Bundesliga

Ein Foul veränderte alles: Der Weg des Axel Witsel - Borussia Dortmund hat Interesse am belgischen Sechser

BVB-Kandidat entwickelte sich vom Offensivmann zum Sechser

Ein Foul veränderte alles: Der Weg des Axel Witsel

Axel Witsel blickt schon auf eine bewegte Karriere zurück - in einer der großen Ligen spielte er bislang noch nicht.

Axel Witsel blickt schon auf eine bewegte Karriere zurück - in einer der großen Ligen spielte er bislang noch nicht. Getty Images

"Er ist mein Chef auf dem Spielfeld", sagte Belgiens damaliger Nationaltrainer Marc Wilmots einst über Witsel. Auch bei der WM in Russland, bei der Belgien Dritter wurde, gehörte der Sechser zu den wichtigen Stützen im Team von Wilmots-Nachfolger Roberto Martinez. Witsel fungierte als Motor und Stabilisator in der Schaltzentrale mit starker Ballkontrolle und viel Übersicht. Er verfügt über enorme Ruhe am Ball, von dem er nur ganz schwer zu trennen ist. Elegant und abgeklärt, robust und technisch versiert - nur einige der Attribute, die Witsel auch für den BVB interessant werden lassen , der an einer Verpflichtung des Belgiers arbeitet.

Vom Hoffnungsträger zum "Staatsfeind Nummer eins"

Schon in jungen Jahren galt Witsel als einer der großen Hoffnungsträger des belgischen Fußballs. 2008 und 2009 wurde er mit Standard Lüttich, dem Klub aus der Stadt vor deren Toren er aufwuchs, belgischer Meister, 2008 zudem im Alter von 19 Jahren zu Belgiens Fußballer des Jahres gekürt. Ein Horror-Foul verändert für den Mittelfeldspieler jedoch alles: Am 30. August 2009 tritt Witsel, in seiner Karriere bis dahin noch nicht als überharter Spieler in Erscheinung getreten, Anderlechts Verteidiger Marcin Wasilewski in einem Ligaspiel nahe der Außenlinie Schien- und Wadenbein durch. Die Bilder des offensichtlich gebrochenen Beines sind nichts für schwache Gemüter. Witsel sieht Rot - danach ist für ihn erst einmal nichts mehr wie es vorher war.

Spielersteckbrief Witsel
Witsel

Witsel Axel

Witsel wird Meister mit Standard

Mit 19 schon zweimal Meister: Axel Witsel feierte mit Standard Lüttich erste Erfolge. imago

"Der Anschlag von Witsel schockt ganz Belgien", schreibt die Zeitung "Belang van Limburg", "Het Laatste Nieuws" befindet: "Witsel verlor sein Ansehen und seine Klasse. Er und sein Klub müssen sich schämen." Der eben noch gefeierte Senkrechtstarter, dem Fußball-Belgien zu Füßen gelegen hatte, wird durch seine Aktion, für die er für acht Ligaspiele gesperrt wird, zum rücksichtlosen Rüpel, zum "Staatsfeind Nummer eins", der auch von den Zeitungen an den Pranger gestellt wird. Der Mittelfeldspieler sieht sich Morddrohungen ausgesetzt, sein Elternhaus wird unter Polizeischutz gestellt. Sportartikelhersteller Joma will den Vertrag mit Witsel nicht verlängern, Puma nimmt von einer geplanten Zusammenarbeit Abstand.

"Es gibt einen Axel vor diesem Foul und einen danach"

"Die Leute beleidigten ihn, manche warfen sogar Steine durch unsere Fenster", zitierte der "Guardian" aus einem Interview mit Witsels Vater, der von der französischen Karibikinsel Martinique stammt: "Der Vorfall hat Axel verändert. Es gibt einen Axel vor diesem Foul und einen danach. Er wurde verschlossener. Man konnte es ihm ansehen, dass der ganze Sturm um ihn herum ihn berührte." Die Folge des ganzen Aufruhrs: "Irgendwann hat er den Schalter umgelegt. Er hat ein dickes Fell entwickelt, wurde mental stärker und ausgeglichener. Nichts kann ihn mehr verrückt machen."

Bei Benfica wird Witsel vom Offensivmann zum Sechser

Trotz des Sturms der Entrüstung bleibt Witsel in Belgien. Erst 2011 wagt er den Schritt ins Ausland, zu Benfica Lissabon, wo er sich noch einmal weiterentwickelt. Coach Jorge Jesus macht aus dem Offensivspieler Witsel, der zuvor erst auf dem Flügel, dann als Zehner aufgelaufen war, einen Mann für die defensive Schaltzentrale. Nach nur einem Jahr geht es weiter: Allerdings nicht in eine der großen Ligen, sondern nach Russland. Zenit St. Petersburg holt ihn für 40 Millionen Euro. Der Wechsel sorgt für Verwunderung, zumal auch englische Topklubs an Witsel interessiert gewesen sein sollen. Ein überraschender Karriere-Schritt - es sollte nicht der letzte bleiben.

Auf der einen Seite ein Top-Klub wie Juventus, auf der anderen ein Angebot, das ich für meine Familie nicht ablehnen konnte.

Axel Witsel zum Wechsel nach China

Im Sommer 2016 will Juventus Turin Witsel verpflichten. Der Wechsel ist schon fast in trockenen Tüchern. Doch am "Deadline Day" sitzt er umsonst in Turin, die nötigen Dokumente aus St. Petersburg treffen trotz Zustimmung von Zenit nicht rechtzeitig ein, um den Transfer rechtzeitig abzuwickeln. Vorerst nicht, so dachte man in Turin. Der Wechsel im Januar 2017 galt aus ausgemacht, der Vertrag unterschriftsreif. Doch dann kam der chinesische Erstligist Tianjin Quanjian und bot Witsel ein astronomisches Jahresgehalt von angeblich 18 Millionen Euro. Ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte. Witsel wechselte nach China. "Es war eine sehr schwierige Entscheidung", meinte er hinterher: "Auf der einen Seite ein Top-Klub wie Juventus, auf der anderen ein Angebot, das ich für meine Familie nicht ablehnen konnte."

Axel Witsel im Trikot von Tianjin Quanjian

Juventus Turin? Axel Witsel wechselte 2017 zu Tianjin Quanjian nach China. imago

Nach anderthalb Jahren in China will Witsel nun offenbar wieder zurück nach Europa. Eine seiner Option ist dabei Borussia Dortmund. Der BVB bemüht sich intensiv um den Mittelfeldspieler, der wegen einer Vertragsklausel für 20 Millionen Euro zu haben sein soll. Nicht viel Geld für einen Spieler seiner Klasse. Für die Dortmunder und die Bundesliga wäre Witsel sicher ein enormer Gewinn. Bleibt nur abzuwarten, ob ihm nicht doch noch ein unmoralisches Angebot ins Haus flattert.

André Dersewski

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