Amateure

ProSoc-Chef Korst über die Spielervermittlung an US-Colleges

Über den Teich: Abenteuer College-Soccer

Agenturchef Korst über den College-Weg: "Manche spielen um ihre zweite Chance"

Sebastian Korst (links) kickte einst gemeinsam mit Kevin Kurányi und Thomas Hitzlsperger in den U-Nationalmannschaften Deutschlands. Heute betreibt er die Agentur ProSoc, die sich unter anderem um die Vermittlung deutscher Talente an US-Colleges kümmert.

Sebastian Korst (links) kickte einst gemeinsam mit Kevin Kurányi und Thomas Hitzlsperger in den U-Nationalmannschaften Deutschlands. Heute betreibt er die Agentur ProSoc, die sich unter anderem um die Vermittlung deutscher Talente an US-Colleges kümmert. ProSoc

Herr Korst, wer meldet sich bei Ihrer Agentur? 

Das ist wirklich breit gefächert. Man kann nicht sagen, dass das alles junge, USA-affine Menschen sind - es sind viele dabei, die einfach Fußball und Studium kombinieren wollen. Da sind die USA und Kanada nun mal die besten Länder dafür. Und auch, dass viele um ihre zweite Chance auf Profifußball spielen, stimmt - und das ist auch nicht unrealistisch. Man muss diesen Wunsch als Agentur eben wissen, entsprechend wählt man die Unis aus. Da gibt es einfach sehr unterschiedliche Leistungsniveaus.

Wie viele Spieler/innen vermitteln Sie im Schnitt pro Jahrgang.

Etwa 20. Mehr nehmen wir auch nicht in unseren Pool auf, um eine individuelle Betreuung gewährleisten zu können. Die Regel ist, dass man zum Wintersemester - also im August - rübergeht. Aber auch zum Sommersemester ist das möglich.

Und welches Niveau muss ein Spieler oder eine Spielerin mitbringen?

Bei den Mädels ab U-17-Bundesliga beziehungsweise Frauen-Regionalliga, bei den Jungs etwa ab U-19-Regionalliga. Wir haben aber auch schon Spieler aus der U-19-Verbandsliga vermittelt. Die Möglichkeit auf eine Chanceneinschätzung bekommt bei uns jeder, wir würden nur niemanden nehmen, bei dem wir keine reelle Chance sehen.

Sie sprechen Kandidaten ja auch direkt an - wie ist da die Verteilung in einem Jahrgang?

In etwa 60 Prozent kommen auf uns zu, 40 Prozent rekrutieren wir selbst.

In welchem Alter fängt es an?

Die Mädels sind in ihren persönlichen Plänen häufig früher dran, da geht es mit 16 Jahren los. Im besten Fall geht man dann direkt nach dem Abi, so mit 18 Jahren, rüber. Aber das ist natürlich fordernd: Man muss für die Abiturprüfungen lernen, gleichzeitig aber auch um die Sprachtests kümmern und generell den ganzen 'Apparat USA' vorantreiben. Im Idealfall befinden sich die Spieler/innen ein bis zwei Jahre vor ihrem Abschluss in unserem Pool - einen zu frühen Zeitpunkt gibt es nicht.

Und wann ist man zu alt?

Grundsätzlich schauen wir erstmal auf die persönliche Situation der einzelnen Spieler, die weniger vom Alter abhängt, sondern vom Zeitraum  des Schulabschlusses. Ein 'Gap-Year' (ein Jahr Auszeit) ist möglich, danach muss man sich aber in einem amerikanischen College einschreiben, um die Chance auf ein Studium zu wahren. Es können auch Spieler als "Transferstudenten" in die USA gehen, da zählen diejenigen dazu, die bereits in Deutschland an einer Universität eingeschrieben sind. Auch ein Master ist in den USA nach einem Bachelor in Deutschland möglich.

Inwieweit kann man sich aussuchen, wo man hinmöchte?

Es gibt natürlich ein Mitspracherecht: Wenn ein Spieler sagt, dass er in die Großstadt möchte, dann würden wir keine Universität auf dem Land kontaktieren. Und dann sehen wir, wie die Resonanz ist: Kriegen wir in Sachen Leistungsniveau, finanzieller Rahmen etc. ein Paket zusammen, das passt? Die finale Entscheidung trifft immer der Spieler mit seiner Familie. Wir stehen beratend zur Seite und sprechen unsere Empfehlungen aus.

Gibt es Colleges, die einen besonders guten Ruf haben? Wo alle hinwollen?

Klar. Bei den Jungs ist es Santa Barbara, bei den Mädchen Stanford.

Klingt teuer. Wer kann denn damit rechnen, dass ihm alle Kosten übernommen werden? 

Bei diesem so genannten 'Full Ride', also ein Vollstipendium, geht es um eine Summe zwischen 200.000 und 300.000 Dollar bis zum Abschluss. Bei den Mädels können wir in jedem Jahrgang einige damit versorgen. Bei den Jungs ist es eher die Ausnahme als die Regel, die meisten von ihnen müssen mit einer Selbstbeteiligung zwischen 8.000 und 12.000 Dollar im Jahr rechnen - also in etwas das, was auch ein Studium hier in Deutschland mit allem Drum und Dran kostet. Generell gibt es drei Säulen: Studiengebühren, Unterbringung, Verpflegung - je nach Stipendium ist das eine dabei, das andere nicht. Man muss genau hinsehen und auch mal nachverhandeln.

Wenn man mit Sportlern punkten kann, ist das für Colleges die beste Werbung.

Sebastian Korst

Was haben die Colleges eigentlich davon? Warum investieren sie so viel Mittel in Stipendien für talentierte Sportler?

Reputation. Der College-Sport ist eine Multimilliarden-Dollar-Industrie und untrennbar mit dem Branding und dem Ruf der Schule verbunden. Ein erfolgreiches Sportteam sorgt einfach für eine sehr positive Außendarstellung im Wettbewerb, der unter den Hochschulen herrscht. Wenn man punkten kann mit Sportlern, die im Anschluss professionell spielen, ist das für die Colleges die beste Werbung.

Wer bezahlt Sie eigentlich für Ihre Arbeit? Die Unis?

Nein, die dürften dafür gar kein Geld ausgeben. Wir schließen Verträge mit den Spielern - beziehungsweise deren Eltern. Dafür nehmen wir aber nur eine kleine Anzahlung. Die eigentliche Vermittlungsgebühr wird erst nach erfolgreichem Abschluss fällig. Wir lassen uns somit am Vermittlungserfolg messen.

Faktor Ausbildung - das wird da schon ernst genommen, oder? Man hört ja durchaus gerade aus dem Football- und Basketball-Bereich, das es den College-Stars dort mit dem Akademischen schon sehr leichtgemacht wird...

Damit haben wir keine persönlichen Erfahrungen gemacht. Generell ist das erste Jahr fast überall eine Art Auffrischung, da wird einem das Ankommen schon leicht gemacht. Danach aber zieht es an, da muss man mit dabei sein und bleiben. Aber wenn wir die Leistungsstände vergleichen: Unsere deutschen Spieler haben schon immer ein recht guten Schnitt, es sind wenige dabei, die schlechte Noten haben oder durchfallen.

Das akademische Niveau ist also niedriger?

Man muss auch festhalten, dass die Studenten dort viel mehr Hilfestellung erhalten. Und, was auch interessant ist: Der Trainer werden auch an den Noten der Spieler gemessen. Das heißt: Wenn eine Mannschaft vom Notenschnitt sehr gut ist, bekommt er wieder mehr Fördergelder. Er ist also auch daran interessiert, dass die Spieler das Schulische nicht schleifen lassen. Da gibt es schon auch mal Strafen bei schlechten Noten und man spielt nicht mehr. Zudem haben Spieler durch gute akademische Werte die Möglichkeit, ihr Stipendium in den Folgejahren zu erhöhen.

Wie kann man sich den Fußball vorstellen, der dort gespielt wird?

Sehr athletisch, schnell und technisch. Das Taktische wird aus deutscher Sicht etwas vernachlässigt. Aber generell ist es so, dass die Spieler und Spielerinnen an den Colleges körperlich ziemlich gefordert werden. In der Saisonvorbereitung wird teilweise zweimal am Tag trainiert.

Wird am Ende jeder Spieler, jede Spielerin Ihrer Agentur vermittelt?

Ja, das ist in der Regel schon so. Zwischen drei und fünf Angebote bei den Jungs sind es im Schnitt. Bei den Mädchen können es auch deutlich mehr sein, da ist die Konkurrenz einfach nicht so groß. Es ist schon auch so, dass wir uns als Premium-Agentur verstehen. Wir wählen die Spieler, die in unseren Pool kommen, genau aus, haben ein umfassendes Netzwerk und einen Partnervertrag mit dem US-Verband. Die Coaches vertrauen auf unsere persönliche Empfehlung.

Habt Ihr Aushängeschilder - Spieler, die es "geschafft" haben?

Der bekannteste Name ist sicher Laura Freigang, wobei sie schon damals, als wir sie an die Pennsylvania State vermittelt haben, Nationalspielerin war. Sie hat sich damals trotz Angebote aus der Frauen-Bundesliga für die USA entschieden und ist zu Lehrgängen immer wieder nach Deutschland gereist. Bei den Jungs hatten wir noch keinen, der in der MLS gelandet ist. Paul Hoffmeister war mal für den Draft nominiert, wurde da aber nicht ausgewählt. Aber viele unserer Spieler/innen wurden in ihren Universitäten und Ligen geehrt und ausgezeichnet.

Jan Mauer

Thema