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Messi soll die Albiceleste zum WM-Titel führen

Die argentinische Nationalmannschaft im WM-Portrait

Messi soll die Albiceleste zum WM-Titel führen

Die argentininische Nationalelf will bei der WM in Brasilien endlich wieder für Furore sorgen.

Die argentininische Nationalelf will bei der WM in Brasilien endlich wieder für Furore sorgen. Getty Images

Ein Tor bei der WM 2006 in Deutschland, gar keines bei der WM 2010 in Südafrika, gar keines bei der Copa America 2011 im eigenen Land: Die Zahlen des Lionel Messi bei großen internationalen Wettbewerben im argentinischen Trikot sind überschaubar. Irgendwie klebte dem Barça-Stürmer regelmäßig das Pech an den Füßen, wenn die Hoffnungen seines Landes auf seinen Schultern lagen. Das soll sich jetzt, bei der Weltmeisterschaft im Nachbarland Brasilien, endlich ändern.

Die Mannschaft

Unter Alejandro Sabella ist die Nummer 10 der zentrale Fixpunkt im hochkarätig besetzten Sturm der Albiceleste. Mit zehn Treffern in 14 Partien (nur Uruguays Luis Suarez war mit elf Toren treffsicherer) führte Messi seine Mannschaft in der Südamerika-Qualifikation auf Platz eins. Überhaupt ist der Sturm das Prunkstück der Mannschaft. Vor Messi, der meist hängend agiert beziehungsweise teilweise sogar aus dem Mittelfeld kommt, sorgen die Angreifer Gonzalo Higuain (SSC Neapel) und Kun Aguero (Manchester City) für Tore. Die drei bilden ein hochkarätiges Triumvirat, das sich zuweilen blind versteht. Ezequiel Lavezzi (Paris St. Germain) und Rodrigo Palacio (Inter Mailand) kommen von der Bank und werden zumeist auf den Flügeln eingesetzt.

Argentinien - Vereinsdaten
Argentinien

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01.01.1893

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Hinter den drei Topangreifern sorgt Javier Mascherano für Stabilität. Anders als beim FC Barcelona, bei dem er als Innenverteidiger eingesetzt wird, agiert der ehemalige Kapitän bei den Gauchos wie gewohnt im defensiven Mittelfeld. An seiner Seite in der Zentrale spielen zumeist Fernando Gago (Boca Juniors) oder Lucas Biglia (Lazio Rom). Auf halblinks ist Real Madrids Angel Di Maria als Bindeglied zwischen Offensive und Mittelfeld gesetzt. Der dribbelstarke Akteur hat seine Stärken im Gang nach vorne; er füttert die drei Stürmer mit Bällen und stößt oft selbst in die Spitze.

Drei Topangreifer: Lionel Messi, Gonzalo Higuain (Nr. 9) und Angel di Maria.

Drei Topangreifer: Lionel Messi, Gonzalo Higuain (Nr. 9) und Angel di Maria. Getty Images

So prominent die Offensive besetzt ist, so anfällig ist jedoch die Abwehr. Marcos Rojo (Sporting Lissabon), Federico Fernandez (SSC Neapel), Jose Maria Basanta (CF Monterrey) und Hugo Campagnaro (Inter Mailand) gehören nicht gerade zur Crème de la Crème, einzig Innenverteidiger Ezequiel Garay (Benfica Lissabon) und Rechtsverteidiger Pablo Zabaleta von Manchester City haben internationales Format. Ein Problem stellt auch die Position des Torhüters dar: Die Nummer eins, Sergio Romero, ist beim AS Monaco nur Bankdrücker.

Auffällig ist die Flexibilität, mit der Argentiniens Nationalelf agiert. Vom 3-5-2 über ein 4-3-3 oder dem wohl favorisierten 4-1-2-1-2 wurde beinahe jedes System in der Qualifikation schon angewendet. Das macht die Gauchos äußerst unberechenbar – allerdings dient es nicht gerade der Eingespieltheit. Hauptproblem der Mannschaft ist es, die drei Superstürmer Messi, Aguero und Higuain in ein System zu zwängen – ohne dass es zu offensiv ist, denn nach hinten arbeiten die Angreifer kaum. So wirkt es auch oft, als ob eine Kluft zwischen den beiden Mannschaftsteilen bestünde: Den Angreifern, die sich um die Tore kümmern, und dem Rest, der gemeinsam verteidigt. Wirklich fluide oder geschlossen wirkt das auf dem Platz demnach nicht immer. Dabei genießt Kapitän Messi natürlich alle Freiheiten auf dem Feld – was es für den Rest der Mannschaft nicht einfach macht, sich systematisch daran anzupassen und die richtige Balance zu finden.

Der Trainer

Alejandro "El Mago" Sabella ist seit Februar 2011 im Amt.

Alejandro "El Mago" Sabella ist seit Februar 2011 im Amt. Getty Images

Alejandro Sabella beerbte im Februar 2011 Sergio Batista als Trainer der Albiceleste. Zuvor führte er den argentinischen Klub Estudiantes de la Plata 2009 zum Sieg der Copa Libertadores. Eigentlich hatte Sabella schon eine Vereinbarung mit dem Al-Jazira Club aus Abu Dhabi getroffen, trat davon aber zurück, als der argentinische Verband rief. Sabella saß schon einmal bei einer WM-Endrunde auf der Bank der Gauchos: 1998 war das, bei der Weltmeisterschaft in Frankreich assistierte er Daniel Passarella. "El Mago" (der Magier) vertraute in der Südamerika-Ausscheidung weitgehend dem gleichen Kader und sorgte durch regelmäßige Nominierungen für Stabilität im Team. Der 58-Jährige regiert mit ruhiger Hand und ernannte Messi vor der Qualifikation zum neuen Kapitän. Aus den Polemiken um die Nichtnominierungen von Carlos Tevez (der in Italien die Torschützenliste anführt), Esteban Cambiasso oder Martin Demichelis - die nicht alle Medien Argentiniens nachvollziehen konnten - hielt er sich raus.

Die Qualifikation

Die Gauchos starteten bedächtig in die Qualifikation für Brasilien: Nach einem 4:1-Auftaktsieg gegen Chile musste Argentinien eine unerwartete Niederlage in Venezuela (0:1) hinnehmen, der lediglich ein tristes 1:1-Unentschieden zu Hause gegen Außenseiter Bolivien folgte. Erste Zweifel wurden laut, doch der darauffolgende Sieg in Kolumbien (2:1) nach Rückstand wirkte wie eine Befreiung. Anschließend legte die Albiceleste eine Serie von 14 Spielen ohne Niederlage hin. "Das war unser Schlüsselspiel, weil wir zuvor daheim gegen Bolivien nur unentschieden gespielt und in Venezuela gar verloren hatten. Am Ende war dies ein enormer Motivationsschub", sagte Sabella.

Sergio "Kun" Aguero sorgte beim Auswärtssieg in Kolumbien (2:1) kurz vor Schluss für das Schlüsseltor der WM-Quali.

Sergio "Kun" Aguero sorgte beim Auswärtssieg in Kolumbien (2:1) kurz vor Schluss für das Schlüsseltor der WM-Quali. Getty Images

Auch Superstar Messi sah den Sieg in Barranquilla als ausschlaggebend für die weiteren Auftritte der Mannschaft an: "Wir haben nach dem Sieg in Kolumbien eine gute Qualifikation gespielt, nachdem es vorher nicht so gut gelaufen war. Das war eine wichtige Wende und sehr positiv für uns." Insgesamt stellte die Albiceleste mit 35 Toren die beste Offensive sowie mit 15 Gegentreffern die zweitbeste Abwehr der Ausscheidungskämpfe und landete am Ende unangefochten auf Platz eins.

Stimmen und Stimmung

Nichts wird sehnlicher erwartet als der dritte Titel. Nach den Enttäuschungen bei den letzten beiden WM-Endrunden, bei denen jeweils im Viertelfinale gegen Deutschland Schluss war, macht sich das Land am Rio de la Plata berechtigte Hoffnungen auf den großen Wurf. Schließlich hat noch nie ein Europäer in Südamerika den Titel erringen können. Die vermeintlich leichte Gruppe F mit Bosnien und Herzegowina, Iran und Nigeria könnte dabei natürlich helfen, um etwas in Fahrt zu kommen.

Trainer Sabella gab ehrlich zu: "Es wäre scheinheilig zu leugnen, dass Argentinien nicht das Team mit der größten Erfahrung und folglich der Favorit in dieser Gruppe ist. Andererseits ist Fußball die unlogischste aller Sportarten. Unter dem Strich bin ich also vorsichtig optimistisch." Anführer Messi ist da derweil skeptischer. "Ich höre oft, dass es leicht werden wird, dass Argentinien die Gruppe problemlos überstehen müsste. Aber das ist eine Weltmeisterschaft, und es gibt keine leichten Gegner. Die Teams sind schließlich nicht ohne Grund dabei", will "La Pulga" die Gruppengegner nicht auf die leichte Schulter nehmen. Den Pokal für sein Heimatland hochstemmen, ausgerechnet beim Erzrivalen Brasilien, wäre natürlich die Krönung seiner Karriere. Ob es dafür reicht? Messi dazu: "Kein WM-Spiel ist einfach, bei der WM kann natürlich alles passieren. Aber ich glaube, wir sind gut in Form."