Einem eher zähen Kick und einem 0:0-Endresultat gegen Kasachstan folgte eine lange Nacht in Reykjavik. Die Qualifikation für die EURO 2016 in Frankreich feierte die ganze Inselbevölkerung enthusiastisch. 330.000 Einwohner zählt Island, und der Regierungschef erklärte sein Land nach dem Spiel zur Feiermeile. Sigmundur David Gunnlaugsson wollte zwar die Sperrstunde der Bars in der Hauptstadt nicht aufheben, doch erwarte er keineswegs, "das irgendjemand versuchen wird, die Menschen ins Bett zu bringen".
Sechs Siege aus bislang acht Spielen - und das in einer Gruppe mit etablierten Fußball-Nationen wie den Niederlanden, Tschechien und der Türkei. "Das bedeutet alles für den isländischen Fußball, absolut alles", fiel es Kapitän Aron Gunnarsson nicht schwer, den Erfolg seiner Mannschaft einzuordnen.
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Aus dem Nationalstadion Laugardalsvöllur wurde die Party schnell auf Reykjaviks zentralen Platz, den Ingólfstorgi, verlegt. "Es ist unbeschreiblich, ich bin so stolz auf das Team, ich bin so stolz ein Isländer zu sein", führte Gunnarsson weiter aus, während der frühere Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson seine Emotionen ebenfalls nicht in Worte fassen konnte. "Dass sich so ein kleines Land wie wir, zwei Spieltage vor Schluss, in einer Gruppe mit den Niederlande, Tschechien und der Türkei qualifiziert - das passiert nicht alle Tage", erklärte der Swansea-Profi mit dem kernigen Schuss.
Ich würde nicht sagen, dass ich jetzt ein Nationalheld bin. Leute wie Nelson Mandela und Martin Luther King sind Helden - ich bin nur ein Fußballtrainer.
Lars Lagerbäck
Zum Vergleich: Im Weltmeisterland kann der Deutsche Fußball-Bund auf 6,8 Millionen registrierte Fußballer verweisen, in Island sind es gerade einmal 20.000, die der KSI in seiner Datenbank gespeichert hat. Dennoch sind die Nordländer zeitiger dran als Schweinsteiger & Co.
Der Triumph darf unter Lars Lagerbäck und seinem Trainer-Partner Heimir Hallgrimsson begossen werden. Beide konnten auf eine eingespielte Mannschaft zurückgreifen. "Seitdem wir 16 Jahre alt sind, stehen wir fast immer in der selben Formation auf dem Spielfeld. Jeder kennt seine Rolle", erläuterte Rurik Gislason vom Zweitligisten 1. FC Nürnberg.
Steiler Aufstieg in der Weltrangliste
Die Auswahlkicker können in ihrer Heimat auf Fußball-Hallen zurückgreifen, die gute Bedingungen das ganze Jahr über garantieren. Hinzu kommt eine erstklassige Trainerausbildung und ein klares 4-4-2-System. Lagerbäck beschreibt sich selbst als "positiven Realisten", der aus den limitierten Mitteln das beste herausholt. In Zahlen ausgedrückt: Island kletterte unter dem erfahrenen Schweden in der FIFA-Weltrangliste von Platz 112 hoch auf 23. Nun ist diese Rangliste sicherlich ein Muster ohne Wert. Das Ticket für die Europameisterschaft im kommenden Sommer sicherlich nicht.