Regionalliga

Im Namen der Dose

Bei RB Leipzig ist sich mit seinem Job keiner sicher

Im Namen der Dose

Wolfgang Loos mit Trainer Peter Pacult, der in der kommenden Saison die Roten Bullen zum Erfolg führen soll.

Wolfgang Loos mit Trainer Peter Pacult, der in der kommenden Saison die Roten Bullen zum Erfolg führen soll. imago

Gastgeber Dietrich Mateschitz fehlte bei der Eröffnungsparty seiner New Yorker Fußball-Arena anno 2010. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten spricht das Produkt für sich. Der flüssige Gummibär ist in aller Munde, Red Bull pumpt jährlich über 500 Millionen Euro in den Ruf der Dose. Ein Marketing-Vehikel, der Fußball, hängt indes durch wie eine Bogenlampe in der Salzburger Getreidegasse. Fußball im Namen der Dose bedeutet derzeit Fluktuation im Quadrat. Und Erfolglosigkeit.

Fußball-Gesamtchef Beiersdorfer ist Geschichte bei Red Bull, Chefscout Bernd Legien ebenfalls. Kommunikations-Boss Hans-Georg Felder musste gehen, Sportdirektor Thomas Linke ging in Ermangelung an Richtlinien-Kompetenzen selbst. Trainer Tomas Oral wurde durch Peter Pacult ersetzt. Der jüngste Abgang: Geschäftsführer Dieter Gudel. Der erfuhr aus der Zeitung, dass Sportdirektor Wolfgang Loos kommt. Während Mateschitz in der Formel 1 auf Kontinuität setzt, wird der Fußball Vollspann genommen, rollen permanent Köpfe, wechseln Strategien wie Jahreszeiten. Learning by Doing.

RB Leipzig - Vereinsdaten
RB Leipzig

Gründungsdatum

19.05.2009

Vereinsfarben

Rot-Weiß

mehr Infos

Mateschitz wurde nicht von plötzlicher Liebe zum Osten übermannt. Der 67-Jährige benutzt das Hochglanz-Produkt Fußball, um seine Brause unters Volk zu bringen. Red Bull setzte 2010 vier Milliarden Euro um, beschäftigt 8000 Mitarbeiter. Welchen Anteil Leipzigs Rasenballer am besten Ergebnis der Firmen-Geschichte haben, lässt sich nicht beziffern. Der Milliardär will mit der Heldenstadt auf die Fußball-Landkarte, um Titel spielen. Leipzig würde mit aufsteigen. "Red Bull ist für Leipzig ein unglaubliches Geschenk", sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung. "Wenn RB in der Bundesliga spielt, sind 4000 bis 6000 neue Arbeitsplätze entstanden." Am 29. Juli gibts einen Vorgeschmack auf Konjunktur und große, weite Fußball-Welt. In der ersten DFB-Pokal-Runde empfängt die RB-Betriebsmannschaft die Wolfsburger Werkself von Volkswagen. Und Pacult trifft auf Felix Magath.

Enttäuschender Saisonverlauf

Die abgelaufene Saison schloss Leipzig mit 18 Punkten Abstand auf Chemnitz auf Platz vier in der vierten Liga ab. Ein Desaster, das Mateschitz zum kompletten Personalaustausch veranlasste. Die Beileidsbekundungen ob des verpassten Klassenziels hielten sich in Grenzen. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke fragte: "Wollen wir wirklich auf einer Meister- feier Red Bull Soundso feiern?"

"Ihr macht unseren Sport kaputt!", stand auf einem Plakat, das Fans des Halleschen FC im Mai in der RB-Arena ausbreiteten. Und: "Geld schießt keine Tore!"

Geld schießt Tore, sagt Neu-Coach Pacult. Wenn es richtig eingesetzt wird. Pacult hat die Veteranen der ersten Stunde aussortiert, den Kader verjüngt. Die Neuen sind vorzeigbare Fußballer, keine Überflieger. Der Star ist der Trainer. Der behauptet steif und fest: "Es gibt bei uns kein Spiel ohne Grenzen, wir müssen uns an Budgets halten." Ins üppige Budget passten bisher: Christian Müller (FSV Frankfurt), Henrik Ernst (Hannover 96), Pekka Lagerblom (VfB Stuttgart), Andreas Kerner (Hansa Rostock), Timo Röttger (Dynamo Dresden), Umut Kocin (Kapfenberg), Marcus Hoffmann (Babelsberg) und Keeper Pascal Borel (Burgas/Bulgarien).

Geld schießt Tore, wenn es richtig eingesetzt wird.

Peter Pacult

Pacult kennt sich aus mit schlafenden Riesen. Rapid Wien wurde unter seiner Knute Meister, Leipzig muss aufsteigen. Pacult ist wie sein großes Vorbild Ernst Happel keine Plaudertasche, kein Spielerversteher. Bevor Mateschitz Gefallen an Pacult fand, buhlte er um Magath. Der fühlte sich geschmeichelt, schmeichelte zurück: "Die österreichische Liga ist im Fußball nicht bedeutsam genug. Die Standortwahl mit Leipzig ist sehr gut, die Infrastruktur erlaubt Champions-League-Spiele." Jetzt brauche es vor allem: Geduld.

Geduld. Im Reich der Roten Bullen ist dieses Wort, zumindest was das ins Stocken geratene Leipziger Projekt angeht, ein Fremdwort.

Guido Schäfer