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Berlin: Wie zwei Teams ein 3:9 erfanden

Ein Platzwart mit Sportsgeist

Berlin: Wie zwei Teams ein 3:9 erfanden

Auf der Anzeigentafel stand das 3:9 nie - in der offiziellen Meldung aber war davon zu lesen.

Auf der Anzeigentafel stand das 3:9 nie - in der offiziellen Meldung aber war davon zu lesen. imago images/Norbert Schmidt

Mitte August: In der Berliner Kreisliga C Staffel 3 reist die dritte Mannschaft von Sperber Neukölln zur zweiten Mannschaft des BSC Reinickendorf. Es ist der erste Spieltag der Saison, der erste Spieltag nach langer Corona-Pause - eigentlich ein Termin, zu dem man im Amateurfußball hochmotivierte Mannschaften erwarten könnte. Am Ende des Tages konnte man auf den offiziellen Verbands-Plattformen lesen, wie es lief zwischen den beiden Teams: Ein deutlicher 9:3-Gästesieg wurde da vermeldet, auch die Torschützen waren sauber und ordentlich eingetragen.

Das Problem: Es gab keinen Pfiff, es rollte kein Ball, es fiel kein Tor. Die Partie fand nie statt, entsprang lediglich der Phantasie beider Trainer, die gemeinsam den Spielbericht auf DFBnet ausfüllten. Der Grund war offenbar: Die Heimmannschaft des BSC Reinickendorf konnte keine elf Mann stellen. Und anstatt eine Spielabsage aus Spielermangel zu melden - das ist dreimal in der Saison bei 30 Euro Strafe möglich - habe man sich auf ein 3:9 geeinigt.

Doch warum gerade ein solches Ergebnis? "Früher hatte eine solche Absage eine 0:6-Wertung für das absagende Team zur Folge, erst vor zwei Jahren ist ein 0:2 daraus geworden", erklärt Dennis Dietel, Vorsitzender des Berliner Sportgerichts, auf kicker-Nachfrage. "Vermutlich hatten die Teams die alte Regel im Kopf und haben sich dann ein entsprechendes Ergebnis ausgedacht."

Und der eingeteilte Schiedsrichter? Der sei auch beteiligt gewesen an der Aktion, so Dietel: "Es war ein junger Mann, der sich breitschlagen hat lassen. Er hat sich schon auf dem Nachhauseweg geärgert, hat überlegt, ob er es melden soll. Aber er hat den beiden Trainern sein Versprechen gegeben." Für den Unparteiischen hat das Phantomspiel wohl Konsequenzen, die Disziplinarkommission des Schiedsrichterausschusses wird sich mit dem Fall befassen.

Geldstrafen und Sperren

Die Vereine selbst haben ihr Urteil übrigens schon erhalten: 1000 Euro Geldstrafe für den einen, 600 für den anderen Klub, zudem wurden die jeweiligen Trainer für ein Jahr - teils auf Bewährung - gesperrt. "Da wurde schon gewichtet, es gab eine höhere Strafe für den Verein, der keine Mannschaft stellen konnte", erklärt Dietel. Auf die Schliche kam der Verband der Trickserei übrigens durch den Platzwart des Heimvereins. Der Mitarbeiter des Bezirksamts hatte sich bei der Lektüre der Fußball-Woche - einem Berliner Printmagazin für den lokalen Amateurfußball - über das Endergebnis gewundert und sich daraufhin an den Berliner Fußball-Verband (bfv) gewandt.

Für Sportrichter Dietel ist ein solches Phantomspiel nicht außergewöhnlich: "Das kommt zwar nicht extrem häufig vor, aber ich bin seit rund 13 Jahren in dieser Funktion und höre einen solchen Fall nicht das erste Mal." Die zweite Mannschaft des BSC Reinickendorf übrigens wurde nur wenige Tage nach dem Nichtantritt abgemeldet.

Jan Mauer