Torjägerkanone

Oguz Ayan: Der Landesliga-Stürmer auf dem Weg zur Torjägerkanone

Deutschlands beste Torjäger

Oguz Ayan: "Würde meinen Kindern noch davon erzählen"

Oguz Ayan (gelb, hier im Luftduell mit Gladbachs Matthias Ginter in einem Testspiel) will sich in der kommenden Spielzeit höher versuchen.

Oguz Ayan (gelb, hier im Luftduell mit Gladbachs Matthias Ginter in einem Testspiel) will sich in der kommenden Spielzeit höher versuchen. Imago

Das Telefonat mit Oguz Ayan findet Anfang März statt - nicht lange her, möchte man meinen, doch in diesen Wochen, in denen an einzelnen Tagen so viele Veränderungen auf uns einprasseln wie ansonsten in Monaten nicht, scheint Anfang März weit weg. Damals war die Saisonunterbrechung noch nicht angeordnet, die Gedanken an einen Abbruch der Spielzeit noch nicht in den Köpfen. Ein solcher würde auch den Angreifer hart treffen, spielt er doch bislang eine Bombensaison, mit 36 Toren in 22 Spielen.

Von seinen fußballerischen Fähigkeiten ist Oguz Ayan überzeugt, daran lässt er keine Zweifel. Der Goalgetter des 1. FC Mönchengladbach zeigt sich im Gespräch erfrischend ehrlich und traut sich auch, seine Stärken klar zu benennen. Als "spielstark und agil" charakterisiert er sich, weitere hervorstechende Fähigkeiten seien seine Schusstechnik und die Gefahr, die er bei Standards versprüht. Dennoch macht er nicht etwa den Eindruck, als wäre ihm der Erfolg zu Kopf gestiegen. Im Gegenteil, der 24-Jährige spricht leise, wirkt fast schüchtern. Aber auf dem Platz, das weiß er, ist er nun mal ein Ausnahmetalent.

"Mein Ziel ist es, mindestens 45 Tore zu erzielen", sagt er und stellt sich damit eine Aufgabe, die bei seiner bisherigen Torquote von über 1,5 Treffern pro Partie definitiv realistisch klingt. Eine Quote, die mehr als respektabel ist, sind die Abwehrspieler in der Landesliga schließlich von einer gewissen Qualität.

Der Familienmensch wil die Torjägerkanone

Ayans Statistiken lesen sich richtig gut. Und das nicht erst seit der laufenden Saison. Schon in den letzten beiden Spielzeiten sorgte er für Furore in der sechsthöchsten Spielklasse und brachte es auf 28 beziehungsweise 39 Treffer. Vor zwei Jahren errang er den inoffiziellen Titel des Torschützenkönigs seiner Landesliga Niederrhein. Eine echte Trophäe soll es dann in diesem Jahr geben. Die "Torjägerkanone™ für alle" wäre für ihn "etwas ganz besonderes. Davon würde ich später meinen Kindern noch erzählen", so der 24-Jährige, der sich selbst als "Familienmensch" bezeichnet. In bislang 22 Einsätzen hat er in dieser Saison stolze 36 Tore erzielt und dürfte - insofern es weitergehen sollte mit der Saison - seinen persönlichen Rekord aus dem Vorjahr pulverisieren.

Der große Ehrgeiz des gebürtigen Neussers äußert sich auch in einer Nachfrage. Nicht umsonst will er im Gespräch mit dem kicker wissen, wo denn der historische Tor-Rekord in den Landesligen liege. Denn diesen zu brechen wäre "auf jeden Fall eine coole Sache". Eine genaue Antwort auf seine Frage erhält er nicht, denn die Datenlage ist in dieser Sache etwas lückenhaft. Eines aber steht fest: Oguz Ayan würde auch im historischen Vergleich nicht schlecht abschneiden.

Ayan begann als Linksaußen

Ein Torriecher wie Ayan ihn hat, so könnte man meinen, müsse sich bereits von frühester Jugend abgezeichnet haben. Doch nicht im Fall des 24-Jährigen. Bis vor drei Jahren war er als Linksaußen auf dem Flügel zu Hause. Doch dann beorderte ihn sein damaliger Trainer Benedict Weeks ins Zentrum. Eine goldrichtige Entscheidung, wie sich wenig später herausstellen sollte. Bereits die erste Spielzeit als Mittelstürmer beendete er als bester Torjäger der Liga. "Ich kann auch gut auf dem Flügel spielen, da ich das nötige Tempo und die Dribbelstärke mitbringe", sagt Ayan selbst. Seine Lieblingsposition ist dennoch die Zentrale. "Dort kann ich meiner Mannschaft am meisten helfen."

Ayans aktuelle sportliche Erfolge mögen sich noch so schön anhören. Doch auch in der Karriere des angehenden Personaldienstleistungskaufmannes hat es Rückschläge gegeben. Im Sommer 2009 hatte Rot-Weiss Essen den damals 15-Jährigen von seinem Heimatverein SVG Neuss-Weißenberg abgeworben und den Profi-Traum in ihm geweckt. Doch drei Jahre und zwölf U-17-Bundesliga-Spiele später folgte die Enttäuschung: Ayan wurde nicht in die U 19 des Traditionsteams übernommen. Er hat diese Zeit laut eigener Aussage weitgehend aus seiner Erinnerung verbannt. "Ich kann mich gar nicht so genau erinnern, was letztlich der Grund für die Trennung war, aber zu diesem Zeitpunkt wurden auch viele andere aussortiert", resümiert er.

Nach der aktuellen Saison, das hat er bereits entschieden, wird es für ihn dann nach oben gehen. Dafür wird er den Verein voraussichtlich wechseln müssen. Tabellenplatz drei für seine Mannschaft liest sich zwar gut, allerdings beträgt der Rückstand auf die Aufstiegsränge bereits elf Punkte. Mindestens in der Oberliga will er es dann probieren, wenn es nach ihm geht gerne auch direkt zwei Ligastufen höher. Ob er den direkten Sprung in die Regionalliga schaffen kann? "Wenn das Umfeld stimmt, traue ich mir das auf jeden Fall zu." Um Angebote höherklassiger Teams hatten sich bereits im vergangenen Sommer diverse Gerüchte gerankt, die Ayan auch nicht dementiert. Dennoch entschied er sich damals für einen Verbleib beim FCMG. Der Grund: ein Mitspieler hatte dem 24-Jährigen seinen Ausbildungsplatz verschafft. Nun, im dann zweiten Lehrjahr traut er sich zu, sportlich den nächsten Schritt zu gehen und seine Ausbildung dennoch erfolgreich fortzusetzen. Wohin genau es ihn ziehen wird, steht aktuell noch nicht fest. Die Interessenten jedenfalls dürften Schlange stehen.

David Scheidler