Bundesliga

"Schießt flach nach unten, da komme ich nicht hin"

Hannover: Erinnerung an Robert Enke

"Schießt flach nach unten, da komme ich nicht hin"

Robert Enke ist bis heute in den Gedanken vieler Fußballfans.

Robert Enke ist bis heute in den Gedanken vieler Fußballfans. Getty Images

Als die Fußball-Welt den Atem anhielt und über 40.000 Menschen in Hannovers Fußballstadion Abschied nahmen, stand er in der ersten Reihe vor dem Sarg. Zum achten Todestag seines Teamkollegen und Weggefährten Robert Enke findet Ex-Nationalspieler Per Mertesacker nun Worte der Erinnerung. "Er schenkte mir sein Vertrauen. So half er mir entschieden, dass ich mich als junger Verteidiger entwickelte", schreibt der heutige Star des FC Arsenal in einem Beitrag für die Internetseite der Robert-Enke-Stiftung.

Von 2004 bis 2006 hatte Mertesacker mit Enke bei Hannover 96 gespielt, anschließend bestritten beide im Jahr 2009 gemeinsam noch drei Länderspiele - ohne, dass der inzwischen 33-jährige Abwehrspieler wie die meisten der damaligen Mitmenschen von der tückischen Krankheit des Torhüters ahnte. Heute betont Mertesacker: "Wenn Menschen akut an einer Depression leiden, wollen viele von ihnen sich offenbar verkriechen, verstecken. Auch habe ich verstanden, dass Robert die meiste Zeit seines Lebens so war, wie ich ihn kennenlernte: rational, von stiller Fröhlichkeit; gesund." Wie die meisten Betroffenen hätten ihn die Depressionen nur in kurzen Phasen seines Lebens erwischt.

Es war der 10. November 2009, ein typischer grauer Herbsttag in Niedersachsen. Die Nachricht verbreitete sich am Abend rasch über alle Kanäle. An einem Bahnübergang nahe seines Wohnortes Empede bei Hannover wurde Robert Enke von einem Zug überfahren. Starre, Betroffenheit und Ungläubigkeit überall. Am nächsten Morgen schließlich die traurige Gewissheit, dass schwere Depressionen dem damals 32-Jährigen nur den Selbsttod als einzigen Ausweg erscheinen ließen. Unvergessen die Worte Teresa Enkes auf der Pressekonferenz nur einen Tag nach dem schrecklichen Ereignis: "Wir dachten, mit Liebe geht das."

Wir dachten, mit Liebe geht das.

Teresa Enke

In diesem Jahr lenkte die Witwe des achtmaligen Nationalspielers anlässlich der 40. Wiederkehr des Geburtstags Enkes im August den Blick auf dessen großartigen Charakter, der ihm über den Fußball hinaus viele Sympathien beschert hatte. So bleibt er als Sportler, aber mehr noch als Mensch unvergessen. Schon während seiner Karriere habe ihr Mann ein vielfältiges gesellschaftliches Engagement gezeigt, erinnert Teresa Enke. Er habe sich gegen Rassismus oder für den Tierschutz eingesetzt. Und für die Belange herzkranker Kinder - 2006 bereits war die gemeinsame zweijährige Tochter Lara verstorben.

"Er bat nach unseren eigenen Erfahrungen mit Laras Tod die Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover, auf der Kinderintensivstation ein Sterbezimmer einzurichten, damit die Eltern wenigstens im schlimmsten Moment mit ihrem Kind allein sein konnten", berichtet Teresa Enke in einem Blog auf der Stiftungsseite. Nach Göttingen fuhr ihr Mann später zum Fußballspielen mit herzkranken Kindern, die nach dem anstrengenden Torschuss an das Sauerstoffgerät angeschlossen werden mussten. "Schießt flach nach unten, da komme ich in meinem Alter nicht mehr hin...", habe Robert Enke den Kindern zugerufen, was ganz typisch für seine eigene Art des Umgangs mit schwierigen Situationen war.

Heute unterstützt die in Barsinghausen bei Hannover angesiedelte Stiftung, die seinen Namen trägt, nicht nur den Kampf gegen Depression. Sie fördert auch Maßnahmen und Einrichtungen für an Herzkrankheiten leidende Kinder.

Michael Richter