Bundesliga

Endspiel für Breitenreiter? "Da stehe ich drüber"

TSG und ihr Trainer vor richtungsweisendem Kellerduell

Endspiel für Breitenreiter? "Da stehe ich drüber"

Er braucht dringend Ergebnisse: Hoffenheims Trainer André Breitenreiter.

Er braucht dringend Ergebnisse: Hoffenheims Trainer André Breitenreiter. IMAGO/Christian Schroedter

Schon in der Hinrunde hatte die TSG gegen Bochum eine unerfreuliche Negativserie beendet. Nach saisonübergreifend zehn Spielen ohne Sieg feierte Hoffenheim am zweiten Spieltag einen knappen 3:2-Erfolg gegen den VfL - nach einem 0:2-Rückstand. "Im Hinspiel haben wir am Anfang gemeint, das läuft von ganz alleine und erst gewonnen, als wir einen Gang hochgeschaltet haben", erinnert sich Trainer André Breitenreiter, "das wünsche ich mir von der ersten Minute an. Dessen bin ich mir auch sicher, denn die Situation ist jetzt eine andere, es bleibt keine Zeit mehr zu warten."

Denn anfangs der Rückrunde haben sich die Kraichgauer in den Abstiegskampf manövriert. Eine weitere Niederlage gegen die nur drei Punkte zurückliegenden Bochumer auf dem Relegationsplatz zöge die seit Wochen verunsicherte Mannschaft vollends in den Tabellenkeller und in eine Situation, in der Klubs sich irgendwann gezwungen sehen zu reagieren. Deswegen hat das Spiel am Samstag Endspiel-Charakter für Breitenreiter, auch wenn der das naturgemäß anders sieht: "Ein Muss-Spiel ist ein Finale, wenn es kein weiteres gibt", definiert der 49-Jährige, "trotzdem wollen wir gewinnen, weil es wichtig ist, diesen Turnaround einzuleiten. Aber irgendwann kommt der Tag, an dem diese Wende geschafft wird, davon bin ich total überzeugt, weil ich jeden Tag sehe, wie die Mannschaft zusammensteht."

Irgendwann sicherlich. Besser gleich am Samstag, soll die Position des Trainers nicht ernsthaft gefährdet werden. Im Laufe der oben erwähnten vorherigen Krise hatte Vorgänger Sebastian Hoeneß, der nach 18 Spieltagen noch auf Platz drei gelegen hatte(!), nach neun Spielen ohne Dreier am Saisonende gehen müssen. Rein ergebnistechnisch ist die TSG erneut dort angekommen. "Fakt ist: Wir haben neun Spiele in Folge nicht gewonnen, das ist keine schöne Momentaufnahme, das haben wir uns komplett anders vorgestellt", erkennt auch Breitenreiter den Ernst der Lage, "ich bin auch nicht glücklich und mache mir viele Gedanken, um immer wieder neue Ansätze zu suchen und zu finden. Die auch zu diskutieren mit den Spielern und dem Verein, um neue Energie hervorzurufen. Der einzige Ansatz ist, fokussierte Ruhe vorzuleben, ich denke, die strahle ich auch aus, auch wenn ich manchmal ganz gerne in den Boxsack knallen würde."

Genau diese Aggressivität und Wehrhaftigkeit vermisst der Coach zuweilen von seinen Mannen. Nach außen wie intern. "Ich würde mir ein wenig mehr Reibereien sogar wünschen, vielleicht ist die Mannschaft in dieser Drucksituation nicht gut genug, sich zu wehren, das erklärt, warum wir diese Fehler aus Verunsicherung machen. Das ist menschlich in so einer Phase", so Breitenreiter, der die Spieler deshalb eher bestärken, statt offen zu kritisieren gedenkt, "Aktionismus ist kein schlauer Ratgeber und nur Alibi, um sich gut in den Medien zu verkaufen."

Brooks und Delaney machen Hoffnung

Also nennt er lieber Positivbeispiele wie die jüngst eigens deshalb verpflichteten John Anthony Brooks und Thomas Delaney. "Wir haben ja gesehen, welche Ausstrahlung Brooks auf dem Platz hat, wenn er Ansagen gibt oder mit dem Schiedsrichter diskutiert, dann sieht das anders aus", erkennt Breitenreiter, "und als Thomas in Leipzig zur Pause kam, ist keiner vorbeigekommen, er hat den Gegner festgehalten oder ihn weggeknallt, manchmal muss das sein in so einer Situation, um ein Signal zu setzen, sich zu wehren. Allein ihre Präsenz tut uns gut, das spürt jeder."

Am Samstag soll das Bochum zu spüren bekommen, allerdings hat der VfL unter seinem neuen Coach Thomas Letsch alle seine bisherigen vier Heimspiele gewonnen. "Sie verteidigen aggressiv nach vorne und haben nach Ballgewinn mit Hofmann einen großen Zielspieler und über beide Flügelzonen verdammt schnelle Spieler", weiß Breitenreiter, "wenn wir dort zu passiv sind und sie nicht pressen, werden sie uns auch in der Tiefe bespielen und zu Chancen kommen."

Breitenreiter: "Es geht nicht um mich selbst"

Also wünscht sich der Cheftrainer eine konzentriertere und wehrhaftere TSG: "Im Spiel gegen den Ball kann ich mich bewähren, das hat nichts mit Taktik zu tun oder mit Verunsicherung. Das will die Mannschaft auch und setzt es auch gut um, aber in wenigen Momenten eben nicht." Wie vor den ersten beiden Gegentoren zuletzt in Leipzig. "Ich kann mich mehr in den Zweikampf schmeißen vor dem 0:1 und versuchen den Schuss zu blocken. Das ist eine Basis die ich erwarten kann und muss", gab er Ihlas Bebou ebenso zu verstehen wie Christoph Baumgartner, "genau wir vor dem 0:2 - wenn wir diesen Zweikampf so einfach verlieren, dann habe ich auch keine Chance, zu null zu spielen. Trotzdem müssen sich die Spieler Dinge zutrauen und bereit sein, Fehler zu machen, sonst spielen wir Angsthasenfußball und das wollen wir nicht."

Da kommt also eine spannende Gratwanderung auf Hoffenheim zu am Samstag. Breitenreiter hofft, dass seine Schützlinge mit dem Druck ebenso umgehen können wie er selbst mit der aufkeimenden Diskussion um seinen Job: "Es geht nicht um mich selbst. Das Wichtigste ist, Ruhe auszustrahlen und voranzugehen, das werde ich immer tun, unabhängig von Ergebnissen", erklärt Breitenreiter und versichert: "Das macht nichts mit mir, damit kann ich leben, da stehe ich drüber."

Michael Pfeifer

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