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Weltmeister Sagan gewinnt Paris-Roubaix - Schwerer Sturz von Goolaerts

Politt wird Siebter beim Kopfsteinpflaster-Klassiker

Weltmeister Sagan gewinnt Paris-Roubaix

Unwiderstehlich: Peter Sagan holt sich den nächsten großen Sieg.

Unwiderstehlich: Peter Sagan holt sich den nächsten großen Sieg. picture alliance

John Degenkolb kämpfte auf dem brutalen Kopfsteinpflaster vergeblich um Anschluss und Tony Martins Chancen waren nach einem heftigen Sturz dahin - dagegen triumphierte Superstar Peter Sagan erstmals in der "Hölle des Nordens". Der dreimalige Weltmeister aus der Slowakei düpierte beim 116. Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix mit einer spektakulären Attacke 54 Kilometer vor dem Ziel die Konkurrenz. Er bescherte am Sonntag seiner deutschen Mannschaft Bora-hansgrohe den größten Erfolg der neunjährigen Teamhistorie.

Sagan ließ sich nicht einmal von einem lockeren Lenker aufhalten und siegte nach 257 Kilometern, davon 54,5 über die gefürchteten Pavés, vor dem Schweizer Meister Silvan Dillier und dem Niederländer Niki Terpstra. "Ich konnte stabil über die volle Distanz fahren. Riesendank an mein Superteam", sagte Sagan unter dem Jubel der Zuschauer.

Die deutschen Hoffnungen waren dagegen frühzeitig dahin. Degenkolb, der 2015 auf der alten Betonpiste im Vélodrome von Roubaix noch gewonnen hatte, erreichte bei seinem Lieblingsrennen mit großem Rückstand das Ziel und musste damit eine weitere Enttäuschung in diesem Frühjahr einstecken. Martin wurde unterdessen ein Sturz 48 Kilometer vor dem Ziel zum Verhängnis, als er unter anderem mit seinem früheren Teamkollegen Alexander Kristoff kollidierte. Bester deutscher Radprofi war Nils Politt aus Hürth auf Rang sieben.

Sagans Lenker lockert sich

Zu der Zeit hatte Sagan bereits seine großartige Show begonnen. Wie einst Klassikerkönig Fabian Cancellara pflügte Sagan im Express-Tempo über die Feldwege aus den Zeiten Napoleons. Nicht einmal das übermächtige belgische Quick-Step-Team mit Flandern-Champion Terpstra vermochte gegen den dreimaligen Weltmeister etwas auszurichten. Und als sich Sagans Lenker lockerte, holte er sich kurzerhand am Materialwagen einen Schraubenschlüssel.

Damit macht sich die millionenschwere Verpflichtung des exzentrischen Stars für Bora immer mehr bezahlt. Nach Etappensiegen bei Tour, Giro und Vuelta sowie Sagans Sieg bei Gent-Wevelgem war es für die Mannschaft von Teamchef Ralph Denk der erste große Klassiker-Erfolg.

Noch in der vergangenen Woche hatte sich Sagan beschwert, dass die restlichen Teams nur gegen ihn arbeiten würden anstatt bei der Aufholjagd gegen Quick Step zu helfen. Diesmal übernahm der Slowake gleich selbst die Initiative und zeigte seine außerordentlichen Fähigkeiten. Sagan fuhr allen davon. Nur Dillier, der aus einer frühen Ausreißergruppe noch übrig geblieben war, ließ sich nicht abschütteln. Im Sprint hatte er gegen Sagan aber klar das Nachsehen.

Daran war für Degenkolb gar nicht zu denken. Gut 50 Kilometer vor dem Ziel hatte der gebürtige Thüringer bereits Schwierigkeiten, das Tempo des Hauptfeldes zu halten. Damit war das missratene Frühjahr für den deutschen Klassikerspezialisten perfekt. Schon nach einer Bronchitis Anfang März hatte der Klassikerspezialist bereits Mailand-Sanremo verpasst und am vergangenen Sonntag bei der Flandern-Rundfahrt ebenfalls keine Rolle gespielt. Martin hinterließ dagegen einen guten Eindruck und zeigte sich immer wieder an der Spitze des Hauptfeldes. Doch nach dem Sturz waren alle Chancen des viermaligen Zeitfahr-Weltmeisters dahin.

So war Nils Politt bester deutscher Fahrer. Der 24-Jährige, der in diesem Jahr bereits mit einem 2. Platz auf der 5. Etappe von Paris-Nizza sowie Rang 17 bei der Flandern-Rundfahrt hervorragende Ergebnisse vorzuweisen hatte, fuhr als Siebter unter die Top Ten: "Hätte ich mit jemanden vor dem Rennen gewettet, hätte ich gesagt, Ihr seid bekloppt, dass ich hier Top-10 fahre. Die Beine waren schon in Flandern gut, ich habe mich fit gefühlt. Ich bin ohne Defekt und Sturz durchgekommen und einfach super happy mit dem 7. Platz", sagte der Katusha-Alpecin-Profi.

Bei herrlichem Radsport-Wetter war das Rennen 95 Kilometer vor dem Ziel mit der Einfahrt in den berüchtigten Wald von Arenberg in die heiße Phase. Auf der schwierigen Kopfsteinpflaster-Passage gab es die ersten ernsthaften Angriffe. Aber Sagan kontrollierte alle Attacken und startete selbst seinen siegbringenden Vorstoß rund 40 Kilometer später.

Viele Stürze: Große Sorgen um Goolaerts

Michael Goolaerts

Michael Goolaerts bekommt erste medizinische Hilfe. picture alliance

Bei zahlreichen Stürzen kamen viele Fahrer zu Schaden. Am schlimmsten erwischte es Michael Goolaerts (Veranda's Willems-Crelan). Der 23-Jährige befindet sich nach seinem Herzstillstand während des Frühjahrsklassikers Paris-Roubaix in einem ernsten Zustand. Das teilte die medizinische Abteilung der Rennorganisation ASO am Sonntag mit.

Goolaerts, der für das zweitklassige Team Veranda's Willems-Crelan fährt, war nach einem Sturz auf einer Kopfsteinpflaster-Passage gut 148 Kilometer vor dem Ziel noch an der Strecke wiederbelebt worden. Mit einem Hubschrauber wurde Goolaerts in ein Krankenhaus in Lille geflogen. "Es tut mir leid für ihn. Ich habe es erst nach dem Rennen mitbekommen", sagte Sieger Sagan.

Auch im weiteren Verlauf des Rennens war es noch zu einigen Stürzen gekommen, unter anderem kam Tony Martin zu Fall. Der viermalige Zeitfahr-Weltmeister konnte das Rennen aber beenden.

Paris-Roubaix (257,00 km):

1. Peter Sagan (Slowakei) - Bora-hansgrohe 5:54:06 Std.; 2. Silvan Dillier (Schweiz) - AG2R La Mondiale + 0 Sek.; 3. Niki Terpstra (Niederlande) - Quick-Step + 57; 4. Greg Van Avermaet (Belgien) - BMC Racing Team + 1:34 Min.; 5. Jasper Stuyven (Belgien) - Trek - Segafredo; 6. Sep Vanmarcke (Belgien) - Cannondale-Drapac; 7. Nils Politt (Hürth) - Katusha-Alpecin + 2:31; 8. Taylor Phinney (USA) - Cannondale-Drapac; 9. Zdenek Stybar (Tschechien) - Quick-Step; 10. Jens Debusschere (Belgien) - Lotto-Soudal

dpa/A.S.O.