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Kerber: "Natürlich bin ich manchmal einsam"

Deutschlands beste Tennisspielerin will 2012 bestätigen

Kerber: "Natürlich bin ich manchmal einsam"

"Ein großer Titel kommt, wenn er kommen soll": Angelique Kerber macht sich für die Zukunft keinen Druck.

"Ein großer Titel kommt, wenn er kommen soll": Angelique Kerber macht sich für die Zukunft keinen Druck. picture alliance

Angelique Kerbers Karriere kannte 2012 nur einen Weg: steil nach oben. War sie vor einem Jahr nach ihrer US-Open-Halbfinalteilnahme noch eine waschechte Newcomerin, die jenseits der Top 30 heimlich nach oben schielte, bleibt jetzt festzuhalten: Sie ist angekommen unter den derzeit Besten ihrer Sportart. "Dass ich das durchgehalten habe", sagt sie im Interview mit dem kicker über ihre konstant erfolgreiche Saison 2012, "hat mich erstaunt."

Gemeinsam mit Victoria Azarenka, Maria Sharapova oder Serena Williams durfte Kerber als Krönung zum Jahresende an den WTA Championships der besten acht Spielerinnen in Istanbul teilnehmen - mit Folgen: "Es ist viel mehr Respekt da", hat die 24-Jährige festgestellt. "Nach meinen ersten Höhenflügen herrschte zunächst Skepsis, nach dem Motto: Lass die mal spielen, mal schauen, wie lange das anhält. Spätestens seit der Qualifikation fürs Masters in Istanbul spüre ich die volle Wertschätzung. Die habe ich mir hart erarbeitet."

Vielleicht schaffen wir es noch mal an alte Graf- und Becker-Zeiten heran.

Angelique Kerber

Mit Kerbers Erfolgen stieg auch in Deutschland die mediale Aufmerksamkeit, zumal Andrea Petkovic, die den neuen Tennis-Boom erst ausgelöst hatte, unfreiwillig nur noch mit Verletzungen Schlagzeilen produzierte. Kerber schlüpfte in ihre Rolle, wurde Zweite bei der Wahl zur "Sportlerin des Jahres" . Und auch zwischen den beiden Spielerinnen änderte sich etwas: "Früher, als ich noch nicht diese Klasse hatte, hat mir 'Petko' viele wertvolle Tipps gegeben. Jetzt tauschen wir uns gegenseitig aus", berichtet Kerber. "Wir beide wissen, wie es unten und wie es oben ist. Wir verstehen uns so gut, dass wir uns alles sagen können. Wir ziehen uns gegenseitig."

Grundsätzlich sieht Kerber sich und ihre Fed-Cup-Kolleginnen bescheiden "fast alle auf einem Level" - Toplevel könnte man ihrem Fall auch sagen. "Es ist schön, dass wir Tennisspieler in Deutschland wiedererstarkt sind", findet sie. "Vielleicht schaffen wir es sogar noch mal an alte Graf- und Becker-Zeiten heran."

Kerber geht ohne Titel-Druck in die neue Saison - anders als ihr Lieblingsklub

Ein weiter Weg, der fraglos noch am Anfang steht. Der nächste Schritt? "Ich will das Jahr 2012 bestätigen." Anders als ihr Lieblingsklub Bayern München ("Wenn es möglich ist, ziehe ich mir das gerne im Hotelzimmer rein, 90 Minuten, hochkonzentriert") geht sie ihr Vorhaben aber ohne Trophäen-Druck an: "Ein großer Titel kommt, wenn er kommen soll", sagt Kerber, "ich will an Weihnachten sagen können: Ich habe alles gegeben, egal, ob ich auf Position 1, 5 oder 20 der Weltrangliste stehe. Dann ist alles gut."

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Sie weiß um das Tennis-Wertungssystem, nach dem im WTA-Ranking der Absturz droht, wenn man die Erfolge aus der Vorsaison nicht bestätigt. Umso wichtiger sind die Australian Open - es ist nämlich das einzige Grand-Slam-Turnier, bei dem Kerber die zweite Woche noch nicht erlebt hat. Weltranglistenpunkte winken, doch Kerber, die an Position fünf gesetzt sein wird , dämpft die Erwartungen: "Grand Slams sind immer schwierig. Da zittert man sich von Runde zu Runde. Ich bin in Melbourne bisher nie über Runde drei hinausgekommen. Ein bisschen mehr - das wäre schon was."

Ein Leben im Hotel: "Freunde und Familie fehlen immer mal wieder"

Verbesserungspotenzial sieht sie in erster Linie noch beim Aufschlag. Im technischen Bereich und bei der Fitness sei noch ein "kleiner Feinschliff" drin. Die Erfahrung, der wertvollste Faktor auf Spitzenniveau, wird sowieso von ganz alleine kommen - auf dem Court und daneben, positiv wie negativ. Denn natürlich hat auch Kerber schon die Schattenseiten ihres Berufs kennengelernt: viele Hotelzimmer, ein Leben aus dem Koffer. "Natürlich bin ich manchmal einsam", räumt sie ein. "Ich würde lügen, wenn ich etwas anderes sage. Freunde und Familie fehlen immer mal wieder."

Trotzdem überwiegt ohne Frage der Spaß bei weitem. Glück empfindet sie schon allein beim Blick auf ihre jüngste Entwicklung, von der noch niemand sagen kann, wohin sie noch führt. "Das Tempo war enorm. Ich hätte nie gedacht, dass das so schnell geht. Es macht mich glücklich. Ich hoffe, das entwickelt sich so weiter", schaut Kerber nach vorn: "Ich weiß, was ich dafür zu tun habe."

Angelique Kerber über Maria Sharapova, schnelle Autos und ein Leben ohne Facebook oder Twitter: Das komplette Interview lesen Sie in der aktuellen kicker-Ausgabe vom Montag!