Tennis

"Wir lagen falsch, es war zu früh": Auch Djokovic positiv getestet

Vierter infizierter Teilnehmer

"Wir lagen falsch, es war zu früh": Auch Djokovic positiv getestet

Spielte zuletzt bei der Adria-Tour: Novak Djokovic.

Spielte zuletzt bei der Adria-Tour: Novak Djokovic. imago images

Erst kritisiert, nun infiziert: Auch der Weltranglistenerste Novak Djokovic ist positiv auf das Coronavirus getestet worden. Damit zahlt der Organisator der umstrittenen Adria-Tour nun persönlich den Preis für den leichtsinnigen Umgang mit der Pandemie und die Missachtung gängiger Hygieneregeln bei dem Show-Event mit jetzt vier erkrankten Profis. Wie der 33 Jahre alte Serbe am Dienstag mitteilte, zeigt er keine Symptome. Das Virus wurde auch bei seiner Frau Jelena festgestellt, jedoch nicht bei den Kindern des Paars.

Am Montagabend hatte nach dem Bulgaren Grigor Dimitrov und dem Kroaten Borna Coric auch sein Landsmann Viktor Troicki einen positiven Test öffentlich gemacht. "Jeder einzelne Fall tut mir extrem leid", schrieb Djokovic. Alexander Zverev war nach eigenen Angaben negativ getestet worden. Er hatte an beiden Stationen in Belgrad und Zadar in Kroatien teilgenommen und sich in eine selbstverordnete Isolation begeben.

Djokovic: "Wir lagen falsch, es war zu früh"

Djokovic kündigte einen weiteren Test in fünf Tagen an und meldete sich via Twitter selbst zu Wort: "Ich bin tief traurig, dass unser Turnier solchen Schaden verursacht hat. Alles, was die Organisatoren und ich im vergangenen Monat gemacht haben, geschah aus reinem Herzen und ehrlichen Absichten. Wir glaubten, dass Turnier würde alle Gesundheitsvorgaben erfüllen - auch sprach die allgemeine gesundheitliche Entwicklung in unserer Region dafür, dass man endlich Menschen zu wohltätigen Zwecken wieder zusammenbringen konnte. Wir lagen falsch, es war zu früh. Ich kann nicht deutlich genug ausdrücken, wie leid mir das tut."

Murray fürchtet um Fortsetzung der ATP-Tour

Der nach langer Verletzungspause wiedererstarkte und vor der Corona-Pause dominierende Djokovic gelangt nun möglicherweise zur Einsicht, dass das Hygienekonzept bei den vom 31. August an geplanten US Open doch nicht zu streng sein könnte.

Die Kritik an ihm und auch den anderen Teilnehmern der Adria-Tour war zuvor weitergegangen. Wimbledonsieger Andy Murray erinnerte seine Kollegen an ihre Vorbildfunktion. Die einstige Nummer eins der Welt aus Großbritannien sagte der britischen Tageszeitung "The Times": "Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu Novak. In der Nachbetrachtung macht das, was da passiert ist, aber keinen guten Eindruck." Top-Athleten auf der ganzen Welt müssten zeigen, "dass wir das ernst nehmen und uns darüber im Klaren sind, dass wir Abstandsregeln einhalten".

"Ich hoffe, dass wir daraus lernen, weil letztendlich wird die ATP-Tour nicht zurückkommen, wenn wir jede Woche Probleme haben und die Spieler machen, was sie wollen", sagte Murray. Der zweimalige Olympiasieger wird in dieser Woche bei einem Showkampf-Turnier in England erstmals seit sieben Monaten wieder ein Match bestreiten.

Bruno Soares aus dem ATP-Spielerrat spricht von "Horror-Show"

Seine Teilnahme an den geplanten US Open machte Murray auch von den dortigen Hygienemaßnahmen abhängig. "Für mich ist eines der wichtigsten Themen, wie sie die 'Blase' rund um das Turnier kontrollieren", schrieb der 33-Jährige in einer am Dienstag erschienenen Kolumne für den britischen Sender BBC. Alle Spieler sollen in einem Flughafen-Hotel oder in Häusern in dessen Nähe untergebracht und ständig auf das Virus getestet werden. Zudem soll der Betreuerstab der Profis deutlich reduziert werden.

Der ATP-Vorsitzende Andrea Gaudenzi aus Italien hofft auf einen Lerneffekt aus den Vorkommnissen und einer größeren Akzeptanz dieser Blase. Der 46 Jahre alte Ex-Profi erinnerte in der "New York Times" zwar daran, dass auch trotz extremer Maßnahmen Coronafälle auftreten könnten. Gaudenzi erklärte aber auch, allen Teilnehmern privater Turniere sei die Einhaltung angemessener Maßnahmen und der Abstandsregeln empfohlen worden.

Eine "reine Katastrophe" nannte Kiefer die Vorgänge. "Das ist auch nicht gut für die Außendarstellung der ATP-Tour, auch wenn diese nichts mit der Adria-Tour zu tun hat", schrieb er. Als "Horror-Show" fasste der brasilianische Profi Bruno Soares das Geschehen zusammen. Der Doppel-Spezialist ist Mitglied im ATP-Spielerrat, dessen Präsident Djokovic ist. "Enorme Unverantwortlichkeit und große Unreife", sagte Soares im brasilianischen Sender "GloboEsporte".

dpa/drm