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Jürgen Klopp über Virgil van Dijk: "Es gibt im Moment tatsächlich keinen Besseren"

Das zeichnet Virgil van Dijk aus - und das sagt Jürgen Klopp

"Es gibt im Moment tatsächlich keinen Besseren"

"Das Gesamtpaket ist außergewöhnlich": Virgil van Dijk steht nicht nur bei Jürgen Klopp hoch im Kurs.

"Das Gesamtpaket ist außergewöhnlich": Virgil van Dijk steht nicht nur bei Jürgen Klopp hoch im Kurs. imago images

Den oder keinen. Für Jürgen Klopp und sein Trainerteam war klar, dass es Virgil van Dijk sein musste, um die Abwehr des FC Liverpool zu verstärken und die Entwicklung der Mannschaft so voranzutreiben, wie sie es sich vorstellten. Die Reds warteten ein halbes Jahr auf den Niederländer und zahlten im Januar 2018 die damalige Rekordablösesumme für einen Verteidiger: 84,5 Millionen Euro. Jetzt ist Liverpool Champions-League-Sieger und van Dijk Europas Fußballer des Jahres 2019.

Der kicker fragte Klopp: Was sind die sportlichen Vorzüge van Dijks?

Seine Antwort: "Er ist ein absoluter Weltklassespieler, der das Tempo hat, das du brauchst, der das hat, was ihn von anderen abhebt: die Körperlichkeit, das Auge für den Zweikampf, die Reaktionsschnelligkeit, die Spielintelligenz. Es gibt im Moment tatsächlich keinen Besseren. Das Gesamtpaket ist außergewöhnlich."

Mit der niederländischen Nationalmannschaft (in der Nations League hinter Portugal) und Liverpool (in der Premier League hinter Manchester City) musste "VVD" zwar im Laufe der Saison zweimal mit dem zweiten Platz vorliebnehmen, doch wie beim Triumph in der Königsklasse ragte der 28-Jährige insbesondere im engen, englischen Meisterschaftsrennen persönlich beständig heraus.

Er ist ein absoluter Weltklassespieler, der das Tempo hat, das du brauchst, der das hat, was ihn von anderen abhebt: die Körperlichkeit, das Auge für den Zweikampf, die Reaktionsschnelligkeit, die Spielintelligenz.

Jürgen Klopp über Virgil van Dijk

Mit ihm im Abwehrzentrum schaffte Liverpool die meisten Punktspiele ohne Gegentor (21) und kassierte insgesamt nur 22 Gegentore, eins weniger als Meister ManCity, gegen den die Reds ihre einzige Punktspielniederlage einstecken mussten.

Der 1,93 Meter große Innenverteidiger war dabei so lange auf dem Feld, wie kein anderer von Klopps Feldspielern (4465 Minuten). In den wichtigsten Saisonstatistiken für Abwehrspieler überragt van Dijk alle Kollegen, gewann wettbewerbsübergreifend jeweils mehr als 70 Prozent seiner Zweikämpfe und Kopfballduelle. Mit 76,3 Prozent gewonnener Duelle in der Premier-League-Saison erreichte er auch den besten Wert im Vergleich der 293 Verteidiger mit mehr als 200 Spielen in den europäischen Top-5-Ligen.

Reihenweise scheiterten die Angreifer an ihm. Erst am vergangenen Samstag kam beim 3:1-Sieg gegen Arsenal mit Pepé mal wieder einer mit einem Dribbling an van Dijk vorbei. Das hatte zuletzt Mikel Merino (damals Newcastle) im März 2018 geschafft. Dazwischen lagen laut Premier League 539 Tage und 50 Ligaspiele.

Zwei wichtige Tore zum Weiterkommen erzielte van Dijk ausgerechnet gegen deutsche Mannschaften: den 2:2-Ausgleich im letzten Gruppenspiel der Nations League, wodurch Oranje ins Halbfinale kam und die DFB-Elf abstieg, sowie Liverpools 2:1-Führungstreffer beim 3:1-Triumph im Achtelfinale der Königsklasse in München.

Der Wert eines solchen Profis lässt sich gewiss nicht nur in Zahlen ausdrücken. Das hatte sich gerade beim 0:0 im Hinspiel gegen den FC Bayern gezeigt, als der zentrale Athlet in Liverpools Abwehr gelbgesperrt fehlte und Klopps Team insgesamt vorsichtiger agierte als üblich.

"Schon wenn du aufs Spielfeld gehst, erkennst du, dass gegnerische Angreifer sich vor ihm fürchten. Während des Spiels versuchen sie, ein Duell mit Virgil zu vermeiden", erzählte Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold. Was nur verdeutlicht: Alleine schon van Dijks Präsenz hat eine enorme Bedeutung für Liverpools kollektives Defensivverhalten.

Virgil van Dijk

Wie der "große Bruder" auf dem Schulhof: Abwehrchef Virgil van Dijk. imago images

Der sanfte Riese, Sohn einer surinamesischen Mutter und eines niederländischen Vaters, geboren in Breda, taucht in hitzigen Phasen wie der "große Bruder" auf, der dem kleinen zu Hilfe eilt, wenn der von Halbstarken auf dem Schulhof belästigt wird.

Und doch erkennt Jürgen Klopp noch "Riesenspielraum" für Europas Fußballer des Jahres: "Nackenschläge im Spiel haben bei ihm noch zu viel Einfluss." Er könne somit noch mehr in die Rolle des Leaders hineinschlüpfen. Klopp: "Er ist kein blutjunger Kerl mehr, noch nicht ewig in einem Spitzenklub, und das fordert dich nochmal ganz anders. Da gibt es kein Verstecken mehr, kein Untergehen mehr, kein 'Heute-ist-nicht-mein-Tag', wenn man 0:1 zurückliegt."

Van Dijk ist erst der dritte Verteidiger, der zum Spieler der Premier-League-Saison gewählt wurde. Die Profispieler-Vereinigung hatte ihn da bereits zu Englands Fußballer des Jahres gekürt, als erst fünften Abwehrspieler. Nun ist der Niederländer der erste Abwehrmann auf dem Thron für Europas Fußballer des Jahres seit es diesen Preis in der heutigen Form gibt.

Jürgen Klopp und Virgil van Dijk

Er wollte ihn - und nur ihn: Jürgen Klopp mit Abwehrchef Virgil van Dijk. imago images

Dass Innenverteidiger wie van Dijk und Harry Maguire (Manchester United) sowie Torhüter wie Klopps Schützling Alisson und Kepa (Chelsea) nunmehr zu den teuersten Profis zählen und eine Aufmerksamkeit erhalten wie früher Zehner und Torjäger, sieht Klopp als Zeichen für die Veränderungen des Spiels an. "Das ist gesteigertes Fußballverständnis. Eine logische Folge dessen, dass sich das Spiel enorm entwickelt hat, der Spielaufbau, die Passfolgen. Heute wird kein Ball mehr nach vorne geklopft. Die Art, wie wir verteidigen, hilft auch einem Innenverteidiger, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein."

Weil ein erstes Treffen Klopps mit van Dijk in Blackpool verfrüht ausgeplaudert wurde, war die Verpflichtung des Wunschkandidaten zunächst gescheitert. Schließlich wurden sich der FC Southampton und Liverpool doch noch einig. "Big Virgil" war während seiner Karriere zunächst eher unter dem Radar geflogen, beim FC Groningen und Celtic Glasgow.

Seine Premiere mit den Reds hätte nicht gelungener sein können. Bei seinem Debüt erzielte er im FA-Cup-Drittrundenspiel gegen den Lokalrivalen FC Everton den 2:1-Siegtreffer. In der 84. Minute per Kopf nach einem Eckstoß. Die ganz große Bühne gehörte dem Abwehrspieler, der auch ein Torschütze sein kann, jetzt in Monaco.

Jörg Jakob

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