Bundesliga

Nach dem Nein zum DFL-Investor: Die gespaltene Liga

Drohkulissen nach Nein zum Investor

Die gespaltene Liga

"Mit den Konsequenzen wird die gesamte Liga umgehen müssen": Axel Hellmann.

"Mit den Konsequenzen wird die gesamte Liga umgehen müssen": Axel Hellmann. picture alliance/dpa

Rüdiger Fritsch war sprachlos. Der Präsident von Bundesliga-Aufsteiger Darmstadt 98, der Teil der das Investorenszenario ausarbeitenden AG der Deutschen Fußball-Liga war, mochte sich nach dem Votum gegen den Milliardendeal nicht äußern und verließ das Sheraton-Hotel am Frankfurter Flughafen wortlos. Überhaupt war neben den Führungskräften auf dem Podium, den interimistischen Liga-Geschäftsführern  Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg) sowie Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund) kaum ein Offizieller bereit, sich zu äußern. Offenkundig sind sich alle der Tragweite der Entscheidung bewusst - egal, ob sie sie nun als positiv oder als negativ erachten.

Der Investoren-Prozess jedenfalls ist gestoppt. 20 Ja- standen 11 Nein-Stimmen gegenüber bei 5 Enthaltungen, was ein Verfehlen der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit bedeutete. Zuvor hatte der FC St. Pauli seinen Antrag auf Abstimmungsverschiebung zurückgezogen, sich jedoch eine Abänderung des Präsidiumsantrag zusichern lassen, wonach bis 23. Juni noch zusätzliche Informationen und Modifikationen möglich gewesen wären vor den finalen Verhandlungen mit einem Investor. Zur Debatte stand, 12,5 Prozent einer Tochterfirma, die die Medienrechte an Bundesliga und 2. Liga hält, für 20 Jahre an einen von drei Private-Equity-Bewerbern zu veräußern. Bis zu zwei Milliarden Euro hätte das bringen sollen, auszuschütten auf fünf Jahre und für größtenteils zweckgebundene Projekte wie Streamingplattform oder Internationalisierung oder vereinseigene Infrastruktur.

Doch schon bei letzterem Punkt beginnen die Fragen. Hat ein Klub weniger Investitionsbedarf, weil er in den vergangenen Jahren schlau gewirtschaftet hat, hätte er diese Millionen auch in Stars und Gehälter packen können. Mit einem möglichen Einfluss auf den gesamten Markt, Stichwort Rattenrennen. Kritiker des Deals rieben sich daran, Befürworter dagegen sagten, die Summen seien nicht geeignet, den Markt zu fluten.

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Watzke: "Solidarischer als wir kann man nicht sein"

Sei es drum, die Sache ist vorbei und stellt Bundesliga und 2. Liga nun vor eine Zerreißprobe. "Ich glaube an ein sehr unterschiedliches Abstimmungsverhalten zwischen erster und zweiter Liga", sagte Watzke, der relativ unmissverständlich eine Drohkulisse aufbaute: "Jetzt, wo es nicht erwünscht ist, soll uns in nächster Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen. Solidarischer als wir kann man nicht sein."

Der BVB-Boss erläuterte, dass der FC Bayern und sein Klub "sehr viele Rechte in die DFL verlagert haben, um die Solidarität zu stärken. Wir hätten den meisten Beitrag leisten müssen und hätten es auch um die Solidarität willen getan." Das verspricht zähe Verhandlungen bei einer möglichen Debatte über die Verteilung der Gelder im nächsten nationalen Medienvertrag, um den in Bälde gerungen wird. Konkret geht es um die Medienrechte für den nächsten Vierjahreszyklus von 2025 bis 2029.

Auch Hellmann sieht "eine Niederlage der Zentralvermarktung". Für den Frankfurter Vorstandssprecher ist "vollkommen klar, dass aus der Entscheidung heute die Schere in der Bundesliga weiter auseinandergehen wird durch die Einnahmen der Vereine, die international spielen". Andererseits hätte auch die Ausschüttung der Investoren-Milliarden das Verhältnis zwischen Bundesliga und 2. Liga weiter zementiert.

Wer folgt auf Hellmann und Leki?

Mit dem Ende des Investoren-Prozesses endet auch Hellmanns Zeit als Interims-Geschäftsführer der Liga zum 30. Juni, Leki scheidet zeitgleich aus. Für die Nachfolge wurde zuletzt medial neben dem scheidenden FC-Bayern-Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen, der am Mittwoch zugegen war als DFL-Präsidiumsmitglied, auch über Bernd Reichart vom Super-League-Berater A22-Sports spekuliert worden. Zuletzt sprach allerdings viel dafür, dass nach dem Intermezzo der eher fußballfremden Donata Hopfen ein Manager mit Kluberfahrung wie beispielsweise der ehemalige Hoffenheimer Geschäftsführer Peter Görlich oder eben Dreesen eine Rolle spielen sollen.

Diese neue Geschäftsführung hätte dann bereits die erste Hausaufgabe im Block stehen: einen offenkundig gespaltenen Ligaverband zu einen. Denn nach dem durchaus überraschenden Ergebnis zeichnen sich Grabenkämpfe ab zwischen Befürwortern und Gegner des Investorendeals. Dabei hatte beispielsweise Hellmann "einen Konsens gespürt, dass es Investitionsbedarf gibt". Zuletzt hatte aber zum Beispiel Eckhard Sauren, der Vize-Präsident des 1. FC Köln, bemängelt, dass alternative Finanzierungen wie Darlehensaufnahmen zu wenig diskutiert worden seien.

"Mit den Konsequenzen wird die gesamte Liga umgehen müssen"

Für die jetzige Führung waren diese jedoch in der Tiefe kein Thema, wie Hellmann verlautbarten ließ: "Die Verschuldung der Liga für Wachstumsthemen in einem medial immer herausfordernden Umfeld, belastet vor allem die großen, leistungsstarken Klubs, die dafür geradestehen müssen, dass andere vielleicht von der Schuldenaufnahme profitieren, sich dann aber der Rückzahlung entziehen."

Leki dagegen versucht zu beschwichtigen: "Es ist zwingend notwendig, dass ein solches Projekt von einer breiten Mehrheit getragen wird. Mit den Konsequenzen wird die gesamte Liga umgehen müssen." Wie diese nun konkret aussehen, ließen die Protagonisten offen.

Benni Hofmann, Michael Ebert

Die auslaufenden Verträge der 18 Bundesligisten