Es war eine höchst undankbare Aufgabe, die Jens Grittner, der Pressesprecher der Nationalmannschaft, und Jung-Nationalspieler Thilo Kehrer (23) unmittelbar nach dem Schweiz-Spiel erledigen mussten. Zu beantworten war die Frage nach der Dienstreise, die die Nationalmannschaft von Stuttgart nach Basel im Flugzeug zurückgelegt hatte, knapp 200 Kilometer Luftlinie. Die Fahrt mit dem Mannschaftsbus, der die rund 260 Kilometer ohnehin auf der Autobahn zurücklegte, hätte drei bis dreieinhalb Stunden gedauert. Die Begründung, die schon am Sonntagabend in Basel vorgetragen wurde, wurde nicht überzeugender, als sie DFB-Direktor Oliver Bierhoff eine Nacht später wiederholte.
DFB-Mannschaftsbus ist kein Linienbus
Als erstes Argument wurde die Hygiene in Corona-Zeiten angeführt, die im Flugzeug besser gewahrt werden könne als in der Eisenbahn oder im Teambus. Für eine Zugfahrt, obendrein mit Umsteigen, mögen solche Bedenken ihre Berechtigung haben; nicht aber für den DFB-Mannschaftsbus, der gewiss die höchsten Luxus- und Hygienestandards für die Nationalspieler garantiert - und vor allem ausreichend Platz und Gemütlichkeit. Wie in einen Linienbus sind da die Gäste nicht in die beengten Sitzreihen gepfercht. Deshalb sticht der Hinweis auf die Beeinträchtigung der so dringenden Regeneration durch zu langes Sitzen ganz und gar nicht, genauso wenig die Betonung der Verantwortung für die Gesundheit der Spieler den Vereinen gegenüber.
DFB-Elf entfernt sich von den Menschen
Es sind sehr dünne und bemühte Begründungen, die da von Bierhoff vorgetragen werden. Die Glaubwürdigkeit wird damit nicht gestärkt. Vielmehr bleibt der Imageschaden, weil ein fundamentales Thema unserer Zeit, Umwelt und Klima, ohne jegliche Sensibilität ignoriert wurde. Die Nationalmannschaft, deren Bonus seit der WM - siehe die aktuellen TV-Quoten - immer mehr bröckelt, beförderte mit dieser Aktion das Urteil, dass sie sich immer mehr von den Menschen, für die sie eigentlich spielt, entfernt habe und sich weiter entferne.
Löw konterkariert seine Fürsorge
Auch Bundestrainer Joachim Löw muss in diesem Zusammenhang aufpassen, dass er es mit seinen wiederholten, obzwar berechtigten Warnungen vor der Überbelastung seiner Auserwählten nicht übertreibt. Seine Fürsorge für das Wohlbefinden der Spieler ist aller Ehren wert; doch er selbst konterkariert sie, wenn er gegen die Schweiz lediglich zwei Mitglieder jener Elf, die drei Tage zuvor gegen Spanien begonnen hat, austauscht. Und den frühen, unpassenden Saisonzeitpunkt hatten die Gegner aus Spanien und der Schweiz genauso. Er taugt also nicht zur entscheidenden Erklärung für fehlerhaftes Verhalten und Patzer in den beiden Spielen.
Wir wollen es wissen: Aus "Regenerationsgründen" mit dem Flugzeug von Stuttgart nach Basel: Halten Sie die Erklärung des DFB für nachvollziehbar?