Tennis

French Open: Barbora Krejcikova, die doppelte Siegerin der Langsamkeit

Tschechin gewinnt Einzel und Doppel der French Open

Erstes Double seit 21 Jahren: Krejcikova, die Siegerin der Langsamkeit

Samstag und Sonntag glichen sich die Bilder: Barbora Krejcikova mit dem Pokal.

Samstag und Sonntag glichen sich die Bilder: Barbora Krejcikova mit dem Pokal. Getty Images

In einer Tenniswelt, die immer schneller, kräftiger, rasanter wird, sticht sie heraus. Zwischen den Osakas, Haleps, Kenins scheint Barbora Krejcikova nämlich nicht hineinzupassen. Weniger charakterlich, eher sportlich. Und doch steht am Ende von drei Wochen Roland Garros diese 25 Jahre alte Tschechin ganz oben. Im Einzel und im Doppel.

Nach dem Einzel-Sieg am Samstag siegte sie gemeinsam mit ihrer Landsfrau Katerina Siniakova tags darauf 6:4, 6:2 gegen Bethanie Mattek-Sands aus den USA und die Polin Iga Swiatek. Seit Mary Pierce im Jahr 2000 war dieses Double in Paris keiner Frau gelungen.

Wer Krejcikova beim Spielen zuschaut, den beschleicht das Gefühl, sie würde Schach spielen. Mit genau getimten Schlägen vermisst sie den Platz, indem sie ihre Schläge immer und immer wieder auf die Linien setzt. Am liebsten den Rückhand-Cross auf die seitliche Spielfeldbegrenzung. Bei Krejcikova sieht das so einfach aus. Keine verbissene Miene, keine gewaltsamen Aufschläge.

Diese Übersicht hat keine andere Spielerin

Wenn die Tschechin zur Rückhand ausholt und dabei den Oberkörper komplett durchschwingt, erinnert das dagegen dann fast schon an Golf. Die Präzision, die Ruhe, das beeindruckt nicht nur die Kontrahentinnen. Während beispielsweise ihre jugendliche Viertelfinalgegnerin Cori Gauff sichtbar mit den Nerven kämpfte, stand die Tschechin scheinbar über den Dingen. Zwei Tage zuvor wäre sie allerdings beinahe zum Achtelfinale gegen Sloane Stephens gar nicht angetreten, weil sie kurz vor dem Spiel eine Panikattacke bekommen hatte.

Mit exzellenter Spielübersicht macht Krejcikova ihre Schwächen zunichte. Eine Sprinterin wird sie eher nicht mehr, auch knallharte Angriffsschläge erwartet niemand von ihr. Mit Antizipationsvermögen wehrte sie so beispielsweise fünf Satzbälle von Gauff ab - und erreichte überhaupt erstmals das Halbfinale eines Grand Slams. Als Nummer 33 der Welt, ungesetzt. Am kommenden Montag wird sie in den Top 15 auftauchen.

Auch im Finale gegen Anastasia Pavlyuchenkova servierte die Siegerin immer wieder mit einer Geschwindigkeit unter 130 Kilometern je Stunde. Weil die Bälle aber derart platziert eintrudelten, konnte die Russin mit der Langsamkeit nicht viel anfangen. Im Laufe der Ballwechsel bereitete Krejcikova den Punktgewinn dann geduldig vor: oftmals zwei Schläge mit wenig Spin auf die Linie nach außen, den dritten Ball ganz genau in die andere Ecke - oder eben gegen die Laufrichtung. Eine derartige Übersicht besitzt keine andere Spielerin im gesamten Feld.

"Ich denke jeden Tag an sie"

Im Moment ihres größten Triumphes dachte die ehemalige - und zukünftige - Weltranglistenerste im Doppel an einen ihrer schwersten Tage. Vor rund dreieinhalb Jahren war ihre Trainerin Jana Novotna an Krebs gestorben. Am Samstag stand sie auf dem Court Philippe Chatrier und blickte in den Himmel. "Alles in den letzten beiden Wochen ist passiert, weil sie auf mich achtgibt, und ich danke ihr dafür", sagte Krejcikova wenig später.

Jana Novotna und Barbora Krejcikova im Jahr 2016

Jana Novotna und Barbora Krejcikova im Jahr 2016. imago images

Abgesehen von ihren emotionalen Erinnerungen an Novotna blieb sie dabei erstaunlich cool. Wo andere sich nach einem Grand-Slam-Titel einfach hinfallen lassen und den Boden küssen oder wild umherspringen, verzichtete Krejcikova auf extravagante Gesten. Sie wisse, dass sich jetzt vieles für sie ändern werde. "Aber ich will einfach so bleiben, wie ich bin."

Lieber sprach sie über Novotna: "Ich habe ihr alles zu verdanken. Mit ihre letzten Worte an mich waren: 'Versuch, mit Freude zu spielen und einen Grand Slam zu gewinnen'", erinnerte sich die 25-Jährige, nachdem sie den Auftrag ihrer Mentorin erfüllt hatte. "Ich denke jeden Tag an sie und bin sehr traurig, dass sie nicht hier sein kann."

pab/dpa