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"Betrug muss bestraft werden"

"kicker.tv - Der Talk": Folge 28

"Betrug muss bestraft werden"

Die Experten in der 28. Folge von "kicker.tv - Der Talk": Thomas Hiete, Urs Meier, Henning Fritz und Holger Fach (v.l.n.r.).

Die Experten in der 28. Folge von "kicker.tv - Der Talk": Thomas Hiete, Urs Meier, Henning Fritz und Holger Fach (v.l.n.r.). kicker

Taugt der Fußball überhaupt als Vorbild? So die größte aufgeworfene Frage in der 28. Folge von "kicker.tv - Der Talk", zu der die Experten Holger Fach, der nach der Entlassung von Trainer Norbert Meier in Darmstadt jüngst als Sportdirektor zurücktrat , der Schweizer FIFA-Schiedsrichter Urs Meier, kicker-Redakteur Thomas Hiete sowie Handball-Weltmeister Henning Fritz Stellung bezogen. Denn nicht nur Timo Werners Schwalbe, sondern auch Julian Draxlers erneuerte Wechselwilligkeit und Verbannung aus dem Kader für das Spiel in München (0:5) sorgen dieser Tage für Zünd- und Gesprächsstoff. Genauso Rudelbildungen, Provokationen oder schlichtweg Meckern, Motzen, Lamentieren. Ist Fairplay im Fußball nur ein romantischer Gedanke?

Urs Meier positioniert sich klar

"Das alles spiegelt die aktuelle Gesellschaft wider", sagt der fünfmalige Nationalspieler Fach, der dies mit deutlichen Worten begründet: "Ich wundere mich, dass wir uns überhaupt in der aktuellen Zeit wundern, dass es so etwas im Fußball gibt. Der Fußball ist Spiegelbild der gesamten Gesellschaft, in der hochdekorierte Politiker en masse Doktorarbeiten erfinden und Firmen betrügen."

Spielersteckbrief Werner
Werner

Werner Timo

Spielersteckbrief Draxler
Draxler

Draxler Julian

RB Leipzig - Vereinsdaten
RB Leipzig

Gründungsdatum

19.05.2009

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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VfL Wolfsburg - Vereinsdaten
VfL Wolfsburg

Gründungsdatum

12.09.1945

Vereinsfarben

Grün-Weiß

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Schiedsrichter Meier ergänzt zum direkten Sendungsthema: "Fußball war schon immer so. Fußball lebt von der Unfairness. Fußball wird zur Unfairness erzogen. Wenn ein Spieler fair ist, bekommt er noch vom eigenen Trainer deutliche Worte zu hören." Das sieht Handball-Weltmeister Fritz ähnlich: "Man soll schon seine Position mit gewissen Mitteln stärken."

zum Thema Werner

Allerdings, so der 42-jährige frühere Nationalspieler: "Man muss aber vielleicht das Strafmaß erhöhen." Das sieht Referee Meier genauso: "Betrug muss mit einer Roten und nicht mit einer Gelben Karte bestraft werden. Denn was hat man aktuell zu verlieren mit einem Betrug? Man sieht dafür eine Gelbe Karte, mit einem Betrug kann man aber mehr erreichen: Elfmeter, Tor, Rote Karte. Wenn man das gegenüberstellt, ist es doch nur logisch, das Betrug versucht wird."

Schiedsrichter sollen das Gespräch suchen

Urs Meier

Positionierte sich klar: der nicht mehr aktive FIFA-Schiedsrichter Urs Meier. kicker

Fach steigt da sofort mit ein: "Seit 40 Jahren versuchen wir zum Beispiel, Doping zu verhindern. Doch was haben die Appelle gebracht? Nichts, Doping wird immer noch im Sport praktiziert. So sieht es mit Unfairness einfach aus." Sein Lösungsansatz in Bezug auf Schwalben oder offensichtlichen Betrug auf dem Fußballfeld: "Mit einem Videoschiedsrichter können wir in Zukunft den Betrug sicherlich mindern." Referee Meier fordert diesbezüglich noch mehr - vor allem von seinen Berufskollegen: "Wenn ein Schiedsrichter merkt, dass an einer Aktion etwas vielleicht nicht stimmt, dann muss er zum Spieler hingehen und ihn klar zur Rede stellen. Wenn der Akteur dann lügt, dann hat er ein gewaltiges Problem." Und gehöre laut Meier nachträglich dann auch für ein solches Fehlverhalten gesperrt - schließlich wird er von etlichen Kameras bei seinem Betrug entlarvt.

Wenige Vorbilder gibt es

Ähnlich sieht das kicker-Redakteur Thomas Hiete, der solche Trickser ebenfalls an den Pranger stellt und deswegen viel lieber die wenigen positiven Beispiele hervorhebt: "Aaron Hunt hat als Bremer zum Beispiel in Nürnberg einst eine Schwalbe zugegeben und den Elfmeter aus freien Stücken nicht angenommen. Genauso Miroslav Klose, der ein absichtliches Handspiel zugab."

Draxler contra Wolfsburg: "Eine Seite lügt"

Holger Fach

Äußerte sich nicht nur zur Unfairness im Fußball, sondern auch zu Julian Draxler: Holger Fach. kicker

Doch diese wahren Vorbilder sind selten geworden - und werden vielleicht auch immer seltener. Siehe die Causa Julian Draxler: Der deutsche Nationalspieler (27 Länderspiele) forcierte bereits im Sommer offen einen Wechsel weg vom VfL Wolfsburg und erneuerte dies inmitten der aktuellen Wölfe-Krise sowie nach eigenen schlechten Leistungen (kicker-Notenschnitt 4,15, kein Tor, keine Vorlage). Zuletzt verbannte ihn deswegen Trainer Valerian Ismael aus dem Kader für das Gastspiel in München (0:5) .

Hat Draxler kein Rückgrat? Ist der 23-Jährige charakterschwach? Stellung bezieht kicker-Redakteur Thomas Hiete: "Ich war nicht dabei, als der Vertrag abgeschlossen wurde. Es steht demnach Aussage gegen Aussage, weswegen klar ist: Eine Seite lügt." Eines sei auch klar: "Er selbst hat aber eine große Chance vertan, in einer Situation, in der es nicht so für ihn und den Verein lief, zu zeigen, dass er für sich und den Verein alles gibt."

Wolfsburg wird nun nicht mehr so viel Geld kassieren können, wie im Sommer möglich gewesen wäre.

Holger Fach zur Causa Draxler

Fach holt diesbezüglich etwas weiter aus: "Die aktuelle Negativlage beim VfL hat natürlich nicht nur mit Draxler zu tun. Man kramt da aktuell viel Negatives zu Draxler heraus. Ich persönlich verstehe allerdings von nicht, warum Draxler überhaupt von Schalke nach Wolfsburg gewechselt ist. Für seine sportliche Entwicklung war dieser Wechsel sicherlich nicht förderlich."

zum Thema Draxler

Handball-Weltmeister Fritz sieht das Thema ganz diplomatisch: "Der Spieler hat emotional abgeschlossen mit diesem Verein. Eine Trennung ist der logische Schritt." Und ein Schritt, bei dem alle Beteiligten verlieren - außer vielleicht Draxler selbst, der sicher einen neuen Arbeitgeber finden werde. "Wolfsburg wird nun nicht mehr so viel Geld kassieren können, wie im Sommer möglich gewesen wäre", prophezeit Fach.

mag