Aus Leverkusens Trainingslager in Saalfelden (Österreich) berichtet Stephan von Nocks
Fernando Carro ist nicht dafür bekannt, sich dem diplomatischen Dienst verschreiben zu wollen. Und so sprach der Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen an seinem 59. Geburtstag im österreichischen Saalfelden Klartext zu dem jüngsten Kaufrausch saudischer Klubs, die nach Cristiano Ronaldo inzwischen eine ganze Reihe von (größtenteils) älteren Stars zu zum Teil horrenden Ablösesummen und gigantischen Gehältern verpflichtet haben.
"Ich würde als Sportler nicht da hingehen", erklärte der Spanier, "Meine persönliche Meinung ist: Es ist teilweise wahnsinnig, nicht rational zu verstehen." Carro erkennt in den Aktivitäten aus dem Golf-Staat kein sportliches Interesse. "Die Saudis versuchen über den Fußball, aber auch über andere Sportarten ihr Image aufzupolieren. Ich glaube aber nicht daran. Ich werde es mir nicht anschauen, egal wie viele Spieler da hingehen."
"Es wird nie vergleichbar sein"
Eine dauerhafte Gefahr für den Fußball auf dem europäischen Kontinent sieht Carro aber nicht und sagt: "Die europäischen Ligen haben einen immensen Vorsprung, in so vielen Bereichen - es wird nie vergleichbar sein. Es macht mir deshalb keine großen Sorgen."
Während das aggressive Kaufverhalten des neuen Players ihn nicht bedrückt, wäre ein anderer Umstand für ihn deutlich kritischer zu sehen. "Mir würde die Vergabe der WM nach Saudi-Arabien mehr Sorgen machen", erklärte Carro aufgrund der drastischen Missachtung der Menschenrechte in Saudi-Arabien.
"Keine Mehrheit für eine Abspaltung von der Zweiten Liga"
Zudem äußerte sich der Leverkusener CEO zur Diskussion um eine getrennte Vermarktung von 1. und 2. Liga, die innerhalb der DFL zuletzt für heftige Dissonanzen sorgte. "Ich sehe keine Zerreißprobe", erklärte Carro mit dem Hinweis: "Es gibt keine Mehrheit für eine Abspaltung von der Zweiten Liga. Die Interessen sind allerdings weiterhin sehr unterschiedlich."
Zur neuen Besetzung der DFL-Spitze merkte Carro zumindest an, dass er nicht die komplette Bandbreite abgedeckt sieht. "Es braucht Ruhe und eine funktionierende Geschäftsführung. Die Doppelspitze ist gut, idealerweise wäre noch eine Person mit Kluberfahrung dabei gewesen. Aber ich traue den beiden Geschäftsführern eine gute Arbeit zu, werde sie unterstützen."
Bei der Ausschreibung der TV-Rechte sollten sich aus seiner Sicht "die Einnahmen auf jeden Fall erhöhen, das sollte das Ziel sein." Ein Verteilungskampf sei danach so oder so zu befürchten.