WM

Nur noch Leere in Frankreich

Offenbarungseid der "Equipe tricolore"

Nur noch Leere in Frankreich

Raymond Domenech

Mit regungsloser Miene quittierte Frankreichs Nationalcoach Raymond Domenech die Niederlage gegen Mexiko. picture alliance

"Domenech ist gestern gescheitert", konstatierte der ansonsten selbst so ernsthafte "Figaro" am Freitag und kündigte für Domenech noch ungemütliche Tage an: "Bald schlägt die Stunde der Abrechnung."

Seit Juli 2004 ist Raymond Domenech für die "Equipe tricolore" verantwortlich. Zwar konnte er mit der Vize-Weltmeisterschaft 2006, als die Franzosen erst im Elfmeterschießen gegen Italien unterlagen (3:5 i.E.), einen Erfolg verbuchen, doch die Herzen der Fans gewann der in Lyon geborene Domenech nicht. Viele kamen mit der Ironie und dem Sarkasmus des als "intellektuell" geltenden Nationaltrainers nicht zurecht.

Bereits nach dem enttäuschenden Auftreten bei der EURO 2008, als die Franzosen in der Gruppe C als siegloser Letzter bereits in der Vorrunde scheiterten, rechneten viele Beobachter mit einer Entlassung Domenechs. Doch der französische Verband (FFF) hielt zur allgemeinen Überraschung an dem 58-Jährigen fest.

Doch auch in der Qualifikation zur WM 2010 ließen die Darbietungen besonders in spielerischer Hinsicht viel zu wünschen übrig. Der negative Höhepunkt war erreicht, als in den Play-offs gegen Irland die Qualifikation für Südafrika nur erreicht wurde, weil Thierry Henry im Rückspiel gegen Irland (1:1 n.V.) mit einem offensichtlichen Handspiel den Ausgleich der Franzosen durch Gallas (103.) vorbereitete.

Das Standing Domenechs schwand weiter. Und so wurde bereits vor der WM bekannt, dass seine Zeit als Nationalcoach abgelaufen ist. Nach der WM 2010 wird mit Laurent Blanc der "Professeur" der Weltmeister-Elf von 1998 das Zepter bei der "Equipe Tricolore" übernehmen.

Pressestimmen aus Frankreich

Blanc wird bei der einst so stolzen Fußball-Nation viel Arbeit vorfinden. Denn nicht nur Domenech, auch die Spieler tragen Mitschuld an den schlechten Auftritten in Südafrika. Von einer Mannschaft soll laut Medienberichten schon lange keine Rede mehr sein, das Team zerfällt in mehrere Grüppchen. Opfer der Rudelbildung soll der feinsinnige Regisseur Yoann Gourcuff gewesen sein. Gegen den 23-Jährigen soll laut der "L'Equipe" ein regelrechtes Komplott im Team herrschen, besonders Bayern-Star Franck Ribery und Kapitän Patrice Evra (Manchester United) sollen zu den Intimfeinden Gourcuffs gehören. Und so verwunderte es nicht, dass ausgerechnet der als "neuer Zidane" gefeierte Bordeaux-Star als "Bauernopfer" für den schwachen Auftakt (0:0 gegen Uruguay) herhalten musste und gegen Mexiko auf die Bank verbannt wurde.

Geholfen hat es nicht, im Gegenteil. Ohne jegliches Selbstbewusstsein, mut- und konzeptlos präsentierten sich die "Bleus" gegen die Mittelamerikaner. Ihr Auftritt glich über nahezu die komplette Spielzeit einer Arbeitsverweigerung, kein einziger Spieler mit Ausnahme von Florent Malouda (FC Chelsea) wehrte sich in den Augen der französischen Presse gegen die Niederlage.

Die restlichen Spieler mussten teils hämische Kritik über sich ergehen lassen. "Ribéry ist ein Kreisel: Er dreht sich um sich selbst, macht ein Loch in den Rasen und fällt am Ende um. Kaputt", ätzte die Zeitung "Libération". Und zur Beschreibung von Nicolas Anelka, der von Domenech trotz seines schwachen Spiels gegen Uruguay erneut aufgestellt wurde, fehlten den Beobachtern gar die Worte: "Lächerlich? Schwach? Bedauernswert?"

L'Equipe: "Keine Trauer, keine Enttäuschung, keine Wut"

Bedenkenswert ist, dass sich ein Großteil der Öffentlichkeit von der Equipe tricolore abgewendet hat. Nur noch ganz wenige weisen darauf hin, dass rein rechnerisch immer noch alles möglich sei. "Die Blauen verdienen es nicht", hält "L'Equipe" stellvertretend dagegen. Und selbst ein Weiterkommen erscheint nicht mehr erstrebenswert: "Wir pfeifen drauf", schreibt das Fachblatt und rät: "Keine Trauer, keine Enttäuschung, vor allem keine Wut. Das würde diesen Männern zu viel geben, die nichts anzubieten haben."

Schadenfreude in Irland

Wenigstens in Irland rief die Niederlage noch Emotionen hervor. Auf der grünen Insel herrscht große Genugtuung vor: "Das ist genau das, was Frankreich verdient", schrieb die Irish Times nach dem 0:2 gegen Mexiko. "Da wird wohl kaum jemand eine Träne vergießen", ergänzte der Irish Examiner.