Champions League

Real Madrid: Den Mythos bestätigt

Kommentar

Eine Regel, die keiner besser beherrscht als Real Madrid

Der Henkelpott ist wieder in Händen Real Madrids.

Der Henkelpott ist wieder in Händen Real Madrids. Getty Images

Aus dem Stade de France berichtet Jörg Wolfrum

17 Endspiele, 14 Siege, fünf Finals allein seit 2014, alle gewonnen. Die letzte Niederlage setzte es 1981, ausgerechnet in Paris gegen den FC Liverpool. An diesem Samstag aber hat Real Madrid im Stade de France sein ureigenes Terrain einmal mehr abgesteckt und das heißt im Selbstverständnis des Klubs: Europa. In Paris, wo sich die Madrilenen 1956 angeführt von Alfredo di Stefano im allerersten europäischen Meisterklassen-Endspiel zu den Fußball-Königen des Kontinents aufgeschwungen und damit einen Mythos eingeläutet hatten, schrieben sie nun einmal mehr Geschichte.

Gerade der diesmal so glückliche Sieg zeigt, dass dieser Klub die einfache, aber umso wesentlichere Regel verinnerlicht hat, wonach Finals nicht nur gespielt, sondern vor allem gewonnen werden müssen. Keiner beherrscht sie besser als die Madrilenen.

Der erste Triumph in der Post-Cristiano-Ronaldo-Ära verdeutlicht auch, dass die Ära des Supergoalgetters, der den Klub 2018 verlassen hat, endgültig Geschichte ist und dass dieser Weltverein eben doch größer ist als all seine Legenden.

Kroos sorgt in wichtigen Momenten für Entlastung

Der aktuelle Kapitän Karim Benzema trat in dieser Saison endgültig aus dem langen Schatten, den CR7 geworfen hat. Auch wenn der Franzose im Finale in seinem Nationalstadion nicht getroffen und einen an seiner Saisonleistung gemessen bestenfalls mäßigen Auftritt gezeigt hatte. Mit seinen Toren in den K.-o.-Runden zuvor und vor allem seiner Führungsstärke hatte er seine Mannschaft in den entscheidenden Phasen dieses Wettbewerbs aber im Rennen gehalten. Nicht selten in Momenten, als vermutlich außer Benzema kaum einer mehr an das Weiterkommen gedacht hatte.

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Mit 15 Toren wurde der Mittelstürmer Torschützenkönig des Wettbewerbs, einzig den 17-Tore-Rekord Ronaldos von 2013/14 verfehlte er. Mit insgesamt nun 86 Treffern liegt der Angreifer, der sich mit 34 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere befindet, im Allzeit-Ranking der Königsklasse nun gleichauf mit Bayerns Robert Lewandowski auf dem dritten Platz hinter Ronaldo (140) und Lionel Messi (125).

Dass der 14. Titelgewinn in Europa nun im ersten Jahr der zweiten Amtszeit von Trainer Carlo Ancelotti gefeiert wird, gleicht einem Deja-vu. Der Italiener holte 2014 die für das Selbstbewusstsein des sich über die Meisterliga definierenden Klubs so wichtige "Decima", den zehnten Titel. Zwölf Jahre nach dem vorherigen Triumph 2002.

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Mit Benzema, Luka Modric, Dani Carvajal und Casemiro gewannen am Samstag vier Führungsspieler ihr fünftes Finale seit 2014 und schlossen zum bisherigen Rekordhalter Ronaldo auf. Auch Toni Kroos hat nun fünfmal den Henkelpott gewonnen - und seinen Rekord aus deutscher Sicht ausgebaut. Ähnlich wie Benzema an diesem Abend nicht überragend, sorgte er mit seiner Ballsicherheit und Kontrolle in wichtigen Momenten für Entlastung.

Das muss nicht das Ende einer Ära einläuten

Dass der aktuelle Champions-League-Sieger der erste Finalist in der Königsklassen-Historie ist, der vier Startelfspieler aufgeboten hatte mit mehr als 100 Champions-League-Spielen - David Alaba (103), Modric (107), Kroos (127) und Benzema (142) - muss nicht das Ende einer Ära einläuten.

Der vor Saisonbeginn aus München gekommene David Alaba schwang sich umgehend zum neuen Abwehrchef auf, und mit dem deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger dürfte die Mannschaft in der kommenden Saison nochmal stabiler agieren.

Ein Generationswechsel deutet sich auch in anderen Linien an, etwa mit den beiden erst 21-jährigen Brasilianern Vinicius Junior und Rodrygo, die in ihrer vierten bzw. dritten Saison im Klub auf dem Weg zum Triumph in den K.-o.-Runden erstmals entscheidende Tore beisteuerten. Vinicius am Ende sogar das zur Krönung entscheidende. Auch der erst 19-jährige Eduardo Camavinga hatte bei den Aufholjagden im Viertelfinale gegen Chelsea und im Halbfinale Manchester City entscheidende Impulse gesetzt.

Das alles wurde von Trainer Ancelotti - wie schon 2014 - meisterhaft gemanagt.