Junioren

Das Kinder-Kopfball-Konzept: DFB will Veränderungen, aber keine Verbote

Jugendfußball: Neue Strategie entwickelt, damit der Kopfball richtig gelernt werden kann

Das Kinder-Kopfball-Konzept: DFB will Veränderungen, aber keine Verbote

Das Kopfballspiel bei Kindern wird derzeit heiß diskutiert - der DFB möchte keine Verbote, sondern Veränderungen.

Das Kopfballspiel bei Kindern wird derzeit heiß diskutiert - der DFB möchte keine Verbote, sondern Veränderungen. imago images/Emil Umdorf

Das Thema hat in den vergangenen Monaten für viel Wirbel gesorgt. Studien zeigen, dass Kopfbälle?massive Auswirkungen auf das Gehirn?haben und Langzeitschäden verursachen können.

Eine von ihnen fand heraus, dass Fußballprofis im Vergleich zur britischen Gesamtbevölkerung besonders gefährdet sind und?mit einer 3,5-mal höheren Wahrscheinlichkeit an einer Hirnkrankheit?versterben. Das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, erhöht sich sogar um das 4,4-fache. Besonders betroffen sind demnach Innenverteidiger und Torhüter.

Zwei Lager im Lager der Jugendcoaches

Auf den heimischen Sportplätzen gibt es längst zwei Lager: die Old-School-Trainer, die am liebsten das Kopfballpendel noch nutzen und sich so Vorteile im Luftkampf erarbeiten möchten - und die vorsichtigen Coaches, die sensibler mit dem Thema umgehen und Kopfbälle meiden. Der DFB hat sich nun positioniert: "Ein Kopfball-Verbot sehe ich nicht", sagt Tim Meyer, Leiter der Medizinischen Kommission (MK) und Arzt der Nationalmannschaft, "aber Vorsicht ist geboten!" Claus Reinsberger, Professor an der Universität Paderborn und ebenfalls Mitglied der MK, präzisiert: "Verbote auszusprechen wäre gefährlich. Der Kopfball spielt ja weiterhin eine Rolle im Fußball, er verschwindet ja nicht. Es geht daher um das schonende Erlernen des Kopfballspiels."

Ein Kopfball-Verbot sehe ich nicht, aber Vorsicht ist geboten!

Tim Meyer, Leiter der Medizinischen Kommission (MK) und Arzt der Nationalmannschaft

Kopfbälle? "Der Ball bleibt zu 99 Prozent am Boden"

Neue Regeln sollen hierbei helfen. Bei den G-, F- und E-Juniorinnen und -Junioren wird es ab 2024 verbindliche neue Spielformen geben, die in vielen Regionen schon jetzt umgesetzt werden. Da wird dann nicht mehr Sieben gegen Sieben gespielt, sondern "Fußball 2" (Zwei gegen Zwei), "Fußball 3" und "Fußball 5", auf kleineren Feldern mit kleineren Toren. Es gibt keine Einwürfe mehr, stattdessen wird eingedribbelt. Es ist alles viel enger. Der Torwart soll den Ball nicht mehr weit und hoch abschlagen, hohe Flanken sind bei der kleinen Spielfläche ebenfalls kaum sinnvoll. "Der Ball bleibt zu 99 Prozent am Boden", erklärt Markus Hirte, Leiter der DFB-Talentförderung, "viele Kopfbälle werden so vermieden."

Erst Luftballons, dann der fast echte Kopfball ab der D-Jugend

Im Training aber sollen in ganz kleinen Dosen dennoch das Hochspringen und das richtige Treffen des Balles gelernt werden - bei den Jüngsten mit Luftballons oder Schaumstoffbällen. Hirte betont: "Wir müssen den Kopfball schulen, um ihn zu beherrschen." Spätestens ab der D-Jugend, wenn es im Neun gegen Neun aufs Kompaktfeld geht, stehen dann aber doch zwei Innenverteidiger und ein Stürmer auf dem Platz, die Zahl der hoch und weit geschlagenen Bälle und Luftduelle erhöht sich. Hier soll der Kopfball deshalb mit leichteren Bällen trainiert werden, Ultralightbälle zum Beispiel, 290 Gramm schwer.

Erhöhte Aufmerksamkeit bei Kopfschmerzen - Mädchen gefährdeter

In den Trainer-Schulungen will der DFB künftig intensiver auf das Thema eingehen. "Wichtig ist auch, richtig zu handeln, wenn mal was passiert", warnt Ronny Zimmermann, DFB-Vizepräsident Jugendfußball. Er rät den Nachwuchstrainerinnen und -trainern: "Passt auf, wenn ein Kind mal über Kopfschmerzen klagt und lasst es nicht weiterspielen, selbst wenn es der beste Fußballer im Team ist!"

Auch Meyer betont: "Es ist entscheidend, die Symptome nach Kopfschmerzen zu erkennen und dann die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Kopfbälle sind ein Risikofaktor." Vor allem für Mädchen gilt das. "Sie sind noch gefährdeter, Gehirnerschütterungen zu erleiden", erklärt Reinsberger. Zum Glück würden sie generell weniger köpfen.

Bernd Salamon