Bundesliga

Herbert Hainer: "Ich habe sicher nicht Uli Hoeneß' Fußballsachverstand, aber..."

Designierter neuer Bayern-Präsident stellt sich vor

Hainer: "Ich habe sicher nicht Hoeneß' Fußballsachverstand, aber..."

Enge Freunde: Herbert Hainer (l.) und Uli Hoeneß, hier eine Aufnahme von 2016.

Enge Freunde: Herbert Hainer (l.) und Uli Hoeneß, hier eine Aufnahme von 2016. picture alliance

"Zu diesem Saftladen gehe ich nicht", sagte Herbert Hainer einst nach seinem ersten Gespräch mit "Adidas". Als nun der FC Bayern anfragte, ob er sich die Nachfolge von Präsident und Aufsichtsratschef Uli Hoeneß vorstellen könne, reagierte der langjährige "Adidas"-Chef wohlwollender. "Das Wort 'Saftladen' habe ich da jedenfalls nicht nochmal in den Mund genommen", schmunzelt er im Interview mit dem Bayern-Mitgliedermagazin "51". Dort spricht der 65-Jährige, der sich auf der Mitgliederversammlung am 15. November zur Wahl stellt, außerdem über...

... seine Reaktion auf die Bayern-Anfrage: "Als Uli das erste Mal meine Bereitschaft abgeklopft hat, war ich überrascht: Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er aufhört. Für mich ist Uli Hoeneß der FC Bayern und der FC Bayern Uli Hoeneß. Ich dachte, er macht das gefühlt bis zu seinem Lebensende. Als wir das weiter vertieft haben, fühlte ich mich geehrt. Ich sagte dann, ich mache das sehr gerne, müsste aber auch mit meiner Frau sprechen. Sie ist nicht aus dem Häuschen gewesen, weil sie mich ja schon mein ganzes Berufsleben mit meiner Arbeit teilen musste. Aber sie weiß um meine enorme Leidenschaft für den FC Bayern und wie sehr ich an diesem Verein hänge. Deshalb sagte sie: 'Wenn du es unbedingt willst, mach es!'"

Die Handynetze am Tegernsee sind intakt - und ich habe in den Jahren schon herausgefunden, wie ich ihn kriegen kann.

Herbert Hainer

... seine Freundschaft zu Hoeneß: "Als die Öffentlichkeit über ihn herfiel, habe ich gesagt, ich rücke nicht ab. Und als unsere Tochter gestorben ist, war er der Erste, der anrief und fragte, wie er helfen kann. Entscheidend ist nicht, wer mit dir lacht, wenn es dir gutgeht. Da hat man viele Freunde. Entscheidend ist, wer mit dir weint, wenn es dir schlecht geht."

... Hoeneß' Erbe: "Natürlich hinterlässt Uli Hoeneß riesige Fußspuren. Wie er die Dinge angepackt hat, ist einzigartig. Ich habe sicher nicht seinen Fußballsachverstand, habe aber viele Jahre eine große Firma geleitet und kann da Expertise einbringen. Eines muss man aber auch sagen: Uli Hoeneß ist nicht aus der Welt. Er lebt gerade mal 40 Kilometer von der Säbener Straße entfernt. Die Handynetze am Tegernsee sind intakt - und ich habe in den Jahren schon herausgefunden, wie ich ihn kriegen kann."

Ich möchte auf jeden Fall der Präsident von allen werden. Der FC Bayern ist nicht nur Fußball.

Herbert Hainer

... Kritiker, die sagen, Hoeneß wolle über ihn den FC Bayern weiter steuern: "Zum einen habe ich sehr wohl bewiesen, dass ich einen international agierenden DAX-Konzern erfolgreich führen kann. Zum anderen sind wir zwar befreundet - aber das heißt ja nicht, dass wir immer zu jedem Thema gleicher Meinung sind. Außerdem muss ich klar sagen: Wenn ich den FC Bayern zu ähnlichen Erfolgen wie Uli Hoeneß führen könnte, wäre das ja sicher nichts Schlechtes. Es wäre also klug von mir, wenn ich auf seinen Rat hören würde."

... das Präsidentenamt beim FC Bayern: "Ich möchte auf jeden Fall der Präsident von allen werden und ansprechbar für alle sein, für Partner, für Mitarbeiter. Und nicht nur aus unserem Kernbereich Fußball, sondern auch für die Basketballer, die Schachabteilung, eben für Menschen aus dem gesamten Verein. Der FC Bayern ist nicht nur Fußball."

Viele internationale Klubs sind heute kickende Konzerne, zusammengekaufte Haufen. Das kann nicht der Weg des FC Bayern sein.

Herbert Hainer

... die größten Herausforderungen bei Bayern: "Ich würde natürlich auch gerne mal die Champions League gewinnen. Den Antrieb sollten wir beim FC Bayern haben. Im Basketball wollen wir uns in der europäischen Spitze etablieren, die Schachabteilung ist gerade in die Bundesliga aufgestiegen und verfolgt hier ehrgeizige Ziele. Aber natürlich ist auch der Breitensport in den vielen Abteilungen sehr wichtig. (...) Im Fußball müssen wir uns angesichts der aktuellen Transfersummen neuen Herausforderungen stellen: Wie können wir mehr investieren? Wie können wir aber auch unseren Nachwuchs stärker fördern? Dabei dürfen wir unsere Identität nicht verlieren. Viele internationale Klubs sind heute kickende Konzerne, zusammengekaufte Haufen. Das kann nicht der Weg des FC Bayern sein."

... Oliver Kahn, der im Januar 2020 Vorstandsmitglied wird und 2022 Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandschef ablösen soll: "Oliver Kahn passt hervorragend zum FC Bayern. (...) Das ist eine klasse Besetzung. Neben den beruflichen Erfahrungen, die er mit seinen eigenen Unternehmen nach seinem Karriereende gemacht hat, bringt er natürlich extrem viel Fußballsachverstand auf höchstem Niveau ein. Bei mir hat der Sport, der Fußball, zwar beruflich wie privat immer eine große Rolle gespielt, aber dafür werde ich vor allem mein Netzwerk aus der Sportbranche und meine Erfahrungen aus der Wirtschaftswelt beisteuern. Ich denke, dass ich Oliver Kahn in diesem Bereich das eine oder andere mitgeben kann."

Katar? "Ausgrenzungen oder Sanktionen tragen nie zu einer Verbesserung bei"

... die 50+1-Regel: "Früher war ich ein Fan von 50+1, weil ein Klub in den Händen der Mitglieder sein muss. Heute würde ich dafür plädieren, dass das jeder Klub für sich selbst festlegen sollte. Beim FC Bayern wurde entschieden, maximal 30 Prozent zu vergeben, so wurde es dann auch in der Satzung des Vereins festgehalten. Adidas, Audi und die Allianz halten aktuell insgesamt 25 Prozent, fünf Prozent könnten wir also noch veräußern. Aber momentan ist kein Bedarf. Der Klub ist hervorragend aufgestellt. Diese fünf Prozent sollten wir in der Hinterhand behalten."

... die Kooperation mit Katar, die bei vielen Bayern-Fans auf Kritik stößt: "In der Zukunft wird es noch wichtiger, die Balance zu finden zwischen sportlichem Erfolg und wirtschaftlicher Stärke einerseits und Nähe zu den Fans und den Mitgliedern auf der anderen Seite. Wir wollen ein bayerischer Verein bleiben, der sich dabei aber der Welt öffnet. Der FC Bayern macht sich seine Entscheidungen nicht leicht. Mein Credo war schon immer: Ausgrenzungen oder Sanktionen tragen nie zu einer Verbesserung bei. Ich kann mich an keinen Boykott, schon gar nicht im Sport, erinnern, der etwas Positives bewirkt hat. Ich sehe aber das Gegenteil: dass Sport Brücken schlägt. Die Situation in Katar verbessert sich. Und ich denke, dass der Austausch mit der westlichen Welt seinen Beitrag dazu leistet. Man muss miteinander sprechen."

jpe