Zum Abschluss ging Farke noch einmal in die Vollen. Fünf neue Spieler brachte der Coach bei Gladbachs 2:0-Sieg gegen den FC Augsburg am vergangenen Samstag, namentlich Hannes Wolf, Alassane Plea, Patrick Herrmann, Marvin Friedrich und Tony Jantschke. Zum 16. Mal in der Saison schöpfte er damit das Wechselkontingent komplett aus, doch auch das sorgte nicht mehr für einen Sprung nach oben in der Wechseltabelle der Bundesliga.
Farke auf den Spuren von Vorgänger Hütter
Wie schon in der Spielzeit 2021/22, als noch Adi Hütter auf dem Gladbacher Trainerstuhl saß, setzte kein Klub seltener auf frische Kräfte wie die Borussia. Nur 133 Wechsel nahm Farke an den 34 Spieltagen vor, womit die Gladbacher auf Platz 18 hinter dem VfB Stuttgart (140) und Schalke 04 (145) landeten. Immerhin: Farke zeigte sich zumindest wechselfreudiger als sein Vorgänger. Auch unter Hütter war die Borussia Letzter in dieser Statistik, der Österreicher tauschte sogar nur 118-mal.
Wie immer in solchen Fällen bieten solche Statistiken einiges an Interpretationsspielraum. Man kann darin ein Vertrauen des Trainers in die erste Elf erkennen oder zu wenig Mut für Veränderungen. Einfach weniger Handlungsbedarf als anderswo oder eine fehlende Kadertiefe. Alles je nach Sichtweise.
Auch hohe Rückstände änderten kaum etwas
Farke ist ganz gewiss ein Trainer, der seiner Startformation großes Vertrauen entgegenbringt, denn er wechselte im Saisonverlauf nicht nur selten (selbst von Spiel zu Spiel), sondern häufig auch erst sehr spät. Mit der These, dass sich der VfL-Trainer aber auch mehr Kadertiefe gewünscht hätte, zum Beispiel auf der Mittelstürmerposition hinter Marcus Thuram, liegt man trotzdem nicht falsch. Interessant sind die Parallelen bei den katastrophalen Auswärtsauftritten in Bremen (1:5) in der Hinrunde und Dortmund (2:5) am 32. Spieltag: In Bremen stand es schon nach 37 Minuten 4:0 für Werder, trotzdem nahm Farke erst in der 77. Spielminute (!) die ersten Wechsel vor - er wollte, so sagte er, der Mannschaft die Chance geben, sich zu rehabilitieren. In Dortmund reagierte der Coach auf den Untergang, Spielstand zur Pause ebenfalls 4:0, mit auch nur einem Spielertausch zur zweiten Halbzeit: Er brachte für die Umstellung von Vierer- auf Dreierkette Ko Itakura und holte Hannes Wolf vom Platz.
Da geht es mir nicht darum, den Friedensnobelpreis zu gewinnen.
Daniel Farke
"Wenn ich das Gefühl habe, dass ich früh wechseln und viel Input geben muss, dann werde ich das tun. Wenn ich das nicht für zielführend halte, werde ich es nicht tun", sagte Farke Anfang Februar zu seiner Wechselzurückhaltung. "Da geht es mir nicht darum, den Friedensnobelpreis zu gewinnen, jemanden zu beglücken oder auf ein paar Rufe von der Currywurstbude zu reagieren, dass ich mal wechseln soll." Schon damals, nach dem 0:0 gegen Schalke, Diskussionspunkt seiner Personalpolitik: Die Signale, die an die Spieler in der zweiten Reihe ausgesendet werden, das Frustpotenzial bei den Reservisten. Wenn Spieler aus der ersten Elf quasi unantastbar bleiben, trotz schlechter Leistungen oder sogar handfester Formtiefs.
Kein Bundesligist wechselte öfter als Union
So entwickelte sich die Debatte, warum auf der Linksverteidigerposition Zukunftshoffnung und U-21-Nationalspieler Luca Netz keine Chance erhält, obwohl der abwanderungswillige Ramy Bensebaini offensichtlich kriselte, zum Dauerthema in den letzten Saisonwochen. Farke zog sein Ding, trotz der Kritik, durch. Er hielt unter anderem Bensebainis Kopfballstärke, vor allem bei gegnerischen Standards, für wichtig fürs Team, während die Vorzüge von Netz eher im Spiel nach vorne zu finden sind.
Viele Fans hätten sich generell mehr Spielzeit für Borussias Talente gewünscht, speziell in der Phase, als Gladbach im Niemandsland der Tabelle feststeckte. Doch Farke machte Ende März deutlich: Geschenke werden nicht verteilt. "Jeden Bundesligaeinsatz, jede Bundesligaminute muss man sich verdienen", betonte der 46-Jährige. "Ich bin kein Freund davon, jungen Spielern einfach Einsätze zu schenken - dafür bin ich viel zu professionell."
Gladbach also Letzter in der Wechseltabelle - aber wer lag vorne in der abgelaufenen Saison? Das waren Urs Fischer und Union Berlin mit insgesamt 165 Wechseln. Dahinter landeten auf Platz 2 Mainz 05 und der 1. FC Köln (jeweils 160).