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Umstrittener Prokop-Verbleib - Spieler-Rücktritte drohen

Personalentscheidung spaltet die Handball-Szene

Umstrittener Prokop-Verbleib - Spieler-Rücktritte drohen

Zum Triumph verdammt: DHB-Coach Christian Prokop steht im Fokus.

Zum Triumph verdammt: DHB-Coach Christian Prokop steht im Fokus. imago

Christian Prokop bleibt - die Unruhe auch: Die zweite Chance für den umstrittenen Handball-Bundestrainer vergrößert nicht nur in der Bundesliga die Sorge vor einer Rücktrittswelle aus dem Nationalteam. "Wenn jetzt drei, vier, fünf Spieler sagen würden, dass sie nicht mehr mitmachen, hätten wir eine andere Situation", sagte Liga-Geschäftsführer Frank Bohmann am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Das überraschende Festhalten des Deutschen Handballbundes (DHB) am 39-jährigen Prokop spaltet Liga und Mannschaft.

Nationalspieler Steffen Weinhold appellierte mit Blick auf die wichtige Heim-WM 2019 daher an seine Mannschaftskollegen. "Alle müssen jetzt einen Schritt aufeinander zugehen", forderte der 31-Jährige in den "Kieler Nachrichten" (Dienstag). "Wenn drei, vier, fünf Spieler wegbrechen, fehlt es uns an Qualität." Knapp elf Monate vor Beginn der richtungsweisenden WM hat sich die Situation mit der unerwarteten Entscheidung des DHB alles andere als beruhigt. Stattdessen denken einige Akteure nach wie vor über einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft nach. Sollte es tatsächlich dazu kommen, stünde der Verband vor einem sportlichen Desaster.

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Ich weiß von Spielern, die sich negativ geäußert haben - nicht offiziell, aber das zeigt: Es stimmt einfach hinten und vorne nicht zwischen Prokop und dem Team.

Daniel Stephan

Angesichts der angespannten Situation hält der frühere Welthandballer Daniel Stephan das Festhalten an Prokop für eine "eklatante Fehlentscheidung. Ich weiß von Spielern, die sich negativ geäußert haben - nicht offiziell, aber das zeigt: Es stimmt einfach hinten und vorne nicht zwischen Prokop und dem Team", schreibt der 44-Jährige in seiner Kolumne für Sport1. Das sieht zumindest der DHB anders. Zwar hatte sich das Präsidium am Montag nicht einstimmig und nur äußerst knapp für Prokop ausgesprochen. Größere Differenzen zwischen dem Coach und seiner Mannschaft dementierte der Verband aber. Prokop habe nach der desolaten EM in Kroatien Fehler eingeräumt und Besserung gelobt, sagte DHB-Boss Andreas Michelmann. Das überzeugte die Mehrheit des Präsidiums.

Wie einige Spieler reagieren, bleibt jedoch abzuwarten. Erstaunlich ist, dass bei der wichtigen Abstimmung am Montag in einem Flughafenhotel in Hannover zwei der insgesamt zehn Präsidiumsmitglieder gefehlt hatten. Das Votum fiel anschließend knapp für Prokop aus. Damit war auch ein Rücktritt von DHB-Vize Bob Hanning kein Thema mehr. Der 50-Jährige hatte sein Schicksal zuvor an das von Prokop geknüpft. Dann hätten die Handballer wenige Monate vor der WM vor einem personellen Neustart im sportlichen Bereich gestanden - was einige Präsidiumsmitglieder sicher auch in ihrer Entscheidungsfindung beeinflusste. Jedenfalls scheint für einige in der Verbandsspitze auch nach dem brisanten Gipfeltreffen längst nicht alles geklärt.

Schwenker sucht ein weiteres Gespräch

DHB-Präsidiumsmitglied Uwe Schwenker will in Kürze ein persönliches Telefonat mit dem Bundestrainer führen: "Es hat schon ein Gespräch gegeben, aber es bleiben noch ein paar Fragen", sagte der Bundesliga-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Schwenker hatte im Präsidium die Meinung der 18 Bundesligisten eingebracht, die mehrheitlich offenbar Zweifel an einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Bundestrainer geäußert haben. "Es gab einige, die sich für seinen Verbleib ausgesprochen haben und einige, die sich dagegen ausgesprochen haben", sagte Geschäftsführer Bohmann.

Testspiele im April als Stimmungs-Gradmesser

Dennoch soll Prokop die Nationalmannschaft nun auf die WM vorbereiten. Zum ersten Stimmungstest kommt es Anfang April in zwei Testspielen gegen Serbien in Leipzig und Dortmund. Die beiden Partien eröffnen die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft. Und auch wenn Spitzenfunktionäre wie Geschäftsführer Thorsten Storm von Rekordmeister THW Kiel nun dazu aufrufen, "geschlossen hinter dieser Entscheidung" pro Prokop zu stehen, ist der Druck auf den jungen Coach enorm. "Der Erfolg ist jetzt zwingend notwendig", betont Bohmann. Prokop wird daran gemessen werden. Auf welche Spieler er auf dieser schwierigen Mission setzen kann, wird sich spätestens Anfang April zeigen.

dpa