Bundesliga

Der nächste Streit

München: Auch Ribery sucht das Gespräch

Der nächste Streit

Sagnol und Hitzfeld

Keine Geduld: Willy Sagnol will spielen, Trainer Ottmar Hitzfeld kein Risiko. imago

Als sich Willy Sagnol am Samstag, um Viertel vor fünf, zum Aufwärmen aufmachte, war die angeblich so schlechte Stimmung in der Allianz-Arena richtig gut. Die treuen Fans hinter dem Tor begrüßten den Franzosen, wie sie jeden seiner Ballkontakte feiern: Mit einem lang gezogenen "Williiieee!" Sagnol freute sich.

Ein bisschen dehnen, ein bisschen strecken, ein bisschen sprinten, dann würde er endlich wieder auf den Platz dürfen, dachte sich der 30-Jährige. Doch eine halbe Stunde verging, und nichts geschah. Ottmar Hitzfeld brachte nur noch Toni Kroos, Sagnols Warten auf sein erstes Bundesliga-Match seit dem 31. März geht weiter.

Wir haben sowieso zu viele Spieler.

Uli Hoeneß, Manager

Nun wurde er wütend. Was schon lange in ihm brodelte, brach jetzt heraus. Er suchte sich die erste Fernsehkamera und erklärte: "Ich habe den Vorstand schon vor ein paar Wochen gefragt, ob ich Bayern im Winter verlassen könnte."

Willy will weg! Und sorgt für neue Unruhe beim Tabellenführer.

Nach Valerien Ismael kündigt schon der zweite Franzose seinen Abschied an. Uli Hoeneß hört das natürlich nicht gerne, der Manager aber bleibt gelassen: "Wir haben sowieso zu viele Spieler. Hier bricht nichts zusammen, wenn ein, zwei im Winter gehen." Sagnol freilich war dafür nicht eingeplant, und dass er tatsächlich gehen wird, mag Hoeneß noch gar nicht glauben. "Ich kenne doch den Willy", sagte er am Sonntag, "er ist ein extrem emotionaler Mensch. Gestern will er weg, heute will er bleiben, morgen will er verlängern. Man darf das alles nicht zu ernst nehmen." Hoeneß ist sicher: Feiert Sagnol nach fast acht Monaten Pause wegen eines Meniskus- und Knorpelschadens im rechten Knie erst mal sein Comeback bei den Profis, wird er seine Meinung schnell wieder ändern.

Er muss jetzt nicht alle verrückt machen.

Oliver Kahn, Kapitän

Aus Sagnols Umfeld jedoch heißt es, der Wechselwunsch sei mehr als nur eine Laune. Der stolze Franzose ist sauer - auf Ottmar Hitzfeld. Der machte erst Lucio zum neuen Vize-Kapitän und brachte den Brasilianer damit als Kahn-Nachfolger ins Gespräch. Dabei geht Sagnol fest davon aus, nach dem Karriereende des Torwarts im Juni selbst der Boss bei Bayern zu werden. Auch deshalb verlängerte er seinen Vertrag bis 2010. Noch mehr ärgert ihn aber, dass der Trainer ihn jetzt zappeln lässt. "Ich kann im Moment kein Risiko eingehen", sagt Hitzfeld, "wir brauchen die Punkte." Rechts hinten sieht er ohnehin keinen Handlungsbedarf mehr: Christian Lell macht seine Sache dort immer besser, Philipp Lahm ist auch noch da - und Sagnol auf einmal nicht mehr unverzichtbar. Dass er vor zehn Tagen sogar in der Regionalliga gegen Burghausen auflaufen musste, steigerte seinen Frust. Hoeneß bestätigt: "Willy geht alles viel zu langsam. Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen seiner Einschätzung der Fitness und der von allen Trainern." Er wünscht sich "ein bisschen Geduld" von Sagnol, wie auch Oliver Kahn: "Er war sechs, sieben Monate verletzt, da muss er jetzt nicht alle verrückt machen. So geht es natürlich nicht."

Oder doch? Ein Angebot von Manchester United soll Sagnol seit Wochen im Kopf herumschwirren. Dort könnte er ab Januar Cham-pions League spielen und sich so für die EURO empfehlen. "Will er in vier Wochen immer noch weg, müssen wir uns zusammensetzen", sagt Hoeneß. Dass Sagnol auf keinen Fall gehen darf, sagt er nicht.

Hitzfeld, Ribery und Ismael

Verständigungsprobleme? Derzeit scheint es erhöhten Gesprächsbedarf mit den Franzosen (hier Ribery und Ismael) zu geben. imago

Rummenigge gegen Hitzfeld, Hoeneß gegen die Fangruppe Schickeria, Ismael gegen Hitzfeld, Sagnol gegen Hitzfeld - die Bayern, in der Liga an 14 Spieltagen 14-mal Erster, streiten weiter fleißig. Sogar Franck Ribery, der dritte Franzose, macht sich Gedanken. Weil Hitzfeld öffentlich mehr Gefährlichkeit durch Standards und intern mehr Effektivität von ihm gefordert hatte, suchte der Superstar am Freitagabend im Mannschaftshotel das Gespräch mit dem Trainer. Er wollte eine erste Zwischenbilanz von Hitzfeld hören, eine Stunde lang plauderten sie. Samstag lobte der Coach ihn prompt als "sensationell" und "Weltklasse". Erstmals ließ Hitzfeld aber auch durchblicken, dass Ribery noch nicht rundum glücklich in München ist: "Er fühlt sich nicht so wohl, ist aus Marseille anderes Wetter gewohnt." Mit Ismael und Sagnol drohen zwei wichtige Ansprechpartner für Ribery wegzugehen. Dennoch versichert er: "Ich habe Spaß am Fußball." Das ist die Hauptsache.

Bernd Salamon