehmen. Er nutzte seinen robusten Körper, um den Ball zu behaupten und auf Donyell Malen abzulegen. Dann ging es schnell: Der Niederländer beschleunigte das Spiel, bediente Julian Brandt auf der linken Außenseite, dieser wiederum passte punktgenau auf den in den Strafraum aufgerückten Marco Reus - 1:0.
Es war das Tor des Tages für den BVB. Und eins, das dein Eindruck verfestigte, den Füllkrug während der Partie gewonnen hatte: "Man hatte das Gefühl, dass jedem klar war, dass wir diese Spiel gewinnen würden. Dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis das 1:0 fällt. Wir haben uns das total verdient, zu gewinnen."
Sechs Veränderungen hatte BVB-Trainer Edin Terzic im Vergleich zur 0:2-Niederlage in Paris gewählt. Ballsicherheit und Kontrolle standen oben auf der Agenda. Und die Mannschaft setzte um, was sich ihr Trainer ausgedacht hatte. Ohne zu glänzen zwar, aber meist konzentriert und konsequent. Und letztlich erfolgreich. "Erleichterung" verspüre er deshalb nicht, sagte Füllkrug, der erstmals seit seinem Wechsel aus Bremen in der Startelf stand, später, sondern "Freude".
Überhaupt habe er ein "sehr gutes Gefühl", wenn er auf das Team blicke: "Wir haben momentan eine sehr hohe Dichte an Qualität und Leistungsbereitschaft. Alle sind auf einem guten Level und geben Vollgas in ihren jeweiligen Rollen. Darum wird es die ganze Saison über gehen."
Füllkrugs Positiv-Argumente
Füllkrugs Worte mögen zu positiv klingen angesichts des schleppenden Offensivspiels des BVB in den vergangenen Wochen, angesichts der diversen kleineren und größeren Formkrisen von Leistungsträgern, angesichts der offensichtlichen Lücken, die durch die Abgänge von Jude Bellingham und Raphael Guerreiro entstanden waren und noch nicht vollständig geschlossen werden konnten. Aber Füllkrug untermauerte sie mit Argumenten.
Gegen Wolfsburg war etwa seine Geduld und Konsequenz gefragt gewesen - und geliefert worden. "Wir haben die ganze Zeit konsequent angegriffen und immer wieder versucht, in die Lücke zu spielen, wenn sie da war, um dann das Tempo anzuziehen. Wir hatten eine gute Ballsicherheit auf dem Platz. Wir haben wenig zugelassen", zählte der 30-Jährige weiter auf, ehe er zuletzt auch noch die Einwechselspieler lobte, die positive Impulse gebracht hätten. So wie Malen, der einen wichtigen Anteil am Treffer von Reus hatte.
Und auch die Frage danach, wie wichtig Leichtigkeit sei und ob sie möglicherweise derzeit fehle, beantwortete er auf seine Weise: "Ich weiß gar nicht, ob man Leichtigkeit braucht. Spieler wie Donny Malen, Jamie Bynoe-Gittens oder Karim Adeyemi vielleicht. Ich brauche Standfestigkeit." Primär natürlich auf dem Platz. Aber auch außerhalb des Rasens kann diese Eigenschaft in einem großen Klub wie Borussia Dortmund, wo die Unruhe schneller um sich greift als anderswo, ganz sicher nicht schaden.
Bynoe-Gittens' Dribblings? "Auch für Mitspieler schwer zu erkennen"
Durch den Sieg über Wolfsburg hat sich der BVB in jedem Fall wieder etwas mehr Ruhe verschafft, um in der kurzen Woche vor dem Auswärtsspiel bei 1899 Hoffenheim weiter daran zu arbeiten, dass das eigene Angriffsspiel künftig flüssiger daherkommt als zuletzt. Dass Raum für Verbesserungen besteht, ist natürlich auch Füllkrug nicht entgangen. Zumal erst selbst gegen Wolfsburg häufiger mit dem Rücken als mit dem Gesicht zum Tor agieren musste.
"Das war diesmal gefragt, wie wir dahinter super die Tiefe belaufen und auf außen in die Eins-gegen-Eins-Duelle gehen konnten. Da hilft es nichts, wenn ich dazukomme", sagte er, verschwieg aber auch den Bedarf eines noch besseren Kennenlernens mit den Mitspielern nicht und verwies auf das Beispiel Bynoe-Gittens: "Jamie ist in der ersten Hälfte jedes Mal ins Eins-gegen-Eins gegangen, irgendwann haben ihn dann drei oder vier Spieler angelaufen. Ob er abkappt, flankt oder abspielt, ist auch für mich als Mitspieler manchmal schwer zu erkennen, weil er wahnsinnige Bewegungen macht. Darum, dafür ein Gefühl zu bekommen, wird es in den kommenden Wochen gehen."
Und auch er selbst wird sich noch besser daran gewöhnen müssen, wie seine Rolle sich am neuen Standort verändert hat. Anders als häufig in Bremen ist der Raum, den ihm die gegnerischen Verteidiger in den Spielen mit dem BVB lassen, oft sehr begrenzt. Gegen Wolfsburg standen hinter Füllkrug meist zwei Verteidiger. Szenen im Eins-gegen-Eins waren entsprechend selten für den Angreifer, der lediglich in der 54. Minute einmal etwas Luft hatte, den Raum nach einem starken Zuspiel von Mats Hummels aber nicht zu einem Abschluss nutzen konnte.
Die "Connection" mit Reus
Besser funktionierte dagegen das Ablegen auf die Kollegen, allen voran auf Marco Reus, mit dem er bereits eine "Connection" habe, wie es Füllkrug formulierte. Einen Unterschied zu Bremer Zeiten aber verspürt der gebürtige Hannoveraner auch bei seinen Klatsch-Aktionen. So sei es oft ein "Spiel mit dem Feuer", da der Zeitraum, in dem er eine Entscheidung treffen müsse, kurz sei. "Auch da muss ich meine Mitspieler noch etwas besser kennenlernen." Gelegenheit wird er dazu in den kommenden Wochen reichlich bekommen.