Sie sind eine der wenigen Konstanten in der schnelllebigen Fußballwelt: Vereinsnamen. Doch ihre Allgegenwärtigkeit führt auch dazu, dass sie ein Stück unsichtbar geworden sind. Sie sind derart selbstverständlich, dass sich die Frage nach Entstehung und Bedeutung oft nicht mal eingesessenen Fans stellt. Hand aufs Herz: Wissen Sie, warum Ihr Lieblingsverein - abgesehen vom Ortsnamen - heißt, wie er heißt?
Vereinsnamen müssen, so steht es im Handelsgesetz, der sogenannten Namenswahrheit entsprechen - aber sie erzählen noch mehr. Sie verraten nicht nur etwas über den Ort oder die Region. Sie geben Einblick in gesellschaftliche Kontexte. In politische genauso wie in wirtschaftliche, in religiöse und natürlich auch in sportliche. "Der Zeitgeist spielt bei der Namensgebung von Vereinen eine große Rolle", sagt der Philologe Dieter Stellmacher. Er ist einer der wenigen in Deutschland, die sich mit der Genese und Bedeutung von Vereinsnamen auseinandergesetzt haben. Sehr zu seiner eigenen Verwunderung - seien Vereinsnamen doch "aussagekräftige Zeugen für gesellschaftliche Zustände, soziale Identitäten und regionale Bindungen".

Zweimal NRW, zweimal Bayern, einmal Schleswig-Holstein: Ansonsten sind BSGs eine reine Ost-Erscheinung. kicker/Datawrapper
Sie werden sehen, dass sich anhand mancher Namen immer noch eine recht akkurate Ost-West-Grenze ziehen lässt.
Wir wollen Ihnen neben historischen Einordnungen aber auch Muster zeigen, wo auf den ersten Blick keine Muster zu erkennen sind. Da wäre zum Beispiel das Kürzel BSG, das in den meisten Fällen für Ballsportgemeinschaften steht. Auf einer Deutschlandkarte sichtbar gemacht, erkennt man ein deutliches Übergewicht im Osten - ein Erbe des DDR-Fußballs, in dem ein Großteil der Vereine als Betriebssportgemeinschaften, kurz BSG, organisiert waren.
Hier gelangen Sie zur scroll- und zoombaren BSG-Karte.
Regionale Färbungen: das Salz in der Suppe
Bei anderen Begriffen lässt sich eine regionale Verteilung eher erahnen. Bei Ortsbezügen etwa.
Ein Blick in den äußersten Norden und Nordwesten der Republik zeigt: In so engem Rahmen sind die Frisias in Fußball-Deutschland verteilt.

Frisia und die Frieslande - das passt zusammen. kicker/Datawrapper
Aber manchmal erschließt sich eine bestimmte Verteilung auch erst auf den zweiten Blick: Frankonia, der lateinische Begriff für Franken - aber eben auch eine Burschenschaft.
Diese Karten sollen eine erste Anregung sein. Denn auch Sie selbst können nach Mustern suchen. Wo sammeln sich die Borussias? Ballen sich Klubs namens Union eher im Norden oder Süden? Und welche Vereinsnamen kommen in Ihrem Bundesland am häufigsten vor?

FCs - allgegenwärtig im deutschen Fußball. kicker/Datawrapper
Am Ende dieses Textes finden Sie den Link zu einem Tool, in dem Sie sich die Verteilung verschiedener Begriffe auf einer Deutschlandkarte anzeigen lassen können. Insgesamt hatten 16 819 Fußballvereine in der Saison 2020/21 mindestens ein Männer- oder Frauenteam in einer Liga des DFB gemeldet. Sie bilden die Basis für die kicker-Datenbank.
Sie werden merken: Die Landschaft der Fußballvereinsnamen ist weitaus diverser, als ein Blick auf die Tabellen des Spitzenfußballs vermuten lässt. Neben den FCs (siehe vorige Karte) und SVs, den Eintrachts und den Fortunen tummeln sich in den Niederungen des deutschen Fußballs allerhand Kreatives und Kurioses. Gemeinsam haben die 16 819 Vereine am Ende jedoch eines: Unter ihrem Namen wird Fußball gespielt.
Hier geht es zum interaktiven Tool ...

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Zu allen weiteren Teilen der Serie:
Teil 2 - Bayer, Rotkäppchen, RB: Was Klubnamen mit Wirtschaft zu tun haben
Teil 3 - 713 Chancen: Migrationsvereine auf der Deutschlandkarte
Teil 4 - Rot-Weiß vs. Blau-Weiß: Warum Fußball-Deutschland zweigeteilt ist
Teil 5 - Von Titanen, Teutonen und der katholischen Kirche
Teil 6 - FC, SV, SuFF: Die häufigsten und kuriosesten Kürzel