Am Millerntor war der FC St. Pauli sowieso eine Macht, nun klappt's auch auf des Gegners Platz. Makellosen zwölf Punkten bei 12:3 Toren aus vier Heimspielen stand nur ein Zähler bei 1:4 Toren aus drei Auswärtsauftritten gegenüber. Bis zum Auftritt im Wildpark. Der 3:1-Erfolg beim Karlsruher SC brach den Auswärtsfluch und war der erste Sieg der Hanseaten in der Fremde nach 168 Tagen. Und hievte das Team von Trainer Timo Schultz auf Rang zwei.
Eichner: "St. Pauli war männlicher als wir"
Das Bemühen des St. Pauli-Cheftrainers, den Ball flach zu halten, um nicht als Aufstiegskandidat gehandelt zu werden, wurde ausgerechnet von seinem KSC-Pendant torpediert. Schultz’ Bremsversuch, es sei ja erst der 8. Spieltag absolviert, folgte eine Bestandsaufnahme von Karlsruhes Christian Eichner, die ein Trainer über seine eigene Mannschaft öffentlich nur ungern macht und hört. "St. Pauli hat die ganze Qualität und Reife auf den Platz gebracht, zudem waren sie männlicher als wir. Es ist ersichtlich, weshalb diese Mannschaft ganz oben steht."
Der Auftritt in Baden war das Gastspiel des Zweitliga-Ersten des Kalenderjahres 2021 mit nun 55 Zählern beim Zweiten, und Eichner findet: "St. Pauli ist nicht umsonst Jahrgangsbester."
Schultz: "Mir hat die Art und Weise, wie wir gespielt haben, sehr gefallen"
Das Team vom Millerntor war dominant, spielfreudig - und der Umstand, dass ein gegnerischer Torwartpatzer sowie ein Elfmeter die wegweisenden ersten Treffer begünstigten, schmälert den vor allem im ersten Durchgang überaus starken Vortrag keineswegs. Selbst der eigene Coach bremst an dieser Stelle nicht. "Mir hat die Art und Weise, wie wir gespielt haben, sehr gefallen", sagt Schultz.
Hartel bleibt noch unter seinen Möglichkeiten
Jene "Art und Weise" basiert auf einer stabilen Deckung und einer funktionierenden Offensive, die sogar verkraften kann, dass Top-Transfer Marcel Hartel halblinks in der Raute noch unter seinen Möglichkeiten bleibt. Der Neuling aus Bielefeld ist noch ohne Torbeteiligung, war mit einem technischen Fehler am Gegentor beteiligt und ist insgesamt noch zu selten ein Faktor. Dafür funktionieren um ihn herum alle, ganz gleich in welcher personellen Besetzung: Halbrechts fügte sich Jackson Irvine aufgrund von Finn Ole Beckers muskulären Problemen wirkungsvoll ein, in der Spitze bekam Maximilian Dittgen zum zweiten Mal den Vorzug vor Simon Makienok und erzielte nach seinem Treffer gegen Ingolstadt am Samstag ein "halbes" Tor.
Gesetzt sind lediglich Angreifer Guido Burgstaller - als Torschütze, direkter Vorbereiter und Wegbereiter an allen drei Treffern beteiligt - und Spielmacher Daniel-Kofi Kyereh. Beide sammelten in Karlsruhe erneut zwei Scorerpunkte, stehen nun bei acht, und Kyereh legte bei Sky auch die Zurückhaltung ab bei der Frage, ob St. Pauli den Aufstiegsplatz bis zum Saisonende halten könne. Er findet: "Durchaus."
Am Sonntag können Kyereh und Co. den nächsten Schritt machen. Dann empfängt der FC St. Pauli Dynamo Dresden (13.30 Uhr, LIVE! bei kicker), peilt den fünften Heimsieg in Serie an und kann günstigstenfalls sogar an die Tabellenspitze springen.