Die Trennung von Oliver Bierhoff bleibt die einzige große personelle Konsequenz nach dem erneuten WM-Debakel der deutschen Nationalmannschaft: Der DFB geht mit Bundestrainer Hansi Flick in die Heim-EM 2024.
Am Mittwoch trafen sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Hans-Joachim Watzke, DFL-Aufsichtsratsvorsitzender und DFB-Vizepräsident, mit Flick zu einem Krisengespräch. Dieses verließ Flick kommentarlos, es dauerte einige Zeit, bis der DFB sich äußerte.
Als Ergebnis dieses Meetings gab der DFB im Anschluss die Fortführung der Zusammenarbeit mit Flick bekannt: "Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass die Europameisterschaft 2024 im eigenen Land eine große Chance für den Fußball in Deutschland darstellt. Unser Ziel ist es, dieses Turnier sportlich erfolgreich zu gestalten", wird Neuendorf zitiert. "Wir haben volles Vertrauen in Hansi Flick, dass er diese Herausforderung gemeinsam mit seinem Team meistern wird."
Mein Trainerteam und ich blicken optimistisch auf die Europameisterschaft im eigenen Land.
Hansi Flick
Als Wunschlösung angezählt - Flick und die Katar-Lehren
"Mein Trainerteam und ich blicken optimistisch auf die Europameisterschaft im eigenen Land. Wir als Mannschaft können viel mehr erreichen, als wir in Katar gezeigt haben. Wir haben dort eine große Chance verpasst. Daraus werden wir unsere Lehren ziehen. Ich habe Vertrauen in den heute verabredeten, gemeinsamen Weg mit Bernd Neuendorf und Aki Watzke", sagte Flick.
Als er im Mai 2021 als neuer Bundestrainer präsentiert wurde, galt Flick als die große Wunschlösung von Fans und DFB, die das Nationalteam nach den enttäuschenden WM- bzw. EM-Turnieren 2018 und 2021 "zurück an die Weltspitze" führen sollte. Doch nach der herben Enttäuschung bei der WM in Katar war auch Flick nicht mehr unumstritten gewesen. Bei einer kicker-Umfrage mit über 500.000 Teilnehmern hatten sich nur rund 46 Prozent für seinen Verbleib ausgesprochen.
Zwar hatte er als Nachfolger von Joachim Löw, an dessen Seite er 2014 Weltmeister geworden war, zunächst neue Aufbruchsstimmung rund um die Nationalelf erzeugt und mit acht Siegen in seinen ersten acht Länderspielen einen neuen Startrekord aufgestellt. Doch während die WM-Qualifikation damit souverän gelang, verpasste die deutsche Mannschaft andere sportliche Ziele: zunächst "nur" in der Nations League, deren Final-Four-Turnier 2023 erneut ohne deutsche Beteiligung stattfinden wird, dann aber auch bei der WM 2022.
Vor der Heim-EM nur noch wenige Testspiele
Nach dem Aus in der Gruppenphase war auch Kritik an Flick und dessen Personalentscheidungen lautgeworden - insbesondere an seinen Einwechslungen bei der 1:2-Auftaktniederlage gegen Japan und seiner Startelf beim am Ende wertlosen 4:2-Sieg gegen Costa Rica. Außerdem war ihm vorgeworfen worden, die kurze Vorbereitungszeit im Oman nicht optimal genutzt zu haben.
Flick selbst hatte sowohl vor als auch nach dem Costa-Rica-Spiel klargestellt, dass er gerne seinen bis 2024 datierten Vertrag erfüllen würde. Daran hielt er auch nach dem Aus für Bierhoff fest, das Flick öffentlich beklagt hatte. Der Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie sei sein "erster Ansprechpartner und Freund" gewesen.
Bis zur Heim-EM in eineinhalb Jahren bleiben Flick nun nur noch eine Handvoll Testspiele, um eine schlagkräftige Mannschaft zu formieren und sportlich zurück in die Spur zu führen. Seine Bilanz nach 19 Länderspielen liest sich immer noch passabel: elf Siege, sechs Remis, zwei Niederlagen und 52:17 Tore.
Bierhoff-Nachfolge: Erst Strukturen, dann Personal
Im Hinblick auf die Nachfolge von Oliver Bierhoff, der am Montagabend seinen Vertrag beim DFB aufgelöst hatte, kündigte Neuendorf zunächst eine Diskussion über die strukturelle Aufstellung des DFB an: "Hinsichtlich der Nachfolge von Oliver Bierhoff haben wir uns darauf verständigt, zunächst innerhalb des DFB über die künftige Struktur dieses Aufgabenbereichs zu beraten, um anschließend eine Personalentscheidung zu treffen."