Bundesliga

Rummenigge: "Ich habe mich von der DFL geistig verabschiedet"

Bayern-Boss über 50+1 und die Liga-Versammlung

Rummenigge: "Ich habe mich von der DFL geistig verabschiedet"

Findet deutliche Worte in Richtung DFL: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge.

Findet deutliche Worte in Richtung DFL: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. kicker

"Ich habe mich am vergangenen Donnerstag geistig ein Stück von der DFL verabschiedet. Ich finde die gesamte Entwicklung in der DFL im Moment bedenklich. Da fehlt mir Führung", sagt Karl-Heinz Rummenigge und schiebt nach: "Ich habe den Eindruck, dass Christian Seifert (DFL-Geschäftsführer, d.Red.) momentan ziemlich frustriert ist."

Der einstige Vorsitzende der European Club Association (2008-2017), die sich um die Interessensvertretung der europäischen Topklubs kümmert, hätte sich einen anderen Ablauf der Liga-Versammlung gewünscht. "Die Liga, insbesondere die DFL mit ihren Mitgliedern, ist offensichtlich zerrissen. Es befremdet mich, dass ein Zweitligist, der nach meinem Kenntnisstand noch nie in einem europäischen Wettbewerb mitgespielt hat (der FC St. Pauli, d. Red.), auf einmal nicht nur eine so prominente, sondern auch dominierende Rolle einnimmt", sagt der 62-Jährige im Gespräch mit dem kicker, das in voller Länge in der Montagsausgabe als Teil 5 der Serie "50+1 – Fluch oder Segen" erscheint. "Ich hatte mich vor dem Treffen in Frankfurt dafür ausgesprochen, dass jeder Klub selbst entscheiden solle, ob er den Weg mit 50+1 gehen möchte oder ohne."

Rummenigge: "Es wurde ein populistisches Spektakel von Rettig."

Rummenigge ist von der Abstimmung, bei der 18 von 36 Vereinen der 1. und 2. Liga für den Erhalt von 50+1 stimmten und vier dagegen (neun Vereine enthielten sich der Abstimmung, drei nahmen nicht teil, zwei waren gar nicht anwesend), und ihrer Entstehung überrascht: "Ich glaube, es war nicht geplant, und wurde möglicherweise auch unterschätzt, was da passiert ist. Geplant war eine Grundsatzdiskussion, wie mit 50+1 künftig umzugehen ist. Keine finale Entscheidung zu diesem Thema. Die sollte ja bis zum Jahresende erarbeitet und dann der Vollversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden", sagt er und kritisiert Andreas Rettig, den Geschäftsführer des FC St. Pauli, der die Abstimmung beantragt hatte. "Es wurde dann ein emotionales und populistisches Spektakel von Rettig. Das ist das eigentlich Unglaubliche an diesem Ergebnis."

Karl-Heinz Rummenigge im Gespräch mit den kicker-Redakteuren Michael Münchrath und Karlheinz Wild.

Karl-Heinz Rummenigge im Gespräch mit den kicker-Redakteuren Manfred Münchrath und Karlheinz Wild. kicker

Rummenigge macht sich neben der wackeligen, juristischen Grundlage von 50+1 auch Gedanken um die Spannung an der Spitze der Bundesliga sowie die sportliche Leistungsstärke deutscher Klubs. "Ich mache mir da immer größere Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit, national und vor allem international. Der FC Bayern liegt zum sechsten Mal in Folge mit überragendem Vorsprung vorne – alles angenehm, bequem; aber das ist nicht das Ziel. Die emotionalste Meisterschaft, die ich erlebt habe, war 2001 in Hamburg. Eine solche Spannung erhoffen sich die Fans und Freunde des Fußballs in ganz Deutschland", sagt er. Und weiter: "Mit der Frankfurter Abstimmung hat man sich den Ast, an dem die Wettbewerbsfähigkeit hängt, ansägen lassen – und zwar durch einen mäßigen Zweitligisten, das bitte nicht vergessen!"

Das komplette Rummenigge-Interview lesen Sie als fünften Teil der Serie "50+1 – Fluch oder Segen?" in der aktuellen kicker-Montagsausgabe. Darin spricht der Münchner Vorstandsvorsitzende ausführlich über die DFL-Versammlung, seine Sicht auf 50+1 und die schwierige Situation in der Liga. Zudem geht er auf das Financial Fair Play sowie die Nations League ein und schließt einen 100-Millionen-Euro-Transfer für den FC Bayern nicht aus.

Manfred Münchrath/Karlheinz Wild/dr