Handball

Super-Cup: Kiel kämpft gegen die Historie

THW fordert beim 18. Anlauf den Rivalen aus Flensburg

Super-Cup: Kiel kämpft gegen die Historie

Zogen 2013 im Super-Cup gegen die SG den Kürzeren und würden gerne Revanche nehmen: René Toft Hansen (li.) und der THW Kiel.

Zogen 2013 im Super-Cup gegen die SG den Kürzeren und würden gerne Revanche nehmen: René Toft Hansen (li.) und der THW Kiel. imago

Der erste Kieler Auftritt "nach Jicha"

Die personellen Voraussetzungen für das erste Saison-Highlight könnten für THW-Trainer Alfred Gislason günstiger sein. Neben dem Langzeitverletzten Dominik Klein (Kreuzbandriss) fällt auch Kreisläufer Patrick Wiencek, der mit einer Adduktoren-Zerrung zu kämpfen hat, definitiv aus. Hinter dem Einsatz von Weltmeister Torsten Jansen steht wegen anhaltenden Bandscheibenproblemen zumindest ein Fragezeichen.

Viel schwerer dürfte aber noch der Zeitpunkt des Abgangs von Kapitän Filip Jicha vier Tage vor dem Start der 50. Bundesliga-Saison wiegen. Wie die Kieler am Dienstag mitteilten, verlässt der Tscheche den Verein wie bereits vor Wochen angedeutet gen Barcelona . Freilich hätte der 33-Jährige dem Team wegen einer Schambeinentzündung, die ihn schon länger außer Gefecht setzt, nicht helfen können. Es ist aber der erste Kieler Auftritt, bei dem Gewissheit besteht, dass die "Seele" des THW-Spiels nicht mehr zurückkehren wird. Fix ist indes bereits der Transfer des norwegischen Torjägers Erlend Mamelund, der am Mittwoch einen Einjahresvertrag an der Förde unterschrieb und die Lücke schließen soll .

Wie die Mannschaft damit umgeht, bleibt abzuwarten. Im Vorfeld gab sich Joan Canellas kämpferisch: "Im vergangenen Jahr habe ich mit dem Super-Cup meinen ersten Titel in Deutschland geholt", erinnert der spanische Nationalspieler an den 24:18-Erfolg über die Füchse Berlin im Vorjahr: "Jetzt soll der Super-Cup der erste Titel in Deutschland sein, den ich zusammen mit meiner Mannschaft verteidige." Um das zu realisieren, werden die "Zebras" aber vor allem gegen die Historie ankämpfen müssen.

Schwache Quote: THW-Anlauf Nummer 18

Denn: Der Super-Cup ist nicht gerade die THW-Paradedisziplin. Im seit 1994 ausgetragenen Wettbewerb erreichten die Kieler 17-mal das Finale, am Mittwoch folgt Anlauf Nummer 18. Haken: Dabei gingen Klein & Co. "erst" achtmal als Sieger hervor, macht eine Gewinnquote von unter 50 Prozent. Recht ungewöhnlich für das erfolgsverwöhnte Kieler Partyvolk. Nichtsdestotrotz fordert Gislason nicht weniger als den Prestigeerfolg gegen den Rivalen: "Wir gehen da hin und möchten den Titel holen, auch wenn es nicht der wichtigste ist. Gerade wenn diese beiden Klubs aufeinandertreffen, will man immer gewinnen."

Nicht gerade dafür sprechen die schwache Vorstellung im Pokal in Essen (25:22) sowie die schwierige Personalsituation in der Zeit nach Jicha . Im Gegensatz zu den Kielern (achtfacher Titelträger) gewann die SG erst zweimal den Super-Cup. Und dennoch sprechen einige Faktoren für einen Flensburger Erfolg in Stuttgart.

In erster Linie hinterließ die Sieben von Trainer Ljubomir Vranjes nämlich im Pokal einen deutlich stärkeren Eindruck - und watschte Zweitligist Emsdetten mit 41:19 ab . Als einziges Team knackten die Flensburger in der ersten Runde dabei die 40-Tore-Marke, stellten erstmals ihren Hunger auf die neue Saison unter Beweis. "Das waren 60 konzentrierte Minuten", schien SG-Coach Vranjes zufrieden und rief direkt volle Fokussierung auf den Mittwoch aus: "Ab sofort beginnt die Vorbereitung auf Stuttgart, zumal wir immer noch etwas verbessern können."

Nun muss es uns nur noch gelingen, diese Substanz zu nutzen.

SG-Coach Ljubomir Vranjes über seine vier Neuen

Speziell die Neuzugänge Rasmus Lauge, Kentin Mahé, Petar Djordjic und Henrik Toft Hansen machen dem 41-Jährigen bislang Freude. "Wir haben Substanz gewonnen. Nun muss es uns nur noch gelingen, diese Substanz zu nutzen", weiß Vranjes. Geht es speziell nach Toft Hansen, am besten schon am Mittwoch, für den der 28-Jährige Optimismus versprüht: "Ich habe ein gutes Gefühl. Bei den Pokalspielen in Emsdetten haben wir schon sehr gute Lösungen auf dem Spielfeld gefunden."

"Schon als kleine Kinder...": Bruder-Duell am Kreis

Treffen sich mal wieder auf der Platte: die dänischen Brüder René (li.) und Henrik Toft Hansen.

Treffen sich mal wieder auf der Platte: die dänischen Brüder René (li.) und Henrik Toft Hansen. imago

Für ihn wird es dabei kein Spiel wie jedes andere, schließlich wartet ein Bruder-Duell am Kreis. Auf Kieler Seite beackert Toft Hansens großer Bruder René die gegnerischen Abwehrreihen. Und der brennt auch schon auf den Familienkampf: "Die Spiele gegen meine Geschwister haben einen besonderen Reiz. Schon als kleine Kinder wollten wir beim Sport immer besser sein als der andere. Das hat sich bis heute nicht geändert."

Ändern wird sich dagegen definitiv etwas am direkten Super-Cup-Vergleich der beiden Mannschaften: In den vier Duellen ging 2000 und 2013 jeweils Flensburg als Sieger hervor, 2005 und 2012 der THW. Das nötige Selbstvertrauen für Streich Nummer drei hat die SG bereits getankt: "Wir versuchen unser Bestes und glauben an unsere Chance", so Linksaußen Hampus Wanne. Geht es bis ins Siebenmeterwerfen, käme ihm wohl eine besondere Rolle zu. Sowohl im Champions-League-Halbfinale 2014 gegen Barcelona als auch im DHB-Pokal-Finale 2015 gegen den SC Magdeburg trat der erst 21-Jährige jeweils zum entscheidenden Versuch vom Punkt an - und zeigte keine Nerven.

Für SG-Coach Vranjes geht mit dem Super-Cup der Ernst des Lebens erst wieder so richtig los. Dabei spielt ihm die kluge Flensburger Transferpolitik nicht zwangsläufig in die Karten: "Richtig ist, dass wir uns tatsächlich so verstärkt haben, dass das auf mich den Druck erhöht." Die 3,1 Kilogramm, die die Trophäe wiegt, würden ihm in jedem Fall das Leben vorerst erleichtern.

msc

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