Bundesliga

Die Benders: "Ganz oder gar nicht"

Leverkusens Zwillinge über Völler, Trennung, Titel, Olympia und Karriereende

Die Benders: "Ganz oder gar nicht"

Eines der erfolgreichsten Brüder-Paare in der Bundesliga: Sven (li.) und Lars Bender.

Eines der erfolgreichsten Brüder-Paare in der Bundesliga: Sven (li.) und Lars Bender. imago images

... den Emotionen zum Abschied: (Lars) Es geht hoch und runter. Es wird einem bewusst, was man erlebt hat, wieviel Erinnerung und Emotion da drinsteckt. Auf er anderen Seite denkt man darüber nach, warum man diese Entscheidung so gefällt hat. Auf der einen Seite ist da Wehmut, auf der anderen Seite die Freude auf ein neues Leben.

... den stillen Abgang ohne Fans: (Sven) Natürlich ist es nicht schön und viele Menschen hätten sich gerne auch nochmal von uns im Stadion verabschiedet. Wir andersherum genauso. Doch die Entscheidung, wann man seine Karriere beendet, sollte nicht davon abhängig sein, wie man verabschiedet wird. Wir haben 15 Jahre vorgespielt, aber wir haben uns auch 15 Jahre verabschiedet. Für uns war die Bindung zu den Fans immer ganz wichtig.

Spielersteckbrief S. Bender
S. Bender

Bender Sven

Spielersteckbrief L. Bender
L. Bender

Bender Lars

... der Entscheidung, die Karriere zu beenden: (Lars) Auch wenn es mir schwer gefallen ist: Letztlich hat die Vernunft gesiegt, sich selber zu schützen. In den letzten Jahren hatte ich die eine oder andere Verletzung, durch die ich nicht mehr kontinuierlich auf dem Platz stand. Das war auch so ein Gedanke: Was bekomme ich denn jetzt, wenn ich noch weitermache? Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe halt keinen Bock mehr, Spiele von außen anzuschauen und die Schulterklopfer zu kriegen. Es ist vorbei. Das brauche ich nicht mehr.

Wer uns kennt, der weiß, dass sich das für uns wie Betrug anfühlt.

Sven Bender

... den Gründen, mit 32 Jahren schon Schluss zu machen: (Sven) Man hat uns nachgesagt, dass wir eine selbstzerstörerische Art haben, Fußball zu spielen. Dem haben wir Tribut gezollt. Du hast nur den einen Körper. Man hat uns oft nahegelegt im Training mit Auge etwas weniger zu machen. Wir haben es ausprobiert. Es hat nicht so gut geklappt. Mit den ganzen Schmerzen, mit denen wir uns auf dem Platz bewegen, macht es keinen Sinn mehr, weil wir nicht mit 100 Prozent agieren könnten. Wer uns kennt, der weiß, dass sich das für uns wie Betrug anfühlt. Am Verein, an den Mitspielern. Uns gibt es eben nur ganz oder gar nicht.

... dem Wandel des Fußballs: (Lars) Das Rad hat sich in unseren 15 Jahren immer schneller gedreht. Vielleicht nicht immer nur zum Guten. Wir sind auch nicht mit allem einverstanden gewesen. Manchmal ist es für Außenstehende nicht einfach nachzuvollziehen, was im Fußballgeschäft los ist. Gerade aktuell geht das Fußballgeschäft den einen Weg und der Rest der Gesellschaft den anderen und man entfernt sich ein bisschen. Doch auch wenn sich im Fußball vieles schnell entwickelt hat, sind wir dankbar, dass wir dieses Geschäft mitgemacht haben. Für uns ist Fußball die größte Leidenschaft und wird es auch immer bleiben, auch wenn sich der Fußball noch weiter und noch schneller entwickeln wird. Im Fußballgeschäft ist nichts stehen geblieben, anders als es zu Beginn von Corona gesagt wurde.

Toni Kroos und Sven Bender

Sportlich begann die Karriere für beide bei 1860 München: Hier ist Sven Bender im Zweikampf mit Bayerns Toni Kroos. imago images

... ihrer Zukunft: (Sven) Zuerst geht es für uns Richtung bayerische Heimat. Wir haben die ganze Karriere lang über den Tellerrand hinausgeschaut und uns etwas neben dem Fußball aufgebaut. Aber dazu werden wir uns nicht äußern, weil unser Privatleben mit dem Fußball nichts zu tun hat. Das haben wir immer für uns behalten. Was sich sportlich tut oder ergeben wird, wird man sehen. Da sind wir natürlich in Gesprächen.

Es war eine überragende, erfolgreiche Karriere.

Lars Bender

... ihre sportliche Bilanz: (Lars) Titel sind natürlich schön. Davon träumt jeder. Mein Ziel war es auch, aber das Leben ist ja kein Wunschkonzert. Doch deswegen bin ich nicht unglücklich. Ich habe Sven die Titel mit Dortmund gegönnt. Ich bin sehr stolz und zufrieden mit dem, was ich geleistet habe. Es war eine überragende, erfolgreiche Karriere. Ich habe alles versucht und kann mir nichts vorwerfen. Ich habe eine geile Zeit gehabt, sensationelle Charaktere auf und neben dem Platz kennenlernen dürfen - das nehme ich als wertvollen Schatz mit, wie bereichernd diese 15 Jahre waren. (Sven) Diese Menschen haben auch uns zu den Menschen gemacht, die wir heute sind. Wenn du sagen kannst, du hast alles gegeben, dann ist die Anzahl der Titel nicht so entscheidend, auch wenn ich mich wie ein kleines Kind über jeden einzelnen freue.

... dem Gewinn von olympischem Silber 2016 in Rio: (Lars) Das war wichtigste Ereignis, bei dem wir spielen durften und konnten. Uns geht es nicht ums Geldverdienen, sondern um den sportlichen Wettstreit, sich zu messen. Wir haben in Rio zum ersten Mal nach unserer Zeit bei 1860 München wieder in einem Team gespielt. Es hieß immer, wir könnten nicht mehr zusammenspielen, weil wir zu gleich wären. Das war unsere persönliche Genugtuung, all diese Stimmen mit diesem Erfolg verstummen zu lassen. Olympia hat riesig Spaß gemacht. Das war wirklich ein Erlebnis. Jeder, der die Chance bekommt, sollte sie nutzen. Olympia ist außergewöhnlich. Das ist einfach das größte Sportevent der Welt.

Bayer-Trainingslager 2013 Sportdirektor Rudi Völler, Trainer Sami Hyypiä, Lars Bender und Stefan Kießling

Bayer-Trainingslager 2013 Sportdirektor Rudi Völler, Trainer Sami Hyypiä, Lars Bender und Stefan Kießling (v.l.n.r.). imago images

... Rudi Völlers sehr direkte Art: (Lars) Rudi verstellt sich nicht, ist gerade und aufrichtig. Er hat seine Momente öffentlich gehabt, die hat er auch in der Kabine gehabt. Er ist jemand, der auch schon mal seine Meinung sagt. Bei ihm weiß man, was man bekommt. Er ist eben authentisch, ehrlich und nicht irgendwie verwässert, sondern ganz sauber und gerade.

... ihrer Trennung als 20-Jährige mit dem Wechsel von 1860 zu Bayer bzw. zum BVB: (Sven) Vorher hatten wir jede Minute miteinander verbracht. Es gab uns immer nur im Doppelpack. Aber wir haben gewusst, dass es für unsere Entwicklung als Fußballer und als Persönlichkeit wichtig ist, dass wir uns trennen müssen. Die ersten Wochen allein waren extrem schwer, weil du den geliebten Menschen nicht mehr täglich neben dir hast. Das merkst du. Es hat eine Zeit gebraucht, aber nach der ersten Saison haben wir gemerkt, dass es uns einen unfassbaren Schub gegeben hat.

Ich bereue nix! Da ist nichts, was ich vielleicht anders hätte machen sollen in diesen 15 Jahren.

Sven Bender

... Entscheidungen die sie bereut haben: (Sven) Ich bereue nix! Da ist nichts, was ich vielleicht anders hätte machen sollen in diesen 15 Jahren. (Lars) Vielleicht hätte ich das eine oder andere Spiel mal sausen lassen und nicht alles darauf setzen sollen, schnellstmöglich wieder auf den Platz zu kommen. Weil ich vielleicht durch meinen Ehrgeiz, durch meine Liebe zum Spiel in manchen Situationen während Verletzungen schlecht reagiert habe oder in Momenten, in denen ich gemerkt habe, es stimmt etwas nicht, drüber hinweggegangen bin. Und aus diesen Gründen höre ich auch auf. Aber letztendlich bin ich glücklich, wie alles gelaufen ist, auch wenn ein paar schattige Seiten dabei waren. Doch die gehören dazu. Aus denen lernt man auch.

Stephan von Nocks