Bundesliga

Thomas von Heesen beerbt Meyer

Nürnberg: Überraschender Zeitpunkt des Wechsels

Thomas von Heesen beerbt Meyer

Hans Meyer

Nicht mehr im Amt: Hans Meyer. imago

"Es gibt für solche Entscheidungen keinen richtigen Zeitpunkt", sagte Nürnbergs Manager Martin Bader am Montagabend gegenüber kicker online. "Es sei denn, wir hätten gegen Cottbus 3:0 verloren."

Doch so weit wollten es die Verantwortlichen des amtierenden Pokalsiegers nicht kommen lassen. "Es ist eine beschissene Sache", sagte Bader, "aber wir wollten noch so viele Spiele wie möglich haben, um mit dem neuen Trainer die Wende herbeizuführen."

Die haben sie dem Erfolgstrainer der vergangenen Jahre nicht mehr zugetraut. Den anwesenden Journalisten hatte sich Meyer beim mittäglichen Pressegespräch noch kämpferisch gezeigt, von seinen Enkelkindern erzählt, die schon gefragt hatten, ob er denn schon bald mehr Zeit habe. "Nein", hatte er geantwortet, er gehe von einer Vertragserfüllung bis 2009 aus.

"Wenn ich selbst so empfinde und spüre, dass die Entscheidungsträger im Verein zu mir kein Vertrauen haben, dann werden wir die Reißleine ziehen. Momentan sehe ich diese Situation aber nicht gegeben", hatte Meyer bekräftigt.

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Doch da scheint er seine Vereinsverantwortlichen falsch eingeschätzt zu haben: Auf einer Präsidiumssitzung am Sonntagabend wurde die Entlassung bereits beschlossen. Es war ein offenes Geheimnis, dass sich Meyer mit einigen Mitgliedern des Präsidiums und des Aufsichtsrates nicht gerade blendend verstand. Dem 65-Jährigen wurde mehr als nur einmal vorgeworfen, beratungsresistent zu sein. Auch die Kaderzusammenstellung geriet zuletzt immer stärker unter Beschuss. Besonders angesichts der löchrigen Defensive wollte der Coach keine personellen Maßnahmen ergreifen.

Am Montagabend wurde Meyer über die Entscheidung informiert. Auch Meyers Assistent Jürgen Raab muss den Tabellen-16. verlassen. Meyers Nachfolger heißt Thomas von Heesen. Der einstige Bielefelder Trainer unterschreibt am Dienstag einen Vertrag über eineinhalb Jahre, der auch für die Zweite Liga gilt. "Er hat Erfahrung im Abstiegskampf", sagte Club-Präsident Michael A. Roth am Montagabend dem DSF.

Thomas von Heesen

Nachfolger: Thomas von Heesen. imago

Die Gerüchte um eine vorzeitige Demission Meyers hatte der Trainer zuletzt selbst genährt. Vor dem Abstiegsduell gegen Hansa Rostock (1:1) hatte er gesagt, man werde Ende Februar eine Bilanz ziehen müssen, "vielleicht nicht mehr mit mir".

Dass der 1. FC Nürnberg, der sich in der Winterpause u.a. mit dem tschechischen Nationalspieler Jan Koller noch einmal verstärkt hatte, auch ohne einen Trainer Meyer gut gerüstet im Abstiegskampf ist, diese Meinung hatte der Coach noch zuletzt geäußert: "Diese Mannschaft hat auch nach mir eine gute Chance, die Klasse zu halten", sagte er. Dass die Trennung von seinem Verein so schnell gehen würde, hat er jedoch wohl selber nicht erwartet.

Kurzkommentar zur Entlassung von Hans Meyer

Meyers Aus überrascht nicht. Ein Trainer ohne Punkte ist wie ein Fisch ohne Wasser. Dazu die blutleeren Auftritte in der Rückrunde, garniert mit Meyers eigenen Abschiedsgedanken. Der Zeitpunkt freilich überrascht und birgt ein hohes Risiko. Zweimal Lissabon und in Bremen - es warten extrem hohe Hürden. Gut möglich, dass der Wechsel zu von Heesen dann schon verpufft ist. Und: "Meyer-Raus"-Rufe hat man in Nürnberg noch nie gehört.

ein Kommentar von Christian Biechele

Die Trennung von Meyer ist die dritte Entlassung in der laufenden Saison. Zuvor hatte sich Energie Cottbus von Petrik Sander getrennt und Bojan Prasnikar geholt, Arminia Bielefeld ersetzte Ernst Middendorp durch Michael Frontzeck.

Beim 1:1 der Nürnberger gegen Hansa Rostock am Samstag saß Meyer zum 75. Mal in einem Liga-Spiel beim FCN auf der Bank. Seine Bilanz ist dabei sehr ausgeglichen. 26 Siegen und 24 Unentschieden stehen 25 Niederlagen gegenüber (Punkteschnitt/Spiel: 1,36).

Aus Nürnberg berichten Christian Biechele und Harald Kaiser