2. Bundesliga

Palikucas bittere Erkenntnis

Der Club steht vor dem Scherbenhaufen seines Ursprungsziels

Palikucas bittere Erkenntnis

Der Club hat den direkten Klassenerhalt nicht mehr in der eigenen Hand: Nürnbergs Sportvorstand Robert Palikuca.

Der Club hat den direkten Klassenerhalt nicht mehr in der eigenen Hand: Nürnbergs Sportvorstand Robert Palikuca. picture-alliance

Und dies wiederum sollte den Verantwortlichen unruhige Nächte bescheren, denn wenn die Mannschaft in dieser an Enttäuschung so reichen Saison eines bisher gezeigt hat, so dies, dass sie keine ist. Zumindest keine, die sich gemeinsam wild entschlossen gegen Widerstände stemmt. In der Floskelflut, die den Verantwortlichen nach der Derby-Niederlage über die Lippen kam, war zumindest eine bemerkenswerte Aussage. "Es hat wieder die absolute Besessenheit gefehlt", moniert Sportvorstand Robert Palikuca.

Eine richtige, wie bittere Erkenntnis. Siehe die Laufleistung. Die darf man zwar nicht überbewerten, ein kleines Indiz ist sie allemal. Im Vergleich zum 1:1 in Bielefeld ist der Club zwölf Kilometer weniger gelaufen - ohne übrigens, dass man einzelnen einen konkreten Vorwurf machen könnte, sich hängen gelassen zu haben. Aber: Der unbedingte Wille, einen Ball durch einen sauberen Zweikampf zurückzuerobern und nicht durch ein alibimäßiges Trikotziehen, hat hier und da sehr wohl gefehlt. Das große Miteinander ohnehin, doch das ist weder etwas Neues noch ein Wunder. Wenn einem Kader ein Totalumbruch mit Blickrichtung Aufstieg widerfährt, und es dann aber in die entgegengesetzte Richtung geht, bildet sich eine verschworene Mannschaft nur sehr schwerlich heraus. Hinzu kommt, dass der Kader von einer stimmigen Zusammenstellung meilenweit entfernt ist.

Denkt Palikuca über Keller nach, denkt er über sich nach

Somit ist es nur allzu verständlich, wenn der Sportdirektor mit grimmig-entschlossener Miene keine Trainerdiskussion zulässt. Zu Recht, wenn der Club vor dem Abstiegsduell am Dienstag etwas nicht gebrauchen kann, dann ist es Unruhe. Nicht zu vergessen: Wenn Palikuca über Jens Keller nachdenkt, denkt er zwangsläufig über sich nach. Er hat im Sommer sehr viel bewegt, übrigens auch Geld, damit der Club spätestens nächste Saison in die Bundesliga zurückkehrt - und zwar mit einer derart gut aufgebauten Mannschaft, dass sich das mit dem Auf und Ab erledigt hat.

Eine gute Halbzeit in Bielefeld als Augenwischerei

Wenn der zweite Trainer nun mit diesem Kader gemessen an den Ambitionen derart Schiffbruch erleidet, liegt der Schluss sehr nahe, dass etwas Grundlegendes nicht stimmt. Dass Keller selbst momentan von der Körpersprache her nicht wie die personifizierte Zuversicht wirkt, steht dabei auf einem anderen Blatt. Ein Blatt, auf dem auch der Begriff Schönfärberei steht. Wer sich rein die Aussagen der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Fürth vor Augen führt, wäre schwerlich auf die Idee gekommen, in welch misslichen Situation der Club steckt. Von einer guten Entwicklung der Mannschaft war da Kellers Rede, auch davon, wie oft die Mannschaft sehr gut ausgesehen hätte - und all dies, weil der FCN zuvor eine gute, nein, sogar eine richtige gute Halbzeit in Bielefeld abgeliefert hatte.

Fürth spielerisch besser und ein Plus an guten Chancen

Man muss und darf eine Mannschaft in dieser Situation auch nicht niedermachen, aber ob man ihr mit unangebrachter Lobhudelei hilft, sei dahingestellt. Und wenn nun der gegen Fürth mit weitem Abstand gefährlichste Nürnberger Robin Hack sagt, die Mannschaft hätte es nur mal wieder versäumt, ihre vielen Chancen zu nutzen und sich mit einem Tor zu belohnen, dann ist dies ein Trugschluss. Ja, der Club hat gegen Fürth gut begonnen, er hätte auch in Führung gehen können, aber am Ende hatte die spielerische bessere Mannschaft des Lokalrivalen erstens mehr vom Spiel und zweitens mehr wie auch die besseren Chancen. Und dass der Club nur in Führung hätte gehen müssen, um dann wie automatisch drei Punkte mehr auf dem Konto zu haben, hat er erst kürzlich selbst widerlegt. Beim Jahn begann er kürzlich stark, traf in der 11. Minute zum 1:0, um am Schluss mit viel Glück mit einem 2:2 heimzufahren.

Direkter Klassenerhalt nicht mehr in der eigenen Hand

Was nun also? Auch wenn's platt klingen mag, erst mal alle Kräfte bündeln, um das Schlimmste zu verhindern. Von einem versöhnlichen Ende dieser desaströsen Saison kann nun, wo aus eigener Kraft ein direkter Klassenerhalt unmöglich ist, nicht mehr die Rede sein.

Sollte der Absteiger aber beim Aufsteiger aus Wiesbaden auf einen direkten Abstiegsplatz abrutschen, wird die Gemengelage endgültig hochexplosiv.

Chris Biechele