Um ein Haar wäre die Rückkehr von Pellegrino Matarazzo nach Stuttgart in hochgradigen Stress ausgeartet. Doch gerade noch rechtzeitig vor dem Duell mit dem Ex-Klub, den der 45-Jährig noch bis vergangenen Oktober trainiert hatte, vollzog seine ebenfalls gefährdete TSG mit dem 4:2-Sieg gegen Union Berlin den entscheidenden Schritt zum Klassenerhalt. Deswegen spürt Matarazzo "positive Anspannung" und unbelastete Vorfreude, "Menschen zu sehen, mit denen ich lange Zeit sehr intensiv gearbeitet habe", so der Rückkehrer, "in drei Jahren VfB erlebt man sehr viel, das verbindet auch Menschen."
Nun macht der US-Amerikaner auch gar keinen Hehl daraus, auch dem VfB den Klassenerhalt zu wünschen. Zudem vermittelten seine Hoffenheimer zuletzt den Eindruck, nur dann wirklich alles abzurufen, wenn es gar nicht mehr anders ging, jetzt aber geht es für die TSG nicht mehr ums sportliche Überleben. Die direkten Stuttgarter Konkurrenten aus Schalke, Bochum und Augsburg mögen beides als beunruhigende Vorzeichen deuten. Dem widerspricht Matarazzo vehement und nimmt seine Truppe in die Pflicht.
"Wir haben viele, viele Gründe, um zu performen, es gibt keinen einzigen Grund, warum wir nicht Vollgas geben. Das ist Fakt. Wenn einer das Gefühl hat, dass wir nicht auf dem Platz stehen, um etwas zu holen, dann hat er etwas nicht richtig verstanden", versichert Matarazzo und bemüht eine Episode aus dem Training, "wir haben am Mittwoch im Training ein Turnier gespielt, oft spielen wir um einige Euro für die Mannschaftskasse oder eine Spende oder um ein Essen. Diesmal haben wir um nichts gespielt. Um nichts. Und trotzdem waren Energie, Fokus und Freude top. Weil jeder gewinnen will. Wir sind Wettkämpfer und lieben den Wettbewerb."
Auch wenn das bedeuten könnte, die Stuttgarter wieder in die 2. Liga zu schicken, aus der sie Matarazzo wieder zurück in die Bundesliga gehievt hatte. "Wir haben noch etwas vor und wollen die Saison positiv beenden, deshalb freue ich mich auch auf unsere Leistung. Bis jetzt macht das die Mannschaft hervorragend im Training, die Freude zu spüren und gleichzeitig den nötigen Fokus zu haben, um Leistung abzurufen", so Matarazzo, "mein erster Fokus ist, dass wir das Spiel gewinnen, auch nach einem möglichen Sieg von uns hat der VfB immer noch die Chance, die Liga zu halten, das wünsche ich mir natürlich auch."
Neben Stammkraft Kabak: Zwei zusätzliche ehemalige Stuttgarter könnten Hoffenheimer Hauptrollen übernehmen
Möglicherweise werden dieses Mal neben Stammkraft Ozan Kabak ausgerechnet zwei weitere Ex-Stuttgarter Hoffenheimer Hauptrollen übernehmen. Denn mit Kevin Akpoguma (Oberschenkelprobleme) und Dennis Geiger (Rückenprobleme) muss die TSG zwei Stammkräfte ersetzen. "Dennis Geiger hat Rückenprobleme, die ausstrahlen bis in die unteren Extremitäten, deswegen ist er sehr fraglich für das Spiel, die Chancen sind sehr gering", so Matarazzo, "und Kevin Akpoguma wird auch ausfallen." Geiger wurde zuletzt stets von Sebastian Rudy abgelöst. Der 33-Jährige war einst in der Stuttgarter Jugend ausgebildet und beim VfB zum Jungprofi geworden, ehe er sich vor 13 Jahren nach Hoffenheim verabschiedete. Dorthin kehrte der Routinier auch immer wieder zurück nach Abstechern zum FC Bayern München und zum FC Schalke 04.
Und für Akpoguma könnte Ermin Bicakcic wieder in der Startelf stehen. Erstmals seit seinem Kreuzbandriss im September 2020. Der ebenfalls 33 Jahre alte Haudegen hatte einst drei Jahre im VfB-Trikot gespielt (2009 bis 2012), sich aber nach nur sechs Pflichtspielen für die Profimannschaft Richtung Braunschweig verändert. Bei der TSG hatte sich "Eisen-Ermin" nach der zweijährigen Zwangspause hartnäckig immer näher an die Mannschaft zurückgekämpft und bei acht Einwechslungen in diesem Kalenderjahr durchaus seinen Beitrag zum Klassenerhalt geleistet.
"Ermin zeigt weiter einen enormen Wert für eine Mannschaft, die defensive Intelligenz, Schärfe und die Fähigkeit, Führungen über die Bühne zu bringen, bringt er einfach mit. Er ist auch ein toller Typ in der Kabine, das bindet viele Spieler. Ich bin sehr dankbar, ihn im Team zu haben", erklärt Matarazzo, der aber mit Stanley Nsoki wieder eine weitere Alterative zur Verfügung hat, "natürlich ist Stanley wieder frei, ich habe ihn auch auf einem guten Weg gesehen vor der Rotsperre. Er ist sicher eine Option, aber auch Ermin, weil er es immer gut gemacht hat, wenn er gespielt hat."
TSG muss sich der erhöhten Aufmerksamkeit aus anderen Stadien und Städten bewusst sein
Auch auf der Sechs könnte Hoffenheim variieren, so bieten sich etwa der junge Umut Tohumcu an, auch Angelo Stiller kann diese Position spielen. Der Ex-Münchner trifft im Übrigen auf seinen Förderer Sebastian Hoeneß, dem er von den Bayern Richtung Hoffenheim gefolgt war.
Wer auch immer für die TSG auf dem Platz stehen wird, am Samstag in Stuttgart muss sich der erhöhten Aufmerksamkeit auch aus anderen Stadien und Städten bewusst sein.