Bundesliga

Bobic: "Die Spieler haben erkannt, dass sie das Problem sind"

Herthas Geschäftsführer über Friedrich, Korkut und die Krise

Bobic: "Die Spieler haben erkannt, dass sie das Problem sind"

Nicht mehr zu dritt: Tayfun Korkut, Fredi Bobic und Arne Friedrich.

Nicht mehr zu dritt: Tayfun Korkut, Fredi Bobic und Arne Friedrich. imago images/Matthias Koch

Die Rückrunden-Bilanz verheerend, die Mannschaft leblos, Trainer Tayfun Korkut angeknockt, Sportdirektor Arne Friedrich seit Montagabend nicht mehr an Bord - mehr Unruhe geht kaum. Während der Trainingseinheit am Dienstagvormittag sprach Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic in einer Medienrunde über ...

... Friedrichs Abgang: "Wir haben uns am Sonntag und Montag lange unterhalten und sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir uns frühzeitiger trennen, was ich auf der einen Seite bedauere, was aber auf der anderen Seite auch die Konsequenz daraus ist, dass schon länger feststeht, dass er aufhören würde zum Saisonende. Er konnte sich nicht mehr so in der Rolle wiederfinden, wie er es möchte - auch durch unsere schwierige Situation bedingt. Wenn du zehn Punkte mehr hast, ist es vielleicht einfacher zu moderieren. Es ist für ihn schwierig gewesen, diesen Einfluss zu haben - auch in der Wahrnehmung gegenüber den Spielern. Dann haben wir gesagt: Komm', lass' es uns früher beenden. Ich werde jetzt mehr die Konzentration und den Fokus auf die Mannschaft haben und werde es mehr auf mich ziehen und noch tiefer reingehen in den Gesprächen mit den Spielern und allen Beteiligten. Ich werde versuchen, vieles auf mich zu konzentrieren und den Druck von den Spielern und den Trainern fernzuhalten. Es war schon im Dezember für uns klar (dass Friedrich nach der Saison geht, d. Red.), im Februar haben wir es kommuniziert. Es war klar, dass wir ihn in vielen Entscheidungen, die die Zukunft von Hertha BSC betreffen, nicht mehr komplett mit reinnehmen können. Das habe ich ihm auch gesagt, und das ist auch normal, wenn einer aufhört."

Ich werde auf mich ziehen, was ich auf mich ziehen kann.

Fredi Bobic

... die Veränderungen für ihn ohne Friedrich: "Ich werde jetzt mehr die Konzentration und den Fokus auf die Mannschaft haben und werde es mehr auf mich ziehen und noch tiefer reingehen in den Gesprächen mit den Spielern und allen Beteiligten. Ich werde versuchen, vieles auf mich zu konzentrieren und den Druck von den Spielern und den Trainern fernzuhalten, damit sie sich komplett auf sich fokussieren. Ich werde auf mich ziehen, was ich auf mich ziehen kann."

Fredi Bobic

"Das hat uns erschrocken": Bobics Ansage an Korkut und die Mannschaft

alle Videos in der Übersicht

... die Frage, ob es in der Trainer-Frage Differenzen zwischen ihm und Friedrich gab: "Das hat nicht die Rolle gespielt. Die Rolle haben ganz andere, interne Sachen gespielt, auf die ich aber öffentlich nicht eingehe."

Ich werde keinen Ausgang suchen.

Fredi Bobic

... die Herausforderung ohne den im Oktober ausgeschiedenen CEO Carsten Schmidt und ohne Friedrich: "Das ist auch für mich belastend, das muss ich klar sagen. Trotzdem bin ich einer, der immer kämpft und versucht, lösungsorientiert zu arbeiten. Es ist viel mehr Arbeit als vorher gedacht. Trotz allem bin ich bereit dafür und habe die Kraft dafür, um alles dareinzusetzen, um Hertha BSC über Wasser zu halten. Es sind viele Probleme, die wir in vielen Bereichen aufarbeiten müssen. Aber der wichtigste Bereich ist gerade der Sport, der Fußball und was auf dem Platz passiert. Ich bin dafür verantwortlich und hergekommen, um all das zu machen. Es war nicht mein Ziel, dass es unheimlich viele Wechsel gibt in der Geschäftsführung oder in anderen Bereichen. Wir haben einiges verändert, das ist richtig. Aber dass wir eine Situation in der Form haben würden, habe ich auch nicht gedacht. Ich könnte es mir gefühlt manchmal auch einfacher machen, aber das will ich nicht. Ich muss es annehmen. Wenn's sportlich gut läuft, hast du sorgenfreiere Tage. Aber wenn's schlecht läuft, musst du dich auch zeigen und deinen Mann stehen und auch viel Kritik ertragen. Das gehört dazu. Deswegen werde ich immer zur Verfügung stehen und vorangehen und kämpfen - so schwer die Situation auch ist. Ich werde keinen Ausgang suchen. Wir werden nicht jammern. Aber klar ist auch: Mit so einer Rückrunde hat keiner gerechnet."

Den Zauberer auf Knopfdruck gibt es nicht.

Bobic über Korkut

... die Position von Tayfun Korkut und dessen Verbleib: "Die Entscheidung haben wir alle zusammen getroffen. Das Tischtuch ist nicht zerschnitten, das Erreichen (der Spieler, d. Red.) und die Überzeugung sind auf jeden Fall noch da. Ich habe das komplette Vertrauen bei ihm. Nur: Das muss gemeinsam erfolgen. Den Zauberer auf Knopfdruck gibt es nicht. Es ist klar: Die Tabellensituation ist jedem bewusst und sehr gefährlich. Der Trainer und die Spieler wissen, dass wir am Wochenende punkten müssen. Das ist unausweichlich. Sie arbeiten und müssen in dieser Woche eine Wagenburg-Mentalität hinbekommen."

... sein Gespräch mit der Mannschaft am Sonntag: "Wir haben lösungsorientiert gearbeitet in unserem Dialog. Die Spieler haben erkannt, dass sie das Problem sind, dass sie mit anpacken und ehrlich zu sich selbst sein müssen. Dementsprechend werden wir die Maßnahmen verschärfen in Richtung Mannschaft. Die Spieler müssen verstehen, dass sie liefern müssen. Sie müssen sich offen und ehrlich miteinander austauschen und sich gegenseitig auch mal verbal weh tun, um die Gruppe zu stärken. Sie müssen den Konflikt miteinander suchen, um ehrlicher und klarer zu sein. Das sind gruppendynamische Effekte, die ich selbst schon als Spieler in großen Mannschaften erlebt habe. Du musst dich zusammenraufen für die Situation und alles abseits des Fußballs ausblenden. Es muss eine Mannschaft werden, so schnell wie möglich. Das sind wir gerade nicht, und das haben sie erkannt. Aktuell hat jeder ein bisschen sein eigenes Päckchen zu schleppen. Sie müssen es schaffen, sich gegenseitig zu stützen. Sie müssen sich selber miteinander beschäftigen. Das werden wir fördern und weiter intensivieren. Der Samstag (das 1:4 gegen Frankfurt, d. Red.) hat uns alle erschrocken: nicht die Niederlage, sondern die Art und Weise. Die Dinge wurden klar besprochen. Das haben wir in den Wochen davor auch an der einen oder anderen Stelle gemacht, aber sie haben es da nicht tausendprozentig verstanden. Das Gefühl nach dem Gespräch mit ihnen am Sonntag war, dass sie es verstanden haben. Wir arbeiten nicht mit Maschinen, sondern mit Menschen. Die musst du dahin zurückbringen, dass sie wieder miteinander daran glauben und dieses Selbstvertrauen zurückgewinnen. Und das ist ein harter Prozess. Aber diesen Prozess bin ich in meiner Karriere - ob als Spieler oder Funktionär - schon oft gegangen."

... das Gladbach-Spiel am Samstag: "Wir spielen gegen einen Gegner, der ähnliche Probleme hat und ein paar Punkte mehr, aber auch nicht viel mehr. Das ist nochmal die große Chance. Das ist das Schöne am Sport: Du kannst dir innerhalb von einem Spiel das Selbstvertrauen zurückholen. Wir haben noch neun Spiele vor der Brust, jedes Spiel ist ein gefühltes Endspiel. Es liegt noch in unserer Hand, wir können es noch selbst bestimmen. Aber dafür musst du alles tun. Es wird vielleicht auch wieder Rückschläge geben, aber wir müssen schauen, dass wir jetzt am Wochenende ein Zeichen setzen, heißt: Punkte zu holen - egal, wie es aussieht. Das ist für die Jungs auch nochmal ein Charaktertest."

Wenn einer nicht mitzieht, werden wir auf den verzichten - egal, welchen Namen und welche Reputation er hat.

Fredi Bobic

... den Spielstil der kommenden Wochen: "Wir werden versuchen, noch einfacher Fußball zu spielen und damit die Fehler zu minimieren. Unser großes Problem sind die individuellen Fehlerketten. Die sind manchmal schwer wegzutrainieren, das fängt bei jedem persönlich an. Wir müssen kompakter werden. Es wird nicht funktionieren, wenn du so viele Tore bekommst. Du musst schauen, dass du den Laden schließt. Das bedeutet, dass man dann zu den ganz einfachen Dingen zurückgeht. Ich bin komplett bei dieser Idee. Wir wollten auch gegen Frankfurt einfacher spielen. Aber die Fehlerkette war zu groß, die Jungs haben sich gegenseitig angesteckt. Das kannst du dann fast nicht mehr korrigieren. Wir müssen die einfachen Dinge richtig machen, das haben wir zuletzt nicht."

... eine mögliche Verkleinerung der Trainingsgruppe: "Es müssen alle mitziehen. Wenn einer nicht mitzieht, werden wir auf den verzichten - egal, welchen Namen und welche Reputation er hat. Aber erstmal sind jetzt alle gefordert und haben die Möglichkeit, den Bock umzustoßen - und zwar miteinander. Wer das Miteinander nicht mitgeht, wird das Problem haben, dass er dann nicht mehr in der Gruppe dabei ist."

... die Möglichkeit, Spieler aus der russischen Liga nachzuverpflichten: "Gestern Abend, als die FIFA das rausgegeben hat, war mein Handy schon ein bisschen lauter. Jetzt ist eine große Aufregung. Viele werden Spieler angeboten bekommen. Wir werden uns das anschauen und prüfen, ob da was dabei ist, wo man sagt: Man nutzt ein neues Transferfenster, das es plötzlich gibt - da geht es vor allem um ausländische Spieler, die in Russland spielen."

Steffen Rohr