Handball

"Mein Alter gibt mir keine Sonderrechte": Sigurdsson hinterlässt tiefe Spuren

Isländer hört nach 25 Jahren Profi-Handball auf

"Mein Alter gibt mir keine Sonderrechte": Sigurdsson hinterlässt tiefe Spuren

Ein Vierteljahrhundert im Profi-Handball: Gudjon Valur Sigurdsson, hier im Dress der Rhein-Neckar Löwen.

Ein Vierteljahrhundert im Profi-Handball: Gudjon Valur Sigurdsson, hier im Dress der Rhein-Neckar Löwen. picture-alliance

Dieser Mann bekam schlichtweg nicht genug. Und so machte er einfach immer weiter. Ganz so, als würden ihn die Strapazen, die Reisen und die Schinderei nicht belasten. Und so mag es zwar sein, dass Gudjon Valur Sigurdsson hin und wieder spürte, dass er älter wird. Seine Gegenspieler aber merkten es eher nicht. Es ist ja auch kein Zufall, dass er 2019 noch einmal einen Vertrag beim französischen Spitzenclub Paris Saint-Germain erhielt. Doch nun geht der Rastlose in den "Ruhestand", wie es der Weltklasse-Handballer selbst bei Instagram nennt.

Oder anders ausgedrückt: Der Linksaußen macht das, was schon als ausgeschlossen galt. Als 40-Jähriger beendet er seine eindrucksvolle Laufbahn, was ehemalige Weggefährten wie der deutsche Nationalspieler Hendrik Pekeler vom THW Kiel kaum glauben können. "Ich habe gedacht, dass ich meine Karriere vor deiner beende", witzelte der 28-Jährige, der noch nicht einmal zur Schule ging, als Sigurdsson 1995 für Grótta KR in der 1. isländischen Liga debütierte.

"Niemand so professionell wie Gudjon Valur"

Pekeler und Sigurdsson kennen sich. Sie waren Teamkollegen bei den Rhein-Neckar Löwen, gewannen 2017 die deutsche Meisterschaft und 2018 den DHB-Pokal. Der Isländer befand sich schon damals auf der Zielgeraden seiner Karriere, auch wenn es bisweilen schien, als sei er ein genetisches Wunder. Doch in Wirklichkeit machte er einfach mehr als andere, um sein hohes Niveau zu halten. "Ich habe in meiner Karriere viele Spieler trainiert oder als Teamkollegen gehabt. Aber auf diesem langen Weg ist mir niemand begegnet, der so professionell wie Gudjon Valur arbeitet", adelte Ex-Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen einst den Rechtshänder. "Er ist eine Persönlichkeit, die man nicht so oft trifft. Wir alle können viel von ihm lernen."

Von 2001 bis 2005 machte Sigurdsson seine ersten Schritte in der Bundesliga bei TuSEM Essen. Anschließend spielte er für den VfL Gummersbach (2005-2008), zweimal für die Löwen (2008-2011; 2016-2019), AG Kopenhagen (2011-2012), den THW Kiel (2012-2014), den FC Barcelona (2014-2016) und zuletzt in Paris, wo er mit zahlreichen Superstars in einer Mannschaft stand. Zum Beispiel mit dem mehrfachen Welthandballer Nikola Karabatic, der trotz des fortgeschrittenen Alters beeindruckt von Sigurdsson war: "Ich bin stolz, dein Teamkollege gewesen zu sein."

"Es ist egal, ob ich 15 oder 85 bin"

Sigurdsson selbst machte sich immer wenig Gedanken um sein Alter. "Es ist egal, ob ich 15 oder 85 bin. Ich muss jedes Mal meine Leistung bringen. Mein Geburtsdatum gibt mir keine Sonderrechte", sagte der Rechtshänder. Es war ein typischer Satz für einen bescheidenen Mann wie ihn, der 2008 mit Island Olympia-Silber gewann und eine Bestmarke hält. Mit 1875 Treffern ist der 40-Jährige weltweit der erfolgreichste Länderspieltorschütze. Vielleicht hat Sigurdsson sogar einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt.

Auf jeden Fall ist er eine lebende Legende, ein "Nationalheld", wie ihn Islands Nationaltrainer Gudmundur Gudmundsson unlängst bezeichnete. Doch Sigurdsson selbst will sich nicht überbewerten. Demut und Dankbarkeit prägten stets seinen Weg. Das wird noch einmal in seinen Abschiedsworten deutlich: "Der Handball hat mir eine Welt eröffnet, die nur wenige erleben durften." Kurzum: Der Isländer weiß, dass er ein privilegiertes Leben hatte. Und nun verlässt er die große Bühne mit genau dieser Bodenhaftung, mit der er sie einst betrat. Vielleicht ist das sogar sein größtes Vermächtnis.

dpa

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