Nationalelf

Fritz Walter: Alles andere als ein Luftikus

Sein 2019 geretteter privater Nachlass erzählt

Fritz Walter: Alles andere als ein Luftikus

Mann mit Bodenhaftung: Fritz Walter im Cockpit.

Mann mit Bodenhaftung: Fritz Walter im Cockpit. imago images

Sein Sitzplatz in der Maschine blieb frei. Im Sommer 1957 flog die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern zu einer Gastspielreise in die USA. Fritz Walter jedoch nahm lieber das Schiff und damit etliche Reisetage auf hoher See in Kauf, um nach New York zu gelangen. Höhenflüge waren ihm eben in jeglicher Hinsicht fremd, dem Fußballhelden aus der Pfalz, der nie ein Held sein wollte.

Die Flugangst, den Kriegserinnerungen geschuldet, hat der 2002 verstorbene DFB-Ehrenspielführer, der am 31. Oktober dieses Jahres 100 Jahre alt geworden wäre, auch später nicht abgelegt. Der Schein des Fotos aus seinem privaten Nachlass, das ihn mit Kopfhörern und abgeklärtem Gesichtsausdruck in einem Cockpit zeigt, trügt. Aber wenn schon Fritz Walter, von dem fast jeder wusste, was er vom Fliegen hält, der Lufthansa vertraut, muss das ja eine ganz tolle und sichere Sache sein. Eine bessere Werbefigur hätte die Fluggesellschaft zu jener Zeit gar nicht bekommen können. Und mitgeflogen ist er, wenn auch sehr ungern, damals sogar tatsächlich. Er begleitete die Gewinner eines Preisausschreibens auf ihrer Reise zur WM 1962 nach Chile - von einer Zweitkarriere als Pilot war er jedoch weit entfernt.

Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Erinnerungsstücken aus dem Leben des Weltmeisters wäre die Collage der Lufthansa-Werbeaufnahmen Anfang 2019 beinahe durch eine Auktion in alle Welt verstreut worden. Erst im letzten Moment verhinderte die Initiative des damaligen FCK-Hauptsponsors Harald Layenberger die Versteigerung, zu der bereits hohe Vorgebote aus China, Katar oder den Malediven vorlagen. Layenbergers Nahrungsmittel-Unternehmen erwarb die gesamten Memorabilien für rund 250.000 Euro, um sie zusammenzuhalten und wieder öffentlich zugänglich zu machen.

Museum im ehemaligen Wohnhaus der Walters

Dank Barbara und Bernd Lutzi konnten Interessierte schon von 2004 bis 2017 einen tieferen Einblick in das Leben von Friedrich, wie ihn nur einige enge Freunde nannten, und dessen Nachlass bekommen. Die Eheleute waren über 30 Jahre eng mit Fritz Walter und Frau Italia befreundet, pflegten das Fußball-Idol in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod und betrieben als dessen Erben und Nachlassverwalter im früheren Wohnhaus der Walters in Enkenbach-Alsenborn unweit von Kaiserslautern ein Museum.

Was Fritz Walters Nachlass verrät

Wirtschaftliche Gründe zwangen die Familie jedoch im vergangenen Jahr zur Veräußerung der Erinnerungsstücke. Hagen Leopold hatte schon vor Walters Tod begonnen, an einer Lösung für das Erbe zu arbeiten, war zwischenzeitlich in Kaiserslautern sogar als Projektleiter für ein Fritz-Walter-Museum engagiert - umsetzen durfte er seine Pläne letztlich nicht. Umso mehr freute sich der Memorabilien-Experte und Fußball-Historiker, dass der Nachlass beisammenblieb. Leopold unterstützte den kicker bei der historischen Einordnung der Erinnerungsstücke.

bst/pak/csl/mk