3. Liga

"Eine Dimension, die ich mir nicht vorstellen konnte"

3. Liga: Rekordpersonalkosten, Staatshilfen und Türkgücü-Ärger

"Eine Dimension, die ich mir nicht vorstellen konnte"

Peter Frymuth ist im DFB-Präsidium für die 3. Liga zuständig.

Peter Frymuth ist im DFB-Präsidium für die 3. Liga zuständig. imago images/Jan Huebner

"Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie sich Vereine fühlen, die sich bemühen, ihre finanziellen Dinge in Ordnung zu halten", sagte Peter Frymuth, im DFB-Präsidium für die 3. Liga zuständig, bei der Präsentation des Saisonreports 2020/21 durch den Ligaträger DFB. "Wenn die Wettbewerbsintegrität durch Nichteinhaltung von Absprachen leidet, ist das eine Dimension, die ich mir nicht für die 3. Liga vorstellen konnte." Türkgücü hatte im Januar einen Insolvenzantrag gestellt und war kürzlich aus dem Spielbetrieb ausgeschieden - die bisherigen Partien der Münchner wurden aus der Wertung genommen, was das Aufstiegsrennen zulasten des 1. FC Saarbrücken heftig durcheinanderwirbelte.

Das Controlling ist Aufgabe der Klubs, wenn dann Millionen fehlen, ist das eine unternehmerische Fehlleistung.

Tom Eilers, Vorsitzender des Drittligaausschusses

Solche Fälle will der Verband künftig vermeiden, stellt Tom Eilers klar, der Vorsitzende des Drittligaausschusses. Allerdings stoße das Zulassungsverfahren diesbezüglich auch an Grenzen, so das Präsidiumsmitglied von Darmstadt 98. "Das Controlling ist Aufgabe der Klubs, wenn dann Millionen fehlen, ist das eine unternehmerische Fehlleistung", entgegnet Eilers etwa heftiger Kritik am Zulassungsverfahren durch den Insolvenzverwalter Dr. Gregor Reiter, die dieser via kicker geäußert hatte. "Viele Aussagen entbehren jeglicher Grundlage, die Zulassung erfolgt nicht auf Basis von Versprechungen, sondern basierend auf Fakten, wie etwa der Einreichung von Werbeverträgen. Auch bei Darlehen muss nachgewiesen werden, dass das Geld bereits geflossen ist", wies auch DFB-Geschäftsführer Manuel Hartmann die Kritik am Verband zurück.

Dennoch brachte Eilers die Möglichkeit ins Spiel, in der Sommertransferperiode geschlossene Profiverträge auch in die aktuellen Planberechnungen des Verfahrens miteinzubeziehen, denn dieses arbeitet ja mit Planausgaben vom 31. März eines Jahres, ehe bis zum 31. Oktober die aktualisierten Zahlen erhoben werden. "Verträge sind bislang nicht mit dem Zulassungsverfahren verknüpft, die Einreichung dient nur der Spielerlaubnis. Da kann man sicher überprüfen, ob man das verknüpfen kann", räumte Eilers ein. Denn das war das große Problem im Fall Türkgücü: Ein um zwei Millionen Euro gestiegener Personalaufwand hatte laut DFB-Angaben die Liquiditätslücke gerissen.

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Mit Sorge betrachtet derweil auch Hartmann, dass wie in der Bundesliga trotz Pandemie die Personalkosten deutlich gestiegen sind, kumuliert für alle 20 Klubs von 80,6 auf 93,6 Mio. Euro in 2020/21. Im Schnitt steckte also jeder Klub 4,9 Mio. Euro in dieses Segment, das mittlerweile enorme 41,7 Prozent der Gesamtausgaben auffrisst. "Das ist ein Wert, der uns zum Nachdenken bewegt", so Hartmann. Wie bereits in der Saison 2019/20 fuhren 13 von 20 Teams folglich einen Fehlbetrag ein. Zwar liegt das Eigenkapital im Durchschnitt im positiven Bereich, allerdings weisen nur 9 Vereine ein positives Eigenkapital aus. Ab 2023/24 müssen Klubs mit negativem Eigenkapital diesen Wert um 5 Prozent pro Jahr verbessern.

Ob der coronabedingten Geisterspiele schmolz der Spielertrag massiv zusammen von 35,6 auf 6 Mio. Euro, auch Werbeeinnahmen gingen um rund 9 Mio. auf 69,8 Mio. zurück, ebenso die Medieneinnahmen (von 22,2 auf 20,7 Mio.). Dafür schnellten die sonstigen Einnahmen in die Höhe, von 68,7 auf 119,4 Mio. Euro. Diese Explosion ist zurückzuführen auf staatliche Unterstützung, also auf Corona- und Überbrückungshilfen. So kommt ein Umsatzrekord von 215,8 Mio. Euro zustande. Demgegenüber steht ein um gut 10 Mio. Euro gesunkener Gesamtaufwand von 224,3 Mio. Euro. "Wir haben mittlerweile kontinuierlich über 200 Millionen Euro Gesamtertrag, dieser Trend scheint sich zu stabilisieren", freut sich Hartmann. "Die Grundmöglichkeiten, sich wirtschaftlich zu stabilisieren, sind also gegeben. Erträge und Aufwendungen nähern sich langsam an, das ist unsere Zielsetzung." Doch noch ist die 3. Liga nach wie vor geprägt von einem strukturellen Defizit.

Benni Hofmann

Die Trainer der 3. Liga für die Saison 2021/22