Handball

CL-Auftakt: Paukenschlag in Veszprem - THW hadert

Barça-Coach Pascual sieht die Löwen weit vorne

CL-Auftakt: Paukenschlag in Veszprem - THW hadert

Musste am Montag überraschend seinen Hut nehmen: Carlos Antonio Ortega ist nicht mehr Trainer in Veszprem.

Musste am Montag überraschend seinen Hut nehmen: Carlos Antonio Ortega ist nicht mehr Trainer in Veszprem. imago

Ortega schwimmt nicht mehr im "Haifischbecken"

Den ersten Spieltag der CL-Saison 2015/16 hatte man sich bei Vorjahresfinalist MKB Veszprem, bei dem mit Aron Palmarsson seit diesem Sommer der dritte Ex-Kieler neben Momir Ilic und Christian Zeitz die Handballschuhe schnürt, scheinbar ganz anders vorgestellt. Das 27:27 beim polnischen Vizemeister Wisla Plock war die letzte Partie von Erfolgscoach Antonio Carlos Ortega, der am Montag offiziell geschasst wurde.

Ehe ein Nachfolger gefunden ist, wird Co-Trainer Javier Sabaté die sportliche Verantwortung übernehmen. Zum Kandidatenkreis zählen aktuell die ehemaligen kroatischen Nationaltrainer Slavko Goluza und Lino Cervar. Von Vereinsseite hieß es lediglich: "Carlos Ortega war drei Spielzeiten in Veszprem und wurde zu einem der erfolgreichsten Trainer der Geschichte des Klubs. Viel Glück für den weiteren Karriereverlauf." Eine schwere, schmerzhafte Trennung klingt anders.

Immerhin hatte Ortega seit 2012 in Ungarn alles gewonnen, was es national zu gewinnen gab. Dreimal gelang das Double aus Meisterschaft und Pokal, auch international enttäuschte der 44-Jährige nicht. Erstmals holte Veszprem im vergangenen Jahr die SEHA Liga ("Balkan-CL") und zog immerhin ins Finale der Königsklasse ein (23:28 gegen Barcelona).

Viel Glück für den weiteren Karriereverlauf.

Die Trennung verkündete MKB kurz und schmerzlos

Allgemein gilt der Job bei MKB allerdings als "Haifischbecken": Jedes Spiel wird einzeln und gesondert betrachtet, nicht nur der Erfolg, sondern vor allem die Qualität ist mitentscheidend. Die ganze Stadt lebt den Sport, predigt ihn fast wie eine Religion. Unbestritten einer der heißesten Trainer-Stühle in Europa - fortan nicht mehr das Problem von Ortega. Und für Interimscoach Sabaté wird es nicht leichter: Am nächsten Samstag (17.30 Uhr) kommt die SG Flensburg zum zweiten CL-Spieltag nach Ungarn.

Schmäschke: "Diese Leistung entsprach dem, was wir uns vorstellen"

Meisterte gegen Paris auch die schwierigsten Würfe: Flensburgs Tormaschine Anders Eggert.

Meisterte gegen Paris auch die schwierigsten Würfe: Flensburgs Tormaschine Anders Eggert. imago

Und die Sieben von Trainer Ljubomir Vranjes fährt mit einer breiten Brust zu MKB: Zum Auftakt wurde nach zwei Ligapleiten in Serie der große Favorit Paris St. Germain mit 39:32 abgekanzelt. "Ich bin mit allen Mannschaftsteilen zufrieden", sagte SG-Coach Vranjes freilich hinterher: "Das war eine sehr gute Vorstellung gegen eines der besten Teams Europas." Auch Geschäftsführer Dierk Schmäschke fand nicht sonderlich viele Kritikpunkte. "Diese Leistung entsprach dem, was wir uns vorstellen."

Paris-Coach Noka Serdarusic, der zwischen 1993 und 2008 insgesamt 15 Jahre beim THW Kiel an der Seitenlinie stand, bekannte sich als Prophet: "Ich hatte schon vorher gewusst, dass dieses Spiel jene Mannschaft gewinnt, die den Sieg mehr möchte." Das waren vor 5800 frenetischen Fans eben eindeutig die Flensburger. Komplett überraschend kam der Erfolg der SG aber nicht, der Krösus aus der französischen Metropole war bereits durchwachsen in die Liga gestartet.

Der Angriff war schon in den letzten Wochen schlecht und macht zu viele Fehler.

PSG-Coach Noka Serdarusic kritisiert sein Star-Ensemble

Die beiden Siege gegen Nimes (36:32) und Ivry (33:27) rissen in Paris niemanden von den Sitzen, vorne ist noch ordentlich Sand im Getriebe trotz Größen wie Nikola Karabatic oder Mikkel Hansen. "Der Angriff war schon in den letzten Wochen schlecht und macht zu viele Fehler", resümierte Serdarusic. "Dagegen war die SG-Abwehr sehr leidenschaftlich, und die Spieler gingen wie Kamikaze-Kämpfer in Gegenstöße und zweite Welle." Das galt allen voran einmal mehr für Anders Eggert, der mit seinen 13 Treffern (davon sieben Siebenmeter) Garant für die kleine Sensation war.

Bei PSG trafen die Superstars Hansen (9/5) und Karabatic (7) noch am besten, doch selbst die leichten Tore des Ex-Kielers aus dem Rückraum brachten keine Wende mehr.

Überflieger Dahmke - Storm vom "Rückraum" enttäuscht

Bei seinem alten Arbeitgeber hätte man solche gerne einmal wieder gesehen: Kiel startete wie schon im letzten Jahr mit einer Niederlage ins neue CL-Jahr. Das 22:29 in Zagreb war speziell der schwachen Schlussviertelstunde geschuldet, trotz der 20:18-Führung begruben die "Zebras" mit einem 2:11-Lauf jegliche Hoffnungen. "In der ersten Halbzeit haben wir nie richtig gut in der Abwehr gestanden. Bei der Zwei-Tore-Führung sah es nach 44 Minuten noch richtig gut aus", haderte Coach Alfred Gislason.

Um auswärts in Zagreb zu gewinnen, muss aus dem Rückraum mehr kommen.

THW-Manager Thorsten Storm hätte sich mehr erwartet

Speziell eines geht dem THW seit den Abgängen von Palmarsson und Kapitän Filip Jicha in den letzten Wochen ab. "Uns haben die leichten Tore aus dem Rückraum gefehlt, die Niederlage möchte ich aber nicht allein der Mitte anheften", so Gislason. Manager Thorsten Storm wurde da schon deutlicher: "Um auswärts in der Champions League in Zagreb zu gewinnen, muss auf einigen Positionen aus dem Rückraum mehr kommen."

Zumindest Linksaußen Rune Dahmke spielt derzeit ganz groß auf. Der 22-Jährige traf gegen Zagreb am besten (9/2) und legte bei der Wiedergutmachung gegen Magdeburg in der Liga (33:24) zehn Tore nach. In dieser Form ist der Youngster definitiv auch ein Thema für Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Die Nachverpflichtung von Dragos Oprea scheint ihn weniger gehemmt, sondern vielmehr beflügelt zu haben.

Barça-Coach Pascual adelt die Löwen

Ging als Anführer voran: Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer.

Ging als Anführer voran: Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer. imago

Flügel wuchsen auch den Rhein-Neckar Löwen vor 7361 Zuschauern gegen den amtierenden CL-Sieger Barcelona am Sonntag. Beim überraschenden 22:21 trafen die Leistungsträger Uwe Gensheimer (6/3) und Andy Schmid (5) am besten. Die Löwen zeichnete aber eine ganz andere Eigenschaft aus: der große Hunger auf Erfolg. Den satt wirkenden Katalanen, bei denen Neuzugang Jicha mit offensichtlichem Fitnessrückstand nach Verletzung wenig Akzente setzen konnte, kauften DHB-Kapitän Gensheimer & Co. am Ende erfolgreich den Schneid ab.

"Wir haben in einem sehr guten Spiel eines der stärksten europäischen Teams geschlagen. Am Schluss agierten wir etwas unglücklich, ansonsten wäre der Sieg deutlicher ausgefallen", fand Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen das Haar in der Sensations-Suppe. Geadelt wurde seine Sieben dagegen von Barça-Coach Xavi Pascual: "Ich glaube, wir haben heute gegen die zur Zeit stärkste Mannschaft Europas verloren, die Löwen sind eine unglaublich gute Mannschaft." Gut möglich, dass der verlustpunktfreie Spitzenreiter der Bundesliga nach den Jahren ohne Titel in diesem Jahr - in allen Wettbewerben - voll angreift.

msc

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