Margaret Dodds war natürlich gekommen. "Dafür ist man nie zu alt, oder?", hatte sie wenige Tage vor Bristol Citys Ligapokalviertelfinale gegen Manchester United der BBC gesagt, und natürlich konnte sie da noch nicht annähernd ahnen, was sie am Mittwochabend dann tatsächlich noch einmal erleben würde: einen Sieg "ihres" Vereins gegen Englands Rekordmeister . Margaret Dodds ist 100 Jahre alt.
Wahrscheinlich war es nicht der größte Tag in ihrem Leben, der größte in Bristol Citys aber wahrscheinlich schon. 2015 stiegen die "Rotkehlchen" mit schmalem Budget in die zweite Liga auf und haben dort aktuell überraschend gute Aufstiegschancen; die letzten Duelle gegen die Großen sind aber schon eine Weile her. Ende der 70er Jahre gehörten sie letztmals - und erstmals seit 1911 - für ein paar Jahre zur höchsten englischen Spielklasse.
"Lachen, weinen, alle knuddeln - ich wusste, nicht was ich machen sollte"
Lee Johnson war damals noch nicht einmal geboren, und das war ihm am Mittwochabend auch anzumerken. Nach dem 2:1-Siegtor in der dritten Minute der Nachspielzeit legte Bristols 36 Jahre junger Trainer im Rausch der Gefühle an der Seitenauslinie einen Sprint hin, "den man seit Jahren nicht mehr gesehen hat", wie er selbst einräumte.
Auf dem Weg schnappte er sich einen Balljungen und umarmte ihn so stürmisch, dass der durch die Luft flog. Erklärung: "Lachen, weinen, alle knuddeln - ich wusste, nicht was ich machen sollte, niemand wusste das. Ich wollte erst auf den Platz rennen, habe aber dann gemerkt, dass ich das nicht darf. Deswegen war es super, dass ich ihm begegnet bin. Ich habe einfach jemanden gebraucht, mit dem ich feiern kann."
Mourinho fiel es sichtlich schwer, diesen "wunderschönen Tag" zu genießen
Nach dem Abpfiff konnten sich auch viele Fans nicht mehr zurückhalten, es kam zu einem freundlichen, angeblich 20-minütigen Platzsturm. José Mourinho hatte also schon recht, als er von einem "wunderschönen Tag für den Fußball" sprach, wobei er selbst sichtlich Probleme damit hatte, ihn richtig zu genießen.
Immer wieder sprach er in seiner Spielanalyse davon, dass Bristol reichlich "Glück" gehabt habe, erwähnte dabei aber nur die beiden Aluminiumtreffer seiner allenfalls phasenweise überzeugenden B-Elf in der Anfangsphase, nicht die zahlreichen vergebenen Bristol-Chancen danach. Das vergiftete seine "Gratulation" an den Underdog, sein Lob für dessen "großartigen Kampf" dann doch. Für seine Spieler sei es halt "nur ein weiterer Tag im Büro" gewesen, für Bristols dagegen "das Spiel ihres Lebens".
Nach dem Schlusspfiff rauschte Mourinho ab, verriet Trainerkollege Johnson
So wirkte es auch, als der Jubel von Margarete Dodds & Co. den Schlusspfiff längst verschlungen hatten: Während die City-Fans noch im Stadion Ashton Gate tobten, erledigte Mourinho nur schnell seine Interviewpflichten, dann "rauschte er ab", wie Kollege Johnson verriet: Den 450 Pfund teuren Wein "Barca Velha 2004", den er eigens für Mourinho aus dessen Heimat Portugal hatte einfliegen lassen, konnten die beiden Trainer nicht mehr gemeinsam genießen - dabei hatte Johnson dafür extra "das Sparschwein meiner Tochter schlachten müssen".
Nur ein Scherz natürlich! Angesichts des nun anstehenden Ligapokal-Halbfinals gegen Manchester City im Januar (mit Hin- und Rückspiel), warten auf den Klub, den er seit Februar 2016 trainiert, überraschende Geldflüsse, ganz zu schweigen von denen, die ein Aufstieg auslösen würde. Johnson gehört schon jetzt zu den spannendsten englischen Trainertalenten.
Und der Wein? "Atmet im Moment", lachte Johnson: "Ich musste meinen Torwarttrainer rügen - ich habe ihn mit einem Glas davon gesehen."
