Champions League

Müller nach Champions-League-Auslosung: "Wir wollen das Ding gewinnen"

München: Heynckes warnt vor den Spaniern

Müller: "Wir wollen das Ding gewinnen"

Stimmungswandel: Thomas Müller und die Bayern sind plötzlich wieder Titelkandidat.

Stimmungswandel: Thomas Müller und die Bayern sind plötzlich wieder Titelkandidat. imago

Der Presseraum des FC Bayern hat die Eigentümlichkeit, dass er direkt an die Kantine des Vereinskomplexes an der Säbener Straße grenzt. Nur durch eine Tür getrennt ist von dort immer mal wieder Stimmengewirr und Geschirrgeklapper zu vernehmen, wenn die weit über hundert Mitarbeiter dort ihre Schnitzel und Gratins zu sich nehmen. Die Pressevertreter, die parallel auf die wichtigen Menschen des Vereins warten, haben sich daran gewöhnt. Doch heute schauten auch sie überrascht, als nach der Ziehung der Münchner Viertelfinalpaarung von nebenan tosender Jubel zu vernehmen war.

"FC Sevilla" - mehr brauchte es nicht, um bei den Angestellten des Vereins für rasende Begeisterung zu sorgen. Natürlich dauerte es nicht lange und Cheftrainer Jupp Heynckes stellte seine Sicht der Dinge dar. Von wegen Freilos. "Ich teile nicht die Euphorie, die ausgelöst wurde", sagte der 72-Jährige, der als Experte des spanischen Fußballs aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit dort in jeder Quizsendung über dieses Thema Favoritenstatus hätte. "Ich kenne Sevilla, ich kenne den spanischen Fußball sehr gut", betonte er. Sein Fazit lautete: "Für mich ist das ein schwieriges Los."

Spielersteckbrief T. Müller
T. Müller

Müller Thomas

Wir waren lange nicht mehr im Finale, da wollen wir hin.

Thomas Müller

Was soll er auch anderes sagen? Natürlich, Hexenkessel, ManUnited aus dem Wettbewerb geworfen, fünfmal Europa-League-Sieger, spielerisch ansehnlich und doch: Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn der deutsche Branchenprimus am Tabellenfünften der Primera Division scheitern würde. Das Tor zum Halbfinale der Königsklasse steht dank dieses Loses für die Bayern sperrangelweit offen, ja und dann? Thomas Müller wurde so deutlich, wie noch kein Protagonist vor ihm: "Wir haben viel Selbstvertrauen und wollen auch so auftreten. Wir wollen das Ding gewinnen und sind hungrig. Wir waren lange nicht mehr im Finale, da wollen wir hin." So langsam entsteht im Verein und in der Mannschaft das Gefühl, ja mei, vielleicht geht in diesem Jahr doch mehr als gedacht.

FC Bayern peilt den Titel an

Plötzlich mittendrin. Kaum zu glauben, wenn man zurückschaut, wo der Verein noch Ende September stand. Damals hatte Paris-St. Germain die Bajuwaren in einem denkwürdigen Spiel auseinandergenommen, gedemütigt, mit 3:0 nach Hause geschickt. Europa registrierte: um diese Bayern brauchen wir uns keine Sorgen mehr machen. Von wegen. Die Geschichte ist bekannt. Der FC Bayern ist im März 2018 dank Heynckes zurück im Geschäft, peilt den Titel an. Wieso auch nicht? Es passen gerade viele Dinge zusammen. Komponenten, um diesen Henkelpott zu gewinnen, braucht es viele. Losglück ist eine davon. Wer in den K.o.-Runden mit Gegnern wie Besiktas und Sevilla beschenkt wird, der kann sich durchaus vom Schicksal geküsst fühlen. Auch das Verletzungspech, das in den letzten Frühjahren viele Rechnungen zunichte machte, hält sich in Grenzen. Manuel Neuer und Kingsley Coman sind die einzigen Ausfälle. Bei Thiago, Corentin Tolisso und Arjen Robben geht Heynckes davon aus, dass sie ab nächster Woche wieder trainieren können. Sie stehen nur in Leipzig nicht zur Verfügung. Nicht weiter schlimm. Dazu kommt: Im Verein herrscht Ruhe, Trainer und Mannschaft arbeiten in einer höchst motivierenden und professionellen Atmosphäre. Keiner gibt sich mit dem Erreichten zufrieden. Dafür sind die Ansprüche auch zu hoch. Die scharfe Selbstkritik mancher Spieler nach dem 3:1 in Istanbul lobte Heynckes ausdrücklich. "Das ist positiv, das ist das, was ich einfordere." Die Spieler sind ehrgeizig - und haben Qualität. Mit dem FC Bayern ist tatsächlich in Kiew im Mai zu rechnen. Wer hätte das gedacht?

Mounir Zitouni