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Bundestrainer Joachim Löw: "Wir können etwas Besonderes sein"

Der Bundestrainer im großen kicker-Interview

Löw: "Wir können etwas Besonderes sein"

Hat immer noch einen Master-Plan, sieht sich aber heute als "flexibler": Bundestrainer Joachim Löw.

Hat immer noch einen Master-Plan, sieht sich aber heute als "flexibler": Bundestrainer Joachim Löw. Getty Images

Er gibt sich selbstbewusst und offen, auch in eigener Sache. Wenn Joachim Löw seine Gedanken vor dem WM-Start wohlüberlegt formuliert, wird schnell deutlich, dass sich der Bundestrainer von durchwachsenen Vorbereitungsspielen nicht aus der Ruhe bringen lässt. "Ich nehme es bewusst auf mich, dass es in Testspielen nicht zwangsläufig um das Ergebnis geht", so Löw, der vor allem darauf schaut, wie seine Spieler reagieren und Vorgaben umsetzen: "Wenn wir Details nicht ernst nehmen, sind wir nur eine durchschnittliche Mannschaft. Wenn wir die Dinge auch im Detail gut machen, können wir etwas Besonderes sein. Das ist uns in den letzten Jahren häufig gelungen."

Damit dies auch in Russland gelingt, will er mit seinem Kollektiv abseits des Sportlichen den notwendigen Spirit entwickeln und muss in seinem Weltmeister-Team erneut den Erfolgshunger wecken. "Wenn wir im letzten Drittel konsequent sind, wird es für jeden Gegner schwer, gegen uns zu verteidigen", glaubt Löw, der zugleich aber unterstreicht: "Jeder einzelne Spieler benötigt Wertschätzung in dieser Gruppe. Alle müssen sich zugehörig fühlen, auch die, die am Anfang nicht spielen werden. Sie müssen wissen, dass sie im Lauf des Turniers benötigt werden. Christoph Kramer zum Beispiel sei 2014 "wirklich der Letzte gewesen, der spät in der Nacht in den Brasilien-Kader gerückt war und dann im Endspiel auf dem Platz stand".

"Schon nach wenigen Tagen bin ich im Flow"

Begrüßung: kicker-Chefreporter Oliver Hartmann und Bundestrainer Joachim Löw (r.).

Begrüßung: kicker-Chefreporter Oliver Hartmann und Bundestrainer Joachim Löw (r.). kicker

Löw spricht über die letzten Tage vor dem Start und Auftaktgegner Mexiko, vor allem gibt er aber auch einen Einblick in sein Seelenleben. Nach mittlerweile zwei Welt- und drei Europameisterschaften als Cheftrainer sei er flexibler geworden, "den Masterplan gibt es immer noch, man sollte den roten Faden behalten. Aber auch ich habe aus anderen Turnieren gelernt, auf verschiedene Situationen zu reagieren. Manchmal spontan, intuitiv. Früher wollte ich das, was in meinem Kopf war, abarbeiten, Tag für Tag. Aber ich habe relativ schnell begriffen, dass das nicht unbedingt sinnvoll ist. Ich gebe mir heute mehr Spielraum." Manchmal fehle ihm zwar das tägliche Arbeiten auf dem Platz als Vereinscoach, aber als Bundestrainer könne er sich in den Pausen intensiver um Entwicklungen kümmern. Und vor einem Turnier sind es für ihn das ganz besondere Momente, wenn er seine Spiele wieder um sich hat: "Dann lebe ich mich bei jedem Turnier richtig aus. Schon nach wenigen Tagen bin ich im Flow. Denn dann verfestigt sich alles: Das Verhältnis zu den Spielern wird enger, man redet mehr miteinander, man kann mehr einwirken. Ich freue mich, über mehrere Wochen Dinge zu korrigieren, zu trainieren, anzusprechen. Das gibt mir ein gutes Gefühl."

Im großen Interview der Montagausgabe schwärmt Löw von Toni Kroos, er erklärt zudem, warum Manuel Neuer einen "Wow!"-Effekt bei ihm ausgelöst hat, wie Leroy Sané auf seine Ausbootung reagiert hat und was Ilkay Gündogan in der Causa Erdogan von Mesut Özil unterscheidet.

oha/ml