2. Bundesliga

Der Druck auf Schalke wächst: Reis will sich "an die eigene Nase fassen"

Baumgartls Kritik fällt auch auf den Trainer zurück

Der Druck auf Schalke wächst: Reis will sich "an die eigene Nase fassen"

Steht nach der Niederlage auf St. Pauli mitsamt seinem Team unter Druck: Schalke-Trainer Thomas Reis.

Steht nach der Niederlage auf St. Pauli mitsamt seinem Team unter Druck: Schalke-Trainer Thomas Reis. IMAGO/MIS

Die Hoffnung, dass sich nach dem 1:1 in Wiesbaden und dem wilden Comeback-Sieg gegen Magdeburg ein königsblauer Aufwärtstrend entwickeln könnte, ist verpufft. Das 1:3 bei St. Pauli im Zweitliga-Top-Spiel am Samstagabend brachte viele unschöne und altbekannte Seiten der Knappen hervor, sowohl auf als auch neben dem Platz.

Wie schon beim 4:3 gegen Magdeburg verschlief das Team von Thomas Reis die Anfangsphase der Partie komplett und hatte Glück, nach 20 Minuten in Folge eines Handelfmeters, den St. Paulis Marcel Hartel sicher versenkte, nur mit 0:1 zurückzuliegen. Dass S04 in der Folge schnell zurückkam und durch Sebastian Polter aus dem Nichts zum zwischenzeitlichen Ausgleich kam, bedeutete in der Endabrechnung maximal eine Fußnote. Groß war die Wut nach der vierten Saisonniederlage im erst siebten Spiel - auch auf den Rängen. Die Mannschaft erntete Pfiffe, vereinzelte Fans legten sich auch mit den Ordnern und Ordnerinnen an. Nach Angaben des FC St. Pauli wurden mindestens fünf Sicherheitsleute verletzt. Es musste demnach aber niemand ins Krankenhaus. Auch Flaschen auf Polizisten flogen - Festnahmen inklusive.

Zum Spiel

"Ich kann den Frust auf uns verstehen", erklärte ein niedergeschlagener Ron Schalllenberg, der nach seiner abgesessenen Rot-Sperre sein Comeback gegeben hatte, und sprach am "Sky"-Mikrofon von einem enttäuschenden Tag "für uns alle".

Was die Knappen an diesem Samstagabend auf dem Rasen am Millerntor gezeigt hatten, sei "einfach zu wenig" gewesen, erklärte der Mittelfeldspieler, zumal besonders die Defensive Grund zur Sorge bereitete. "Du kannst in der zweiten Liga nicht jedes Mal in Rückstand kommen", so Schallenberg.

Wir sind immer für ein Tor gut, wir dürfen uns nur nicht immer drei fangen.

Timo Baumgartl

Die 15 Gegentreffer, die die Schalker in diesem Jahr bereits kassiert haben, stellen die Defensivprobleme auf beängstigende Weise dar. Einzig Aufsteiger Osnabrück, das sich am vergangenen Wochenende eine 0:7-Klatsche bei Hannover 96 eingefangen hatte, musste mehr Gegentreffer hinnehmen als der Bundesliga-Absteiger. Ein Umstand, der auch Innenverteidiger Timo Baumgartl nicht verborgen blieb.

"Wir sind immer für ein Tor gut, das ist ja nicht das Problem", begann der 27-Jährige. "Wir dürfen uns nur nicht immer drei fangen. Und wenn man im Schnitt über zwei Gegentore kassiert, dann ist das viel zu viel für unsere Ansprüche", so Baumgartl weiter. Die Marke der 15 Gegentore bezeichnete der Sommerneuzugang als "brutal".  Auch er könne die Wut der Fans und des Vereins verstehen - auch wenn sie sich natürlich nicht auf Ordner- oder Polizeikräfte richten sollte. "Wir haben jetzt sieben Punkte aus sieben Spielen, stehen auf Platz 16 (15 zum Zeitpunkt des späten Samstagabends; Anm. d. Red.). Das ist für unsere Ansprüche viel zu wenig", ärgerte sich Baumgartl.

Reis: "Ich weiß nicht, ob einer sagen kann, dass wir 100 Prozent abgerufen haben"

Timo Baumgartl

War bedient nach dem 1:3 am Millerntor: Schalke-Verteidiger Timo Baumgartl. IMAGO/RHR-Foto

Der Druck wächst somit auch auf Trainer Thomas Reis, der seit seiner Amtsübernahme Ende Oktober des vergangenen Jahres lediglich neun Spiele gewinnen und nur 1,13 Punkte im Schnitt einfahren konnte. Zumal auch Baumgartl durchaus Kritik am Matchplan des Trainers durchblicken ließ. "Er gibt uns natürlich einen Plan mit, aber es ist für uns auch ein Stück weit schwer, das so zu sehen und umzusetzen, weil wir immer wieder in diese Situationen reinlaufen", gab der Innenverteidiger zu erkennen. Man sei stetig im Austausch, um gewisse Dinge in der Defensivarbeit zu justieren, führte Baumgartl aus, "aber es kommt immer wieder aufs Gleiche raus in den ersten 30 Minuten".  

Reis selbst wollte die Schuldfrage direkt nach dem Abpfiff nicht kommentieren und ärgerte sich stattdessen über die Gegentore und die verpassten Chancen. "Wenn ich sage, dass die Jungs es nicht so machen, wie ich es möchte, heißt es gleich: 'Dann muss der Trainer gehen'", sagte der 49-Jährige. Die Treffer der Hausherren seien aber schlicht "zu einfach" gewesen, nach dem 1:2 "musst du definitiv das 2:2 machen", so Reis. Weil aber mehrere gute Chancen ausgelassen wurden, steht Schalke wieder "mit leeren Händen da".

Lösungen müssen her auf Schalke, schließlich steht bereits am Freitag (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) das nächste schwere Spiel gegen Paderborn an. Von seinem Plan abrücken möchte Reis aber dennoch nicht ganz. Man habe bereits einen "Switch" vollzogen, erklärte der Übungsleiter der Gelsenkirchener - für den die Partie gegen St. Pauli aber gerade ein Beweis seiner Philosophie war. "Ich denke, man hat es heute wieder gesehen: Wenn wir vorne draufgehen und attackieren, hat es der Gegner schwer. Wenn wir in Passivität verfallen, was wir heute getan haben, bekommst du die Gegentore." Er sei der Erste, um sich "an die eigene Nase" zu fassen und das Spiel zu analysieren, das Gleiche erwarte er aber auch von seinen Spielern: "Ich weiß nicht, ob einer heute sagen kann, dass wir 100 Prozent abgerufen haben."

cfr

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