Eigentlich müsste der Fall längst klar sein, schließlich blieb genügend Zeit, um die Qualitäten des Cheftrainers abschließend beurteilen zu können. Uwe Rösler übernahm anstelle von Friedhelm Funkel im Januar 2020 bei der Fortuna, und in nun 14 Monaten dürfen sich die Verantwortlichen ein Bild gemacht haben über die Arbeitsweise des Trainers.
Offiziell ist aber noch nicht verkündet, wie es nach dem Saisonende weitergeht. Warum eigentlich? Der Fall ist in der Tat etwas diffizil zu beurteilen. Folgt man den in den vielfältigen Foren geäußerten Meinungen, dann scheint unter den Fans die Zahl derer zu überwiegen, die Rösler nicht zutrauen, mit Fortuna etwas Großes zu erreichen. Zum Beispiel die Rückkehr in die Bundesliga.
Was passiert auf der Zielgeraden der Saison?
Ganz so einfach machen es sich die Verantwortlichen des Tabellensechsten nicht, und das ist durchaus nachvollziehbar. Offensichtlich wollen die Entscheidungsträger noch die Entwicklung auf der Zielgeraden der Saison abwarten, um abschließend zu urteilen.
Dabei scheint die Lage klar. In Röslers Anfangszeit, noch in der Bundesliga, verbesserte sich Fortuna zunächst, verpasste aber den durchaus möglichen Relegationsplatz 16 durch viel zu viele Unentschieden trotz überlegener Spielweise sowie zwei grandios schlechte Vorstellungen an den beiden letzten Spieltagen. Zu seiner Amtszeit gehören auch zwei peinliche Niederlagen gegen Viertligisten im Pokal, erst gegen Saarbrücken, dann gegen Rot-Weiss Essen.
In der Bilanz der aktuellen Saison fehlt zum Beispiel ein Erfolgserlebnis gegen einen Top-Vier-Klub der Liga; zuletzt ließen die Fortunen auch noch Federn gegen vermeintlich leichtere Gegner, Würzburg, Regensburg und Sandhausen. In der neuen Saison Aufbruchstimmung zu erzeugen, das trauen offensichtlich viele Fans dem Trainer nicht zu.
Riesengroßer Umbruch nach dem Abstieg
Dennoch muss man Rösler etwa zugute halten, dass sich die Situation nach dem Abstieg nicht sonderlich positiv darstellte. Er musste einen riesengroßen Umbruch nach 19 Abgängen bewältigen, bekam zum Teil seine Wunschspieler nicht, zum Beispiel für das kreative Mittelfeld. Dass Fortunas Vortrag unter anderem daran krankt, auf den Außenpositionen nicht über wirksame Kräfte zu verfügen, ist auch nur zum Teil dem Trainer anzulasten.
Appelkamp und Danso entwickeln sich prächtig
Positiv anzumerken übrigens, dass sich zum Beispiel zwei junge Leute unter Rösler prächtig entwickeln, Eigengewächs Shinta Appelkamp sowie Kevin Danso. Bleibt nur die Frage, welchen Anteil Rösler an diesem Trend besitzt, vielleicht bringen beide ja auch so viel Potenzial mit, dass sie sich ohnehin positiv entwickelt hätten.
Wie dem auch sei: Schon öfter war Fortuna praktisch abgeschrieben, mit einer sehr erfolgreichen englischen Woche aber könnte tatsächlich doch noch der Anschluss an die Aufstiegsplätze gelingen. Auch davon dürfte abhängen, zu welcher Einschätzung Fortunas Verantwortliche letztlich kommen.
Fortuna nimmt Eindrücke der entscheidenden Saisonphase noch mit
"Wir werden uns in der Trainerfrage nicht treiben lassen", so Klaus Allofs. "Wir gehen jetzt in die entscheidende Phase der Saison. Diese Eindrücke wollen wir noch mitnehmen. So ist es mit Uwe Rösler einvernehmlich besprochen."
Gibt es also nach eineinhalb Jahren doch noch einen Nachschlag für Rösler bei der Fortuna? Seine Zeit zuletzt in Malmö endete nach 18 Monaten auf seinen Wunsch, seine erste Trainerstation hierzulande empfand und empfindet der Weitgereiste nach seinen Worten als faszinierend, "auch wegen der taktisch hohen Anforderungen". Zudem genießt er den "vertrauensvollen Umgang" mit den Vorgesetzten Allofs und Sport-Vorstand Uwe Klein.
Abgang oder Aufbruch in der neuen Saison also? "Sie wollen Zeit haben für ihre Analyse, das ist für mich völlig in Ordnung", beteuert der 52-Jährige. Bei aller gegenseitigen Wertschätzung käme es jedoch reichlich überraschend, würde der Vertrag mit Rösler verlängert.