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Eine andere Sprache

FC Bayern: Guardiola stellt sich dem Druck mit Demut

Eine andere Sprache

"Ich bin bereit": Pep Guardiola.

"Ich bin bereit": Pep Guardiola. Getty Images

Wenn es jemals einen Hype um eine Bundesliga-Pressekonferenz gegeben hat: Pep Guardiola hat sie mit seiner Ankunft in München pulverisiert. 250 Journalisten aus elf Nationen und rund drei Dutzend Kamerateams waren am Montagmittag anwesend, als dieser öffentlich seine ersten Worte als Bayern-Trainer sprach. "Ähm", begann er, "guten Tag und Grüß Gott, meine Damen und Herren, verzeihen Sie mir mein Deutsch. Aber ich habe ein Jahr in New York gelernt, es ist nicht der optimale Ort, um Deutsch zu lernen."

Wie angekündigt, parlierte Guardiola gleich auf seiner ersten Pressekonferenz in der eifrig gelernten, neuen Sprache, es sei denn, ein Medienvertreter stellte seine Frage auf Spanisch oder Italienisch - dann antwortete er eben auf Spanisch oder Italienisch, das er aus seiner aktiven Zeit in Brescia und Rom beherrscht. Zwar stockte er immer mal wieder, fragte bei einzelnen Wörtern bei seinen Nebenmännern Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer nach, brachte nicht jeden Satz verständlich ins Ziel; trotzdem bleibt schon an seinem ersten Arbeitstag festzuhalten: Seine Deutschlehrerin, eine Borussia-Dortmund-Anhängerin, hat in den vergangenen Monaten ganze Arbeit geleistet.

Ich bin ein bisschen nervös.

Pep Guardiola

Um kurz nach 12 Uhr hatte sie begonnen, die "größte Pressekonferenz in der Geschichte des FC Bayern", wie Mediendirektor Markus Hörwick nicht ohne Stolz verkündete. Die Bayern-Bosse strahlten um die Wette, als Guardiola Sätze sagte wie: "Es ist ein Geschenk, es ist ein Glück, nicht nur hier sein zu dürfen, sondern auch, dass Bayern München überhaupt daran gedacht hat, dass ich hier sein könnte." Oder: "Es gibt nur wenige Vereine mit einer solchen Geschichte in der Welt - für diese Geschichte bin ich hier."

Eine neue Ära? "Das wäre arrogant"

Es war ein auffallendes Kontrastprogramm zu jenem 1. Juli vor fast vier Jahren, als sich Louis van Gaal als "selbstbewusst, arrogant, dominant" vorstellte. Guardiola sprach ebenfalls Deutsch und doch eine ganz andere Sprache: Er wollte nicht viele Worte über seine Person verlieren, klang bescheiden, fast demütig, als er das aktuelle Bayern-Team als "sehr gut" bezeichnete und gleich nachschob: "Aber das ist meine Meinung, die anderen kennen die Mannschaft besser als ich." Mit "den anderen" meinte er Sammer, den er nur "Matthias" nannte, Hoeneß, für ihn "der Präsident", und Rummenigge alias "Kalle".

Dass die Chemie stimmt, das habe er bei seinem Besuch in New York schon nach fünf Minuten gespürt, schwärmte Hoeneß. Ähnliches hatte er zwar damals auch über van Gaal kundgetan, doch diesmal durfte man den Eindruck gewinnen, dass es wirklich stimmen könnte zwischen dem Bayern-Trainer und seinen dominanten Vorgesetzten.

Ich liebe es anzugreifen - das ist meine Idee vom Fußball.

Pep Guardiola

"Es wäre arrogant zu sagen, dass nun bei Bayern München eine neue Ära beginnt", meinte Guardiola, der Jupp Heynckes großen Respekt zollte - so etwas kommt in München gut an. "Ich versuche, das hohe Niveau meines Vorgängers fortzusetzen." Dabei hoffe er sehr, sich demnächst einmal mit Heynckes austauschen zu können: "Seine Meinung wäre super."

Wie man ein Triple verteidigt, kann ihm allerdings auch dieser nicht sagen, in eine solche Situation ist schließlich auch Heynckes nie geraten. "Ich muss in der Lage sein, damit zu leben", sagte Guardiola dazu. "Als Trainer hast du immer großen Druck. Ich bin mir dessen bewusst. Ich nehme diese Riesenherausforderung an - ohne Probleme. Deshalb bin ich Trainer." Wer, wenn nicht er, findet Hoeneß, "könnte diese Herausforderung bestehen".

Guardiola will sich anpassen und findet: "Das System ist egal"

Angst, dass der Neuankömmling die Mannschaft umkrempelt, ihr sein System überstülpt und wie einst in Barcelona Topstars wie Deco oder Ronaldinho gnadenlos aussortiert, muss in München niemand haben. "Wir wollen nicht Dinge nur um der Änderung willen ändern. Wenn eine Mannschaft vier Titel gewonnen hat, müssen wir nicht viele Wechsel machen", sagte Pep und sprach mehrfach davon, sich selbst an die Spieler anpassen zu wollen - "zu 100 Prozent", denn: "Der Fußball gehorcht den Spielern, nicht dem Trainer. Die Spieler in Barcelona sind anders als die bei Bayern." Eine Konsequenz: "Das System ist egal."

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Trotzdem darf man getrost davon ausgehen, dass sich dieses Arbeitstier, das davon sprach, in den nächsten sechs Monaten "an der Säbener Straße leben" zu wollen, schon den einen oder anderen Gedanken zu Taktik und Personal gemacht hat. Die Bayern-Spiele jedenfalls hat er während seiner Auszeit allesamt verfolgt, selbst zur U 23 schickte er einen Vertrauensmann. "Mir wurde viel Gutes über den Nachwuchs berichtet. Wir werden viele ins Profi-Training integrieren", kündigte er an.

Wir müssen alles dafür tun, dass sich die Familie schnell integriert, weil er dann auch frei arbeiten kann.

Sportdirektor Matthias Sammer

Und überhaupt: "Wenn man solche Strukturen vorfindet - da kann man einfach nur dankbar sein." Es war das Grundschema der Pressekonferenz: Die Bayern-Verantwortlichen schwärmten von Guardiola, Guardiola vom FC Bayern. "Vor allem wegen der Spieler" habe er sich für die Herausforderung München entschieden, "und wegen der Geschichte."

Am Mittwoch nehmen die Bayern unter ihrem neuen Übungsleiter das Training für die neue Saison auf, jeweils 25.000 Fans werden zu den ersten beiden Einheiten erwartet. "Ich bin bereit", erklärte Guardiola, bat aber um Geduld: "Lassen Sie mir Zeit." Findet er sich in München jedoch so schnell zurecht wie in der deutschen Sprache, muss dem Rekordmeister vor der Zukunft nicht bange sein. Auch wenn Guardiola scherzte: "Das ist alles auswendig gelernt."

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