"Es gibt einen Investor, der bereit ist, signifikant beim 1. FC Kaiserslautern zu investieren", verkündete Jurist Jörg E. Wilhelm, Aufsichtsratsvorsitzender der Profiabteilung, am Sonntagabend beim SWR. Der international tätige Rechtsanwalt sprach von einem "bindenden, unwiderruflichen, einseitigen Angebot." Die Frist zur Unterschrift läuft für den sich in einem vorläufigen Insolvenzverfahren befindenden Traditionsverein am 30. Juni ab. Der vom möglichen Geldgeber - wie auch von allen anderen potenziellen Investoren - zur Voraussetzung gemachte Schuldenschnitt ("Die Bedingungen sind knallhart formuliert: Der Investor zahlt keine Altschulden") muss bin dahin nicht erfolgt sein. Der Vertrag würde zwar formaljuristisch nach Unterzeichnung in Kraft treten, die Ausschüttung der Gelder jedoch erst nach einer Einigung mit den zahlreichen Gläubigern erfolgen. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt, jedoch darf eine Größenordnung von 20 bis 25 Millionen Euro angenommen werden.
Bei dem interessierten Investor soll es sich um einen sportaffinen deutschen Geschäftsmann handeln, der zurzeit im Ausland lebt. Im deutschen Fußball soll er bisher noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten sein. Bedingungen sind vom ihm nicht nur in Richtung der Gläubiger gestellt worden, Stichwort Schuldenschnitt, sondern auch in Richtung des Klubs. Denn der weiße Ritter, der den Verantwortlichen Millionensummen zur freien Verfügung überlässt, bleibt eine Illusion. Mitsprache und der erhebliche Einfluss aufs operative Geschäft im sportlichen Bereich ist für den Interessenten die Grundvoraussetzung für sein Investment.
Er hat ein sehr hohes Interesse am Nachwuchsleistungszentrum und an der Jugendarbeit. Und, was wichtig ist: Er hat ein sportliches Konzept.
Jörg E. Wilhelm, Aufsichtsratsvorsitzender der Profiabteilung
Insbesondere am Traditionsstandort Kaiserslautern werden solche Forderungen meist kritisch beäugt. Doch diese Grundhaltung sollte, respektive muss im Umfeld überdacht werden. Denn sportliche Expertise kann der Krisenklub durchaus gut gebrauchen - und diese würde der Investor laut Wilhelm mitbringen: "Er hat ein sehr hohes Interesse am Nachwuchsleistungszentrum und an der Jugendarbeit. Und, was wichtig ist: Er hat ein sportliches Konzept, von dem er überzeugt ist und das an anderer Stelle schon erfolgreich umgesetzt wurde."
Allein die Mittel bringen den Traditionsklub nicht weiter
Denn Geld ist das eine, die Mittelverwendung eine andere. Genau diese ist einer der Schlüsselfaktoren für den über 20 Jahre andauernden Niedergang. Alleine die wirtschaftlichen Möglichkeiten bringen die Roten Teufel ihrem Ziel Bundesliga in der Zukunft nämlich keinen Schritt näher. Skeptiker sollte dabei positiv stimmen, dass der mögliche Investor sein Geld im Kerngeschäft Fußball investieren und den Ausbau der Marke vorantreiben möchte. Frühere Interessenten hatten hingegen den vermeintlich lukrativen Immobilienmarkt rund um das Fritz-Walter-Stadion im Fokus. Der Fußball schien da nur notwendiges Beiwerk.

Das traditionsreiche Fritz-Walter-Stadion ist momentan in Besitz der Stadt - kann es der FCK irgendwann zurückkaufen? imago images
Abgesehen davon muss man sich fragen: Hat der FCK eine Wahl? Wie Sand am Meer werden sich Angebote dieser Größenordnung in den kommenden Wochen und Monaten sicher nicht auf dem Schreibtisch von Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt sammeln. Der 31. Oktober, der angepeilte Abschluss des Insolvenzverfahrens, rückt kontinuierlich näher. Doch im Hintergrund scheint nach kicker-Informationen mal wieder nicht alles reibungslos zu laufen. Es ist nichts neues, viel mehr Tradition, dass einzelne Geldgeber um ihren Einfluss auf das Geschehen auf dem Betzenberg fürchten. So soll auch der jüngste Interessent im Hintergrund auf Widerstand treffen. Da muss die Frage erlaubt sein: Reicht dieser Einfluss auch bis in die entscheidenden Gremien? Wenn nicht, dürfte der Investorenzusage nur wenig im Weg stehen. Es sei denn, eine verlässliche Alternative stünde bereit.
Die Stadion-Frage bleibt ein wichtiges Thema
Zwangsläufig ist im Zusammenhang rund um den Einstieg möglicher Investoren auch die Zukunft des Fritz-Walter-Stadions ein wichtiges Thema. Denn mit der jetzigen Situation ist keiner der Beteiligten zufrieden. Der Verein klagt seit Jahren über die hohen Pachtzahlungen, die Stadt Kaiserslautern als Eigentümerin über hohe Verluste durch die Kompensation der entgangenen Mieteinnahmen. Langfristig, so die Hoffnungen auf dem Betzenberg, soll das Herzstück wieder dem Verein gehören. Auch mit der Hilfe eines Investors. Wilhelm brachte am Sonntag einen Kaufbetrag von rund 25 bis 35 Millionen Euro ins Gespräch. Das sorgte für Verwunderung, beträgt das vertraglich geregelte Vorkaufsrecht doch 49 Millionen Euro. Doch kicker-Recherchen haben eine Möglichkeit entdeckt, die auch Wilhelm gemeint haben könnte.
Denn neben dem Vorkaufsrecht, welches nur dann zum Tragen kommt, sollte die Stadt beabsichtigen, das Stadion an einen Dritten zu verkaufen, der nicht Teil einer Gesellschaft der Stadt oder des Landes ist, sieht der Pachtvertrag ein sogenanntes Erwerbsrecht vor. Laut diesem könnte der Pächter das Stadion nach Beendigung des Pachtverhältnisses zu einem angemessenen Preis erwerben. Zwar ist auch für diese Variante zunächst ein Kaufpreis von circa 44 Millionen Euro festgelegt, doch sollten sich die Parteien darauf nicht einigen können, würde ein unabhängiger Gutachter den Wert der Arena festlegen. Schon in der Vergangenheit wurde dieser von Experten ohne auf genaue Details einzugehen auf eben diese 25 bis 35 Millionen Euro geschätzt.
Doch wie könnte es zu diesem Szenario kommen? In einem laufenden Insolvenzverfahren obliegt dem Sachwalter die Möglichkeit, den Klub belastende Verträge mit einer Frist von drei Monaten aufzukündigen. Jetzt könnte das Erwerbsrecht ins Spiel kommen. Dem Klub fehlen jedoch die finanziellen Mittel dafür, das Erwerbsrecht ist zudem nicht abtretbar und obliegt einzig dem Verein. Ein Investor müsste also an den Sachwalter herantreten, der das Stadion treuhänderisch für diesen von der Stadt übernimmt. Alle Beteiligten könnten davon profitieren.
Die städtische Stadiongesellschaft, die auf Rücklagen in Höhe von 14 Millionen Euro zurückreifen kann, müsste zwar die Lücke bis zur vollen Höhe des Kredits (66 Millionen Euro) begleichen, doch eine für die Kommune wirtschaftlich bessere Lösung wird sich kaum darstellen lassen, zumal Subventionen für reduzierte Pachtzahlungen des Klubs künftig ausbleiben würden. Für den FCK und seinen Investor wäre es eine Frage der Verhandlung, wie das Stadion und die Kosten in das Gesamtpaket der Zusammenarbeit eingebaut werden. Doch noch ist das alles Zukunftsmusik. Eine Einigung mit den Gläubigern ist die Grundvoraussetzung für alle Gedankenspiele rund um die Zukunft des viermaligen deutschen Meisters.